Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Lehrer müssen „nur mal kurz“zur Therapie

Kabarett im Kreisgymna­sium mit Ulrich Munz und Martin Ruppenthal

- Von Mechtild Kniele

RIEDLINGEN - Wenn „Die Lehrer“in Riedlingen auftreten, ist ein volles Haus garantiert und über 350 interessie­rte Besucher waren gekommen, um das Lehrerdase­in im augenzwink­ernden Blickwinke­l von Ulrich Munz und Martin Ruppenthal zu sehen – alle beide im wirklichen Leben tatsächlic­h Lehrer. In ihrem neuen Programm „Brennst du noch oder zündelst du schon?“war der Schauplatz nicht die Schule, sondern eine private Klinik, in der sich Lehrer mit „Burnout-Symptomen“zur Therapie eingefunde­n hatten.

So kamen die Kollegen, die Eltern oder nervige Schüler wie der Torben nur in Erzählunge­n vor, wenn Therapiest­unden, Anamnesege­präche oder zufällige Begegnunge­n von Patienten auf der Bühne nachgezeic­hnet wurden. Mit einer minimalen Bühnenauss­tattung, deren Hauptbesta­ndteil mehrere Schulstühl­e, Musikinstr­umente und eine Garderobe sind, schaffen es die „Die Lehrer“, Szenen eines Klinikallt­ags entstehen zu lassen und dabei immer wieder das Publikum einzubezie­hen.

Willkommen geheißen wurden mit ausgebreit­eten Armen alle Anwesenden im Saal, in weißen Kitteln mimten Munz und Ruppenthal Ärzte. In mehr oder weniger elegante Bademäntel gekleidet waren sie als Patienten. In über zwei Stunden haben sie viel über das „schicksalh­afte“Dasein eines Lehrers preisgegeb­en und dabei mit viel Humor sich selbst und ihren ganzen Berufsstan­d auf die Schippe genommen. Sie haben Schluckauf bekommen, wenn sie den Namen eines Schülers – Torben – gehört haben und dabei haben zunächst Anti-Stress-Bälle versagt. Ein wenig „effektiver“war eine Musikthera­pie, wobei Pianist Simon Föhr kräftig unterstütz­te und die angeschlag­enen Patienten mit allerhand Klang- und Rhythmusin­strumenten versorgt hat. Dann traten die geheimsten Wünsche von Lehrern zutage: „Schüler, die einen vergöttern“, „Eltern, die dankbar sind“und auch „Ferien außerhalb der Ferienzeit“. Deutlich wurde ebenfalls die Motivation, Lehrer zu werden.

Wie profession­ell deformiert ein Lehrer ist, zeigte Ulrich Munz als Deutschleh­rer im Therapiege­spräch, als er über seine Ehe erzählen sollte: „Erziehung ja, Beziehung nein“, habe man schon im Seminar gelernt und seine Frau wolle ständig schwätzen. In einem weiteren Lehrer-Arzt-Dialog haben sich die Rollen umgedreht: Ein Lehrer ist gewohnt, Fragen selbst zu stellen, und er hat die erwarteten Antworten vorweggeno­mmen. Wie belastet Lehrer sein können, zeigten sie, dass man nach einer Pause behängt mit bunten Notizzette­ln zurückkomm­t, weil sie unzählige Male mit drei Worten (der schlimmste Euphemismu­s überhaupt) angesproch­en werden: „Nur mal kurz!“Dahinter stecken dann Aufforderu­ngen, Bitten, Erinnerung­en oder auch Beschwerde­n.

Sprachlich­e Spitzfindi­gkeiten

Deutlich gestiegen ist der musikalisc­he Anteil des Auftritts: Simon Föhr ist ein großartige­r Musiker, und so werden immer wieder passende Songs eingestreu­t. Für den scheidende­n stellvertr­etenden Schulleite­r Anton Hepp haben „Die Lehrer“das Lied „Wenn ich einmal nicht mehr Lehrer bin“gesungen, das ein versöhnlic­hes Ende hat: „Denn dann kann ich wieder können, weil ich nicht mehr müssen muss“. Amüsant sind die sprachlich­en Spitzfindi­gkeiten und die vielen Wortspiele, die den Deutschleh­rer echauffier­en und auch ein Teil des Burnouts auslösen.

Erst in der Zugabe werden die „Klinikpati­enten“immer fröhlicher und hüpfen auf der Bühne. Ein schöner und genussvoll­er Abend, Munz und Ruppenthal bringen viele Befindlich­keiten auf den Punkt. Jeder mag sie und ihre sprachlich exzellent vorgetrage­ne Art von Humor und von kleinen Begegnunge­n.

 ?? FOTO: MECHTILD KNIELE ?? „Nur mal kurz“werden Ulrich Munz (links) und Martin Ruppenthal angesproch­en, als sie eigentlich eine verdiente Pause genießen wollen.
FOTO: MECHTILD KNIELE „Nur mal kurz“werden Ulrich Munz (links) und Martin Ruppenthal angesproch­en, als sie eigentlich eine verdiente Pause genießen wollen.

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