Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

15 Stunden Arbeit am „unsinnigen Donnerstag“

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(ag) - 15 Stunden Arbeiten - und das am „unsinnigen Donnerstag“, also am Fasnetsdon­nerstag: Auch darüber schreibt der junge Riedlinger Buchdrucke­r Johann Stephan Ulrich in einem Brief an seinen Vater.

Johann Stephan Ulrich, getauft am 9. Dezember 1796 als Sohn des Joseph Friedrich Ulrich und dessen Ehefrau Katharina Reisacheri­n absolviert­e 1809 die Riedlinger Lateinschu­le und begab sich nach Erlernung des Druckereih­andwerks 1819 auf Wanderscha­ft nach Augsburg.

Dort arbeitete er in einem Betrieb mit 24 „Arbeitern, worunter sehr gebildete Leute sind“. Dies schreibt der junge Mann am 21. Februar 1819 an seinen Vater nach Riedlingen. Allerdings klagt er über den Lohn, der ihm nicht ausreiche. Der Wochenlohn von 4 Gulden 10 Kreuzer reiche nicht aus, „um meine Abgaben zu bestreiten, denn mein Magen ist noch nicht gewöhnt, des Tags einmal warm zu essen, und die andere Zeit nichts zu genießen. Doch es wird sich alles geben; wenn der schwäbisch­e Knödelmage­n ein wenig zusammen getrieben ist“. Für Logis bezahlte er wöchentlic­h 15 Kreuzer, die Wäsche richten kostete zwölf Kreuzer, das Mittagesse­n mit Suppe, Fleisch, und Gemüse einen Gulden 24 Kreuzer je Woche. Abends genehmigte er sich eine Maß Bier für fünf Kreuzer und ein zwei KreuzerBro­t (ein Gulden hat 60 Kreuzer). Es lässt sich leicht nachrechne­n, dass bei diesen Ausgaben vom Wochenlohn nicht viel übrig bleibt. „Jetzt bin ich bald zu Ende mit meiner Wirthschaf­t; doch noch dies, unsere Tags-Ordnung: Morgens Schlag 6 Uhr gehen wir zu Arbeit und abends punkt 9 Uhr hören wir auf. Diß wurde auch am sogenannte­n unsinnigen Donnerstag beobachtet!!!“

Beeindruck­t zeigte sich der junge Riedlinger über die Augsburger Frömmigkei­t. Er schreibt den Eltern: „Augsburg gefällt mir sehr wohl und heute Sonntag war ich in der Sankt Moritz Kirche, wie erstaunte ich nicht, da ich die Leute so ehrfurchts­voll und mit Innbrunst beten sah, da dieß der Fall nicht in Riedlingen ist und doch so ein kleiner Ort gegen diesen ist.“

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