Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Streit um Segnung homosexueller Paare
INGOLSTADT (sz) - Offizielles Thema bei der Deutschen Bischofskonferenz war die Freigabe von Segnungen für homosexuelle Paare nicht. Dennoch diskutierten die katholischen Würdenträger in Ingolstadt auch über das derzeit öffentlich heiß umstrittene Thema – mit unterschiedlichen Sichtweisen.
Können homosexuell lebende Paare sich kirchlich segnen lassen? Zwar steht das Thema gar nicht auf der Tagesordnung der katholischen Bischöfe, die noch bis heute in Ingolstadt tagen. Doch spüren die Oberhirten auf ihrer Frühjahresvollversammlung, dass sie auf den Wunsch nach Gottes Zuspruch bald eine Antwort finden sollten – Tagesordnung hin oder her. Bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Partner steht die Debatte im deutschen Episkopat am Anfang.
Die Forderung nach mehr kirchlicher Wertschätzung für Homosexuelle wird immer lauter. Jugendverbände machen sich stark: Ein erster Schritt sei die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, sagte die Diözesanvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Dorethee Oehmen, am Mittwoch in Freiburg. Eine entsprechende Bitte zurückzuweisen, sei ein „fatales Signal“und für die Betroffenen eine „tiefe persönliche Kränkung“.
Damit reagiert der BDKJ auf die baden-württembergischen katholischen Bischöfe Gebhard Fürst und Stephan Burger. Sie hatten sich am Montag, kurz vor Beginn der Vollversammlung gegen öffentliche Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen und damit ein deutliches Zeichen gesetzt. Fürst begründet: „Segnungsgottesdiensten im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften kann ich auch deshalb nicht zustimmen, weil solche Feiern einen quasi-sakramentalen Eindruck erwecken würden.“Das Sakrament aber sei der Ehe mit ihrer natürlichen Offenheit für Kinder vorbehalten.
Außerhalb jeder Diskussion steht die seelsorgerliche Begleitung für homosexuelle Paare: „Immer und in allen Fällen möglich“, betonen die Bischöfe. Gebhard Fürst stellt klar: „Eingetragene Partnerschaften tolerieren wir voll und ganz. Sie dürfen nicht diskriminiert werden.“
Die Debatte hat durch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare durch den Bundestag im vergangenen Jahr an Fahrt gewonnen. Bei vielen Gläubigen wächst nach Einschätzung des Moraltheologen Stephan Goertz von der Universität Mainz allmählich die Akzeptanz für homosexuelle Partnerschaften. Vielen sei deutlich geworden, dass die Idee der Nichtdiskriminierung von sexuellen Minderheiten einen hohen Wert besitze.
Unter den deutschen Katholiken hatte ausgerechnet der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, diese Gedanken aufgegriffen und eine innerkirchliche Debatte gefordert. Bode betont, Schweigen helfe nicht und begründete eine überraschende Koalition: Denn die Reformbewegung „Wir sind Kirche“und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZDK) sprachen sich wiederholt für eine kirchliche Segnung homosexueller Paare aus.
Marx muss Richtung vorgeben
Die undankbare Aufgabe, die unterschiedlichen Auffassungen seiner bischöflichen Mitbrüder zusammenzuführen und eine Richtung vorzugeben, obliegt dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, dem Münchner Kardinal Reinhard Marx. Erster Schritt: Eine Kommission soll Vorschläge erarbeiten. Marx will dazu ermutigen, „dass die Priester und Seelsorger den Menschen in den konkreten Situationen auch einen Zuspruch geben“. Öffentliche Segnungen lehnt er ab, stellt aber nüchtern fest: „Die Debatte ist da.“