Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zeugin verfolgt betrunkenen Autofahrer
Die Fahrt endet in einer Umlandgemeinde – 47-Jähriger muss Geldstrafe bezahlen
SIGMARINGEN - Zu insgesamt 3600 Euro Geldstrafe und einem Jahr Führerscheinentzug hat Amtsrichterin Carbotta einen 47-jährigen Mann aus einer Umlandgemeinde von Sigmaringen verurteilt. Dem Mann wurde nicht nur Trunkenheit im Verkehr, sondern auch die Bedrohung von Polizeibeamten vorgeworfen. Das Kuriose bei diesem Fall: Eine Frau hatte den Mann auf dem Lidl-Parkplatz gesehen, wie er nach ihrem Eindruck betrunken ins Auto gestiegen war, hatte die Polizei verständigt, war dem Mann dann nachgefahren und hatte seinen Wohnort an die Polizei gemeldet. Der Mann hatte gegen einen gegen ihn verhängten Strafbefehl Widerspruch eingelegt.
Der 47-Jährige ist wegen zweier Herzinfarkte seit 2013 Frührentner und war früher selbstständiger Schausteller. Das Bundeszentralregister weist fünf Einträge auf, unter anderem wegen Drogendelikten, Hehlerei und versuchter gefährlicher Körperverletzung. Zwei Haftstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.
Der Mann, dessen Verteidiger nicht erschienen war, erklärte in seinen Einlassungen zu den Vorwürfen, diese seien erfunden und erlogen. Auch habe ein Polizist ihn bedroht und so grob behandelt, dass er sich das Knie aufgeschlagen hätte. Er habe beim Lidl für vier Personen zwar eine Flasche Wodka spendiert, selbst aber davon nicht getrunken. Sein Bekannter, ein stadtbekannter Trinker, habe einen großen Schluck aus der Flasche genommen und sei dann umgekippt, weil er schon den ganzen Tag getrunken habe.
Daher habe er sich genötigt gesehen, seinen Bekannten ins Auto zu laden und zu sich nach Hause zu fahren. Eigentlich hatte man den Geburtstag des Zusammengebrochenen feiern wollen, was sich damit erledigt hatte. Aus Verärgerung über die geplatzte Feier habe er dann zu Hause in einer knappen halben Stunde 0,4 bis 0,5 Liter Amaretto getrunken. Daher rühre der später festgestellte Alkoholpegel von 1,7 Promille.
Mann in akuter Lebensgefahr
Die Verfolgung des Verdächtigen wurde, nachdem die nachgefahrene Zeugin den Zielort angegeben hatte, zunächst von einer Zivilstreife der Verkehrspolizei aufgenommen, die dann einen Streifenwagen hinzurief. Drei Beamte bestätigten übereinstimmend die diversen Vorwürfe. Sie fanden den Wagen im Hof eines größeren Anwesens abgestellt. Der Betrunkene, der vom Lidl abtransportiert wurde, war noch im Auto, und zwar mit dem Kopf im Fußraum und den Füßen auf der Rücklehne. Die Polizisten stellten fest, dass der Mann in akuter Lebensgefahr war und erst nach mehreren Versuchen begann er wieder zu röcheln und zu atmen. Ein Rettungswagen wurde gerufen.
Zwischenzeitlich hatte der 47-Jährige im zweiten Stock des Gebäudes ein Fenster geöffnet und verfolgte die Vorgänge im Hof. „Dazu gab er unflätige Kommentare ab, wie man ihn kennt“, sagte ein Polizist. Der Mann habe einen betrunkenen Eindruck gemacht. Nachdem der Mann in den Hof gekommen war, stritt er alle Vorwürfe ab, wehrte sich gegen eine Überprüfung seines Tascheninhalts und wollte einem Beamten die Autoschlüssel abnehmen. In der Folge kam es zu einem Gerangel und Provokationen seitens des Angeklagten, sodass ihm Handschellen angelegt wurden. Da er einen AlkomatTest verweigerte, wurde er zur Blutabnahme ins Krankenhaus gebracht. Im Gipsraum, der für Blutentnahmen genutzt wird, um die Notaufnahme nicht zu stören, provozierte er die Polizisten weiterhin, sagte, ihre Gesichter werde er sich merken und deutete mit einer Geste an, er wolle einem der Beamten die Kehle durchschneiden.
Betrunkener wird kopfüber in das Auto geladen
Die Zeugin, die den Wagen verfolgt hatte, wollte sich nicht festlegen, äußerte aber den Eindruck, dass der Verdächtige schon auf dem Lidlparkplatz wie auch seine Begleiter betrunken waren. Bei der Verfolgung hätte sie den Eindruck gehabt, dass der Mann Schlangenlinien fuhr, sodass aus dem Gegenverkehr eine Lichthupe gegeben wurde. Sie habe den Vorfall vor allem gemeldet, weil sie gesehen habe, dass der Betrunkene kopfüber in den Wagen geladen wurde und daher habe sie befürchtet, dass hier etwas Schlimmes passieren könnte.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah durch die Zeugenaussagen ihre Anklage als bestätigt an. Ein maßgeblicher Punkt war die Tatsache, dass der vorgegebene „Nachtrunk“(nach der angeklagten Tat) dadurch entkräftet wurde, dass eine zweite Blutentnahme eine halbe Stunde nach der ersten einen Wert von 1,51 Promille ergab. Das lässt den Schluss zu, dass der Mann schon früher als angegeben getrunken haben musste, weil er sich bereits in der Abbauphase befand. Hätte der Mann, wie behauptet, erst zu Hause mit dem Trinken angefangen, wäre er noch in der Aufbauphase gewesen, das heißt, der Promillewert hätte zunehmen müssen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft forderte daher eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Euro für die Trunkenheitsfahrt und 90 Tagessätzen zu 30 Euro für die Bedrohung der Beamten, zusammengezogen zu 120 Tagessätzen. Beim Entzug des Führerscheins forderte sie unter Anrechnung der bereits abgelaufenen Zeit seit 2016 weitere vier Monate.
Richterin Carbotta folgte im Strafmaß der Staatsanwaltschaft. Lediglich beim Führerscheinentzug reduzierte sie die Zeit auf drei Monate. Der Angeklagte verzichtete auf die Einlegung von Rechtsmitteln, sodass das Urteil rechtskräftig ist.