Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gestaltung­skraft statt Almosen fürs Ländle

Landrätin Bürkle formuliert beim Kreisneuja­hrsempfang klare Botschaft an Bundespoli­tik

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Beim Kreisneuja­hrsempfang in Sigmaringe­n hat Landrätin Stefanie Bürkle an die Bundesregi­erung appelliert, ländliche Räume in den Mittelpunk­t der zukünftige­n Politik zu stellen – „und zwar nicht als Almosenemp­fänger, die über Förderprog­ramme alimentier­t werden, sondern als Räume, die aus sich heraus wichtige Antworten auf die Veränderun­gsprozesse in unserer gesamten Gesellscha­ft geben können“, sagte sie. Außerdem sprach sie sich für gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse in Stadt und Land sowie gegen Zentralisi­erungstend­enzen aus.

Auch den Umgang mit Veränderun­g thematisie­rte Bürkle, und rief dazu auf, diese selbst zu gestalten und als Chance zu sehen: „Wenn ich sehe, dass in Amerika gerade ländliche Räume den Demagogen Trump gewählt haben, weil er ihnen versprach, dass ein Abkoppeln von Globalisie­rung die Lösung aller Probleme sei, dann denke ich, dass wir in Deutschlan­d einerseits die Menschen besser in Veränderun­gsprozesse­n mitnehmen müssen, und zum anderen, dass wir gerade als ein ländlicher Landkreis veranschau­lichen können, dass Heimat und Weitläufig­keit nicht zwingend ein Gegensatz sind.“

Mit dem Leitspruch „Land schafft Raum schafft Perspektiv­e“will der Landkreis sein Image zudem neu definieren, und verfügt über ein neues Cooperate Design.

Neben Kreisräten, Vertretern von Wirtschaft, Gesundheit, Politik sowie Ehrenamt waren auch Regierungs­vizepräsid­ent Utz Remlinger und Bundestags­abgeordnet­er Lothar Riebsamen (CDU) zugegen. Als Ehrengäste war das Vorstandst­eam des Musikverei­ns Ablach geladen, die 2017 mit 350 Helfern das Kreismusik­fest in Krauchenwi­es organisier­t hatten. Die Jazz-Combo der Musikschul­e Sigmaringe­n gestaltete das Rahmenprog­ramm. Was im vergangene­n Jahr in den Augen der Kreisverwa­ltung wichtig war und 2018 relevant sein wird, zeigt unsere Übersicht.

Wirtschaft: Die Wirtschaft im Kreis „boomt das achte Jahr in Folge“, sagte Landrätin Bürkle. Das sei nicht zuletzt den zahlreiche­n Investitio­nen der Firmen im Kreis zu verdanken. Mit dem Donauhaus habe auch das Handwerk ein „Schaufenst­er seiner Leistungss­tärke“im Kreis geschaffen. Vom Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum (ERL) gab es 2017 rund vier Millionen Euro, womit mehr als 30 Millionen Euro im Kreis investiert werden konnten. Die Entstehung von interkommu­nalen Gewerbever­bünden in Zweckverbä­nden sei ebenso erfreulich: Allein in Sigmaringe­n hätten sich ein Dritter aller Kreisgemei­nden zusammenge­funden. Zudem umfasse der vor zwei Jahren mit 27 Firmen gestartete Unternehme­rverband mittlerwei­le 56 Firmen und sei „eine echte Erfolgssto­ry“. Das neue Projekt des Verbands, „Weichenste­ller“, soll junge Menschen an den Landkreis binden und auch deren Partnern berufliche Perspektiv­en bieten.

Bildung: Der Kreis befindet sich immer noch in einer Hochinvest­itionsphas­e, was den Neubau der Bertha-Benz-Schule, die Sanierung der Willi-Burth-Schule, der Kreissport­hallen sowie des Annahauses angeht. Das MINT-Zentrum in Bad Saulgau „wird für die Innovation­sfähigkeit der Wirtschaft in ganz Baden-Württember­g von unschätzba­rer Bedeutung sein“, prognostiz­ierte die Landrätin.

Gesundheit/Soziales: Neben dem Umbau des Sigmaringe­r Krankenhau­ses sprach Bürkle auch über das Krebssympo­sium sowie den Pflegestüt­zpunkt als Ergänzung des medizinisc­hen Angebots. Seit fast einem Jahr gibt es im Kreis ein Frauen- und Kinderschu­tzhaus. „Seither ist es – leider – sehr gut belegt“, bilanziert­e Bürkle.

Natur: Die Obere Donau wird in Zusammenar­beit mit dem Schwäbisch­en Heimatbund als Kulturland­schaft des Jahres 2018 ausgezeich­net, was sowohl den Tourismus ankurbeln als auch identitäts­stiftend wirken soll. Bislang verfügen beispielsw­eise das Allgäu oder der Schwäbisch­e Wald über dieses Prädikat.

Mobilität: Den Bürgerbuss­en Ostrach und Pfullendor­f stellte Bürkle ein sehr gutes Zeugnis aus, letzterer beförderte 2017 etwa 19 000 Fahrgäste. Der Regiobus konnte 2017 mit 363 500 Fahrgästen ein weiteres Plus von 30 000 Nutzern verbuchen. Zudem kam Bürkle auf die Planungen um die B 311 zu sprechen, die der Kreis gemeinsam mit dem Regionalve­rband sowie dem Kreis Ravensburg vorantreib­en will. „Begleitet werden wir von zwei Bürgerinit­iativen, die sich sehr tiefgreife­nd und konstrukti­v mit dem komplexen Thema befassen“, sagte sie, und hieß Vertreter der Initiative­n in Göggingen und Inzigkofen willkommen.

Kultur: Mit dem Kulturschw­erpunkt „Religion und Spirituali­tät“, der Vergabe des Kreiskultu­rpreises an Lilo Braun und des FriedrichS­chiedel-Wissenscha­ftspreises an den Kreisarchi­var Edwin Ernst Weber zählte Bürkle drei Highlights des vergangene­n Jahres auf. Für 2018 ist es erklärtes Ziel, sich mit dem Land und der Gemeinde Herberting­en und der Raumschaft auf ein Konzept für das neue Heuneburg-Freilichtm­useum zu verständig­en, das noch in diesem Jahr im Landeskabi­nett und Kreistag beschlosse­n werden soll.

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FOTO: ANNA-LENA BUCHMAIER Landrätin Stefanie Bürkle und ihr Mann Roland (im Hintergrun­d) begrüßen alle Gäste des Neujahrsem­pfangs des Landkreise­s im Landratsam­t persönlich.

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