Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Bericht über Giftgas in Syrien
Regierungstruppen setzen Offensive gegen Rebellen fort
ISTANBUL (dpa) - Rettungshelfer und Aktivsten werfen Syriens Regierung erneut den Einsatz von Giftgas vor. Die Rettungsorganisation Weißhelme berichtete am Montag, in der von Rebellen kontrollierten Stadt Sarakib im Nordwesten des Bürgerkriegslandes seien mindestens zwölf Menschen verletzt worden, als sie Chlorgas eingeatmet hätten.
Ein Hubschrauber habe in Sarakib in der Provinz Idlib eine Bombe mit Chlorgas abgeworfen, erklärten die Weißhelme. Ein Krankenhelfer mit dem Namen Nadschar berichtete, Opfer mit Atemproblemen seien behandelt worden. Die Bombe sei nicht explodiert, ein Teil des Chlorgases sei jedoch ausgeströmt. Eine unabhängige Bestätigung für die Angaben gab es nicht. In New York wollte sich der UN-Sicherheitsrat am Montag mit dem Einsatz von Chemiewaffen in Syrien befassen.
Syrien war nach einem Giftgasangriff 2013 unter starkem internationalen Druck der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) beigetreten und hatte der Vernichtung seiner Chemiewaffen zugestimmt. Bis jetzt ist unklar, ob das Land tatsächlich alle Bestände zerstören ließ. Chlorgas fällt nicht unter das Verbot, da es auch für zivile Zwecke eingesetzt werden kann.
Dutzende Zivilisten getötet
Zugleich sollen Dutzende Zivilisten bei einer Serie von Luftangriffen auf Rebellengebiete ums Leben gekommen sein. Allein in der von Rebellen gehaltenen Region Ost-Guta östlich der Hauptstadt Damaskus seien mindestens 28 Zivilisten getötet worden, darunter zehn Kinder, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Mehr als 70 Menschen seien verletzt worden.
Nach UN-Schätzungen sind in dem von Rebellen gehaltenen Gebiet rund 400 000 Menschen von der Regierung eingeschlossen. Wegen der Blockade mangelt es an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. Zuletzt waren die Kämpfe zwischen Regierung und Oppositionsgruppen eskaliert.
In der ebenfalls von Rebellen kontrollierten Provinz Idlib im Nordwesten Syriens wurden den Menschenrechtlern zufolge mindestens 16 Zivilisten bei Luftangriffen getötet. In dem Ort Maarat al-Numan trafen die Bomben demnach auch ein Krankenhaus. Den Weißhelmen zufolge ist das Hospital nach dem Angriff außer Betrieb. Regierungstruppen setzten ihre Offensive gegen die überwiegend islamistischen Rebellenmilizen fort. Russische Jets unterstützten die Angriffe.
Angesichts der Eskalation in Syrien warnten internationale Hilfsorganisationen vor einer erzwungenen Rückkehr syrischer Flüchtlinge in das Land. Gewalt und Bombardierungen in Syrien gingen weiter, heißt es in einem gemeinsamen Bericht mehrerer Hilfsorganisationen. Danach stieg die Zahl der Rückkehrer in den vergangenen beiden Jahren auf mehr als 720 000. Im selben Zeitraum hätten jedoch dreimal so viele Menschen ihre Heimat durch Kämpfe und Vertreibungen verloren.