Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Raue Rückkehr in die Heimat
Leverkusens Trainer Heiko Herrlich kritisiert nach dem 0:0 Freiburgs Aggressivität
FREIBURG - Der Kuckucksruf gehört im Schwarzwaldstadion zum Ritual. Zehn Minuten vor Spielende signalisiert die Stadionregie damit die Restspielzeit. Als am Samstag der Schrei des Vogels ertönte, waren sich die meisten Beobachter bereits sicher, ein Novum zu erleben: das erste Leverkusener Spiel in dieser Saison ohne Torerfolg. Bayer hatte sich von Freiburg den Schneid abkaufen lassen. Und doch war Trainer Heiko Herrlich zufrieden mit dem 0:0: „Wir müssen uns dafür nicht schämen. Wir sind glücklich, dass wir einen Punkt geholt haben. In der Vergangenheit haben sich die Mannschaften hier sehr schwer getan. Das wird auch in Zukunft so sein.“
In Kollnau aufgewachsen, war Herrlich als Schüler die 16 Kilometer nach Freiburg ins Stadion oft mit dem Rad gefahren. Als Jugendlicher spielte er für den SC – sein Sprungbrett für eine Profikarriere: Mit 17 gab Herrlich 1989 sein Bundesligadebüt für Leverkusen. „Ich komme immer gerne hierher. Das ist etwas Besonderes.“Und doch war das Wiedersehen mit der Heimat getrübt. „Manchmal war es einen Tick zu körperbetont“, kritisierte Herrlich das Freiburger Zweikampfverhalten mit 20 Fouls und reichlich gelben Karten: sieben auf einen Streich. „Wenn ich die Foul-Statistik und die Karten sehe, bin ich froh, mit gesunden Spielern nach Hause zu fahren. Freiburg war sehr aggressiv, aber es war immer unter der Grenze, nicht darüber“, meinte Herrlich.
Streich mit Serie unzufrieden
SC-Trainer Christian Streich sah seine Elf von Schiedsrichter Robert Kampka in die falsche Ecke gestellt: „Wir sind eine total faire Mannschaft. In den drei Spielen davor gab es keine einzige gelbe Karte gegen uns. Natürlich sind wir gegen Leverkusen ein, zweimal zu spät gekommen. Der Schiedsrichter hat sehr früh das erste Mal Gelb gezogen und sich damit unter Druck gesetzt.“Den größten Wirbel gab es nach einem Foul von Tim Kleindienst an Wendell (45.). Streich war aufgebracht, weil Leverkusen Rot gefordert hatte. „Wir haben uns alle ein bisschen aufgeregt und dann alle wieder schnell beruhigt“, beschwichtigte Herrlich nach den 90 Minuten.
Gespielt wurde auch – und das nicht schlecht. Viele der jungen Freiburger Spieler haben sich stark weiterentwickelt und beweisen taktische Flexibilität. Nach der 5-2-3Grundordnung in Dortmund setzte Streich gegen Leverkusen auf eine Viererkette, „weil wir eine offensivere Grundausrichtung wollten“. Diese Rechnung ging auf: Zwar hatte Leverkusen Pech beim Kopfball von Lucas Alario an den Pfosten (8.), aber insgesamt besaß Freiburg ein Chancenplus (Petersen, Kleindienst). Trotz des neunten ungeschlagenen Spiels in Folge ist Streich skeptisch: „Ich hätte lieber keine Serie und stattdessen fünf Punkte mehr. Wenn wir am Ende im Mai in der Liga bleiben, hätten wir eine außergewöhnliche Saison erlebt.“
Gewöhnlich sind da Heimsiege gegen unmittelbare Konkurrenten hilfreich. In zwei der drei nächsten Heimspiele geht es gegen Abstiegskandidaten. Nach Bremen kommt, unterbrochen vom Gastspiel der Bayern, Stuttgart zum Derby nach Freiburg. Noch lauter als der Kuckuck wird dann gewiss das Badner Lied zu hören sein.