Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Vermisstenmeldungen auf Facebook nehmen zu
Polizei fürchtet um den Datenschutz, sieht bei sozialen Medien aber auch positive Aspekte
BIBERACH - Immer häufiger sieht man in den sozialen Medien Vermisstenoder Suchmeldungen von Personen, die verschwunden sind. Meist kommen diese Menschen gar nicht aus der Region, aber hat man einmal eine solche Meldung auf Facebook veröffentlicht, nimmt die Mühle ihren Lauf und der Beitrag wird einmal quer durch Deutschland geteilt. Auch die Polizei beobachtet das Phänomen.
„Wir betrachten dies mit gemischten Gefühlen“, sagt Polizeisprecher Uwe Krause. Einerseits habe die Polizei durch das flächendeckende Verbreiten der Vermisstenmeldungen schon einige Erfolge erzielen können, andererseits gebe es auch eine Vielzahl an Falschmeldungen.
Datenschutz oft nicht eingehalten
Das sei auch das größte Problem daran: „Viele Nutzer teilen solche Warnoder Suchmeldungen in den sozialen Medien völlig unreflektiert“, sagt Krause. Der Wahrheitsgehalt werde nur selten überprüft oder infrage gestellt, egal wer die Meldungen in Umlauf bringe. Das sei ein Grund, weshalb so viele Falschmeldungen im Umlauf sind, so der Polizeisprecher. Problematisch werde es, wenn der Datenschutz nicht eingehalten werde und beispielsweise der Name, das Alter oder der Wohnort in einer solchen Meldung genannt werden. „Ein angeblich vermisster Jugendlicher kann damit noch Jahre später, zum Beispiel bei einem Bewerbungsgespräch, konfrontiert werden“, sagt Uwe Krause.
Sobald die Polizei falsche Vermisstenmeldungen bemerke oder auf solche hingewiesen werde, versuche man entsprechend mit Richtigstellungen entgegenzuwirken. Viele dieser Meldungen würden aber in Gruppen veröffentlicht, in denen die Polizei selbst nicht aktiv sei. Daher sei es besonders wichtig, Warnmeldungen, Fahndungen, Vermisstenfälle oder bei ähnlichen Ereignissen nur behördlichen Meldungen zu glauben. „Die Polizei ist hierfür in den sozialen Medien präsent“, sagt Krause. Eine Recherche im Internet kann ebenfalls aufschlussreich sein, um mögliche Falschmeldungen zu entlarven. Es gebe inzwischen sogar einige Internetseiten, die seit Jahren erfolgreich sogenannte Fake News oder Falschmeldungen aufdecken. Ein Beispiel sei die Hoax-Info-Seite der Technischen Universität in Berlin, so Krause.
Wenn man selbst bemerkt, dass eine Meldung auf Facebook und Co. kursiert, die nicht der Wahrheit entspricht, empfiehlt die Polizei, den Verbreiter darauf aufmerksam zu machen und ihm mitzuteilen, welche Folgen dieses Handeln haben kann. Außerdem sollte man ihn bitten, den Beitrag zu löschen. Wenn eine strafbare Handlung vorliegt, sollte man die Polizei darüber verständigen.
Fällt einem das Verschwinden einer Person auf, ist eine Vermisstenmeldung in sozialen Netzwerken keinesfalls der richtige Weg. „Sprechen Sie zuerst mit Angehörigen, Betreuern oder Lehrern“, empfiehlt der Polizeisprecher. Die Polizei entscheidet dann in enger Absprache mit den Angehörigen das weitere Vorgehen. Je nach Fall werden außerdem die entsprechenden Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. In Einzelfällen sei auch eine Fahndung in der Öffentlichkeit, also über soziale Netzwerke, möglich. „Diese ist aber ein gravierender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte“, sagt Krause.
Polizei nutzt große Reichweite
Dennoch nutzt auch die Polizei verstärkter soziale Netzwerke, um Personen zu finden oder andere Straftaten aufzuklären. Die Reichweite sei sehr groß und Fakten würden in kürzester Zeit verbreitet. Dennoch sei auch das Presseportal und der Kontakt mit den Medien im Alltag gleich wichtig.