Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tierische Kunstgeschichte
Da sitzt doch tatsächlich ein ganz gewöhnlicher Straßenköter und verrichtet sein Geschäft. Warum um alles in der Welt hat Rembrandt das Tier der Szene hinzugefügt, auf der er den barmherzigen Samariter aus der Bibel zeigt? „Kackende Hunde findet man öfters in der Kunst des 17. Jahrhunderts“, erklärt Kunsthistoriker Heinrich Schulze Altcappenberg – als Allegorie der Gleichgültigkeit. Egal was geschieht, der Hund kümmert sich nicht darum und geht seinem Bedürfnis nach.
Rembrandts Bild ist eines von 40, die Jan Philipp Reemtsma in seinem Büchlein „Einige Hunde“genauer unter die Lupe nimmt. Keineswegs, wie es der Titel nahelegen könnte, eine Charakterbeschreibung unterschiedlicher Hunderassen, vielmehr eine rein subjektive Auswahl von Werken aus der Kunstgeschichte, auf die der Hamburger Publizist und Mäzen in seiner Bibliothek gestoßen ist. Auf allen sind Hunde zu sehen. Von Tizians „Ruhender Venus“mit Schoßhündchen über Gustave Courbets „Portrait De L’Artiste , dit Courbet Au Chien Noir“bis zu Lucian Freuds „Portrait Of The Hound“. Hier frönt einer seinem vierbeinigen Laster.
Doch kaum zu glauben, dass Reemstma selbst Hunde hatte – einem mit Namen Franz ist das Büchlein sogar gewidmet. Lesen sich die Betrachtungen doch derart akademisch, dass man schnell die Lust an ihnen verliert. Endlosen Bildbeschreibungen stehen kulturhistorische Verweise gegenüber. Da ist zu lesen, dass der Hund ein „Zwittergänger“sei zwischen „Naturwesen und der Möglichkeit, ein klein wenig mehr zu sein“. Oder, dass der Hund, der zwischen Adam und Eva auf dem Meisterblatt „Sündenfall“von Hendrick Goltzius lauere, für den Trieb stehe.
Alles gut und schön. Aber hätte sich das nicht auch ein bisschen launiger aufschreiben lassen? Auf jeden Fall nicht so leblos? Einziger Lichtblick sind die Reproduktionen aus der Kunstgeschichte.
Jan Philipp Reemtsma: Einige Hunde, Insel-Bücherei Nr. 1432, 120 Seiten, 14 Euro.