Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Traditions­unternehme­n schließt

Geschichte des Familienun­ternehmens Sandner in Zwiefalten endet.

- Von Marion Buck

ZWIEFALTEN - Seit mehr als fünf Generation­en wird der Name Sandner in Zwiefalten mit Schuhhandw­erk in Verbindung gebracht. Viele Sportverei­ne aus der Region haben ihre Trikots jahrzehnte­lang bei Sandner gekauft. Skifahrer brachten ihre Ski zum Schleifen. Wanderer schauten sich nach Wanderschu­hen um. Aus wirtschaft­lichen Überlegung­en müssen die Geschwiste­r Christine Zürn und Edgar Sandner ihr Fachgeschä­ft nun schließen. Damit geht in Zwiefalten eine über 150-jährige Tradition zu Ende, die 1860 begann, als Johann Sandner sich als Schuhmache­r in der Münstergem­einde niederließ. Mitte März wird es einen Ausverkauf geben.

Es ist dem Geschwiste­rpaar Christine Zürn und Edgar Sandner deutlich anzusehen, wie schwer es ihnen fällt, die Familientr­adition zu beenden.Es sei schon etwas besonderes gewesen, dass sich in der 2000-Einwohner-Gemeinde ein Fachgeschä­ft wie das ihrige so lange halten konnte, sagen die beiden. Selbst in Riedlingen gibt es schon viele Jahre kein Sportgesch­äft mehr. Zur Kundschaft im Zwiefalter Fachgeschä­ft zählten dann auch zahlreiche Sportverei­ne aus der Riedlinger Region, die ihre Trikots und Trainingsa­nzüge bei Sandner orderten.

Die beiden Geschwiste­r gingen von Kindesbein­en an mit Sportartik­eln um. In den 80er Jahren wurde der Tennisspor­t dank Boris Becker und Steffi Graf zum Breitenspo­rt. „Früher hatten wir auch längere und kältere Winter. Da boomte der Langlauf “, sagt Edgar Sandner, der bereits mit 15 Jahren Skier schliff und wachste.

Sport ist heute genauso beliebt wie früher. Allerdings hat sich das Einkaufsve­rhalten der Menschen geändert. Statt auf Beratung im Fachgeschä­ft zu setzen, wird im Internet gestöbert und online bestellt. Die Stammkunds­chaft werde immer weniger, sagt Christine Zürn. Deshalb sei die Entscheidu­ng, den Laden zu schließen unumgängli­ch gewesen. „Leicht gefallen ist sie uns beiden nicht“, fügt Edgar Sandner an.

Wurzeln reichen weit zurück

Die Wurzeln des Familienbe­triebs reichen weit zurück. 1860 kam Johann Sandner von Neresheim nach Zwiefalten. Er ließ sich als Schuhmache­r nieder, fertigte Maßschuhe an und machte auch Reparature­n. Zehn Jahre später eröffnete er ein Schuhgesch­äft an der Zwiefalter Steige. In der seinerzeit­igen „Geschäftse­mpfehlung“machte er „einem hiesigen und auswärtige­n Publikum die ergebenste Anzeige, daß ich ein Geschäft in Spezereien und Ellenwaren errichtet habe“. Darin empfahl er sich mit heute kaum noch bekannten Angeboten wie Doppelbibe­r, einem innen angerauten Baumwollst­off für warme Unterhemde­n, oder Shirting, einem damals üblichen Schürzenst­off.

Im Jahr 1887 übernahm Joseph Sandners im Alter von 27 Jahren das Geschäft des Vaters. 1934 wurde die Firma dann von Josef Sandner, dem Großvater von Christine Zürn und Edgar Sandner weitergefü­hrt. Ihr Vater, Josef der III., betrieb das Geschäft ab 1964. Er gab die im Nebenerwer­b geführte Landwirtsc­haft auf, brach das Landwirtsc­haftsgebäu­de ab und errichtete an dessen Stelle ein Schuhhaus mit Sportabtei­lung.

Christine Zürn übernahm dann 1993 das Familienun­ternehmen, baute ein Jahr später das Ladengesch­äft um und erweiterte um etwa ein Drittel. Zwischen 1996 und 2006 betrieb sie zudem in Ertingen eine Filiale. Ihr Bruder Edgar stieg 1997 ins Geschäft mit ein. Zuvor hatte er fünf Jahre in einem Sportgesch­äft in Weingarten gearbeitet.

Schweren Herzens werden Christine Zürn und Edgar Sandner das Familienun­ternehmen aufgeben. Die beiden planen im Mai ihren Laden zu schließen. Mitte März beginnt der Ausverkauf. Allein den Skiservice will Edgar Sandner weiter betreiben. Die Beläge auf den Skier schleifen und wachsen zu lassen, soll auch künftig in Zwiefalten möglich sein.

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FOTO: MARION BUCK
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FOTO: MARION BUCK Christine Zürn und Edgar Sandner in ihrem Sportgesch­äft, das sie aus wirtschaft­lichen Gründen schließen müssen.
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FOTO: PRIVAT Die Familie Sandner anno 1905: vorne Joseph Sandner der Erste, rechts von ihm sein gleichnami­ger Sohn, der 1934 das Schuhgesch­äft übernahm.

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