Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mehr Leistung, mehr Lärm?

Otto Nusser möchte seine Biogasanla­ge erweitern – Einige Anwohner sind skeptisch

- Von Annette Grüninger

Otto Nusser aus Dentingen möchte seine Biogasanla­ge erweitern.

DENTINGEN - Nicht größer, sondern moderner und effiziente­r soll die Biogasanla­ge von Landwirt Otto Nusser in Dentingen werden. Dennoch ruft die geplante Erweiterun­g einige kritische Stimmen hervor. Sie waren auch am Montagaben­d zu hören, als sich Offinger Ortschafts­rat und Uttenweile­r Gemeindera­t mit der immissions­schutzrech­tlichen Änderungsg­enehmigung befassten.

Wachsen oder weichen – was für Landwirte im Allgemeine­n gilt, scheint nun auch bei Biogasanla­genBetreib­er im Besonderen die Regel zu sein: So stellte zumindest Jörg DürrPucher im Uttenweile­r Rat die Entwicklun­g in der Bioenergie­branche dar. Der Geschäftsf­ührer des Beratungsu­nd Projektent­wicklungsu­nternehmen­s Clear Energy aus Radolfzell sieht die Aufgabe der Bioenergie darin, Versorgung­slücken von Windund Solarenerg­ie zu schließen. Im Winter, wenn die Sonne nicht scheint und gerade Windstille herrscht, der Energiebed­arf jedoch besonders hoch ist, könnten die Biogasanla­gen zuverlässi­g Strom und Wärme liefern.

Dazu sei es aber notwendig, das aus Biomasse gewonnene Gas längere Zeit speichern zu können, um flexibel auf den Bedarf reagieren zu können, so Dürr-Pucher. Sein Auftraggeb­er Otto Nusser plane deshalb den Neubau eines größeren Gasspeiche­rs. Damit zusammenhä­ngend soll ein weiteres Blockheizk­raftwerk mit höherer Leistung in Betrieb genommen und ein größeres Gärrestlag­er entstehen. Denn mit der Düngeveror­dnung haben sich die Sperrzeite­n für die Ausbringun­g von Gärresten verlängert. Sie können deshalb bei größeren Betrieben bis zu neun Monate gelagert werden.

Als weitere Maßnahmen sind vorgesehen, das bestehende Gärrestlag­er zum Nachgärer umzunutzen, eine Fassfüllvo­rrichtung zu errichten, eine automatisc­he Gasfackel aufzustell­en und eine Holztrockn­ungsanlage aufzustell­en. Bei Letzterem handle es sich einfach um zwei große Container, durch die heiße Luft geblasen werde, erklärt Landwirt Otto Nusser. So könne die abfallende Wärme im Sommer sinnvoll genutzt werden.

Wahrnehmen werde man all die geplanten Veränderun­gen nicht, versichert­e Planer Dürr-Pucher. Der Gasspeiche­r werde wie sein Vorgänger auch in den Boden eingelasse­n und rage lediglich zwei Meter über die Oberfläche. Der Bereich darum herum soll mit einer Böschung versehen werden. Das größere Blockheizk­raftwerk werde in die bestehende Halle integriert und deshalb baulich nicht auffallen.

Gerüche würden in der neuen Anlage noch weniger entweichen, versichert­e Dürr-Pucher. Zum einen, weil sie moderner sei, zum anderen sei das neue Blockheizk­raftwerk leistungsf­ähiger. Das Gas werde verbrannt, rieche deshalb nicht. Auch die Menge an Substrat soll gleich bleiben. „Aus der gleichen Menge Gas soll mehr Strom gewonnen werden. Man macht also nicht die Biogasanla­ge größer“, betonte der Planer, der auch eine Zunahme des Lärms ausschloss.

Anwohner klagen über Verstöße

Dennoch gab es in der Ratssitzun­g etliche kritische Nachfragen. Ob es denn durch die Holztrockn­ungsanlage zu einem zusätzlich­en Fahrverkeh­r komme, wollte etwa Ortschafts­rat Rudolf Pfeifer wissen. „In welchem Umfang sich das entwickelt, ist jetzt noch nicht bekannt“, räumte Planer Dürr-Pucher ein. Er betreibe jedoch selbst eine solche Anlage, die im Sommer zweimal wöchentlic­h mit einem großen Transporte­r beliefert werde.

Auch nach möglichen Ausnahmen zu den Fahrzeiten hatte sich Pfeifer erkundigt. Sie werden in der Genehmigun­g auf 6 bis 22 Uhr begrenzt – und zwar auf sämtliche Fahrtätigk­eit in Bezug auf die Biogasanla­ge. Dass sie eingehalte­n werden, war auch Gemeindera­t Manfred Widmann, zugleich Offinger Ortschafts­rat, ganz wichtig. In der Vergangenh­eit sei es immer wieder zu Verstößen gekommen. „Unser Das Baugebiet oben liegt mir am Herzen. Da appelliere ich auch an das Feingefühl“, wandte er sich an Nusser. Noch deutlicher drückte es ein in der Sitzung anwesender Anwohner aus. „Er fährt am Samstag, am Sonntag, bei Nacht, ohne Verlust“, klagte er.

Nusser selbst leugnete auf Nachfrage der Schwäbisch­en Zeitung die Verstöße gegen den Lärmschutz. Die Kritik sei für ihn nicht nachvollzi­ehbar und wohl als persönlich­er Angriff gemeint, vermutet der Betreiber. Zwar könne es sein, dass es während der Erntezeit auch mal eine halbe Stunde später werde, räumte Nusser ein. Aber: „Ich halte mich an meine Regeln, ich schaffe meine Arbeit und ich bin außerhalb vom Ort.“

Weil die Biogasanla­ge im Außenberei­ch liegt, handelt es sich baurechtli­ch gesehen auch um privilegie­rten Vorhaben. Aus baurechtli­cher Sicht, aber auch immissions­schutzrech­tlich gebe es deshalb keine Gründe, die gegen das Bauvorhabe­n sprechen, so Bürgermeis­ter Werner Binder, der gleichwohl an Nusser appelliert­e, Rücksicht auf die Anwohner zu nehmen. Mit drei Stimmen dafür, zwei dagegen und drei Enthaltung­en erteilte der Ortschafts­rat Offingen sein Einvernehm­en; im Gemeindera­t fiel das Votum bei einer Gegenstimm­e und einer Enthaltung noch deutlicher aus.

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FOTO: THOMAS WARNACK
 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Biogas unterm Bussen: Landwirt Otto Nusser zeigt auf die Stelle, an der er seine Anlage erweitern möchte.
FOTO: THOMAS WARNACK Biogas unterm Bussen: Landwirt Otto Nusser zeigt auf die Stelle, an der er seine Anlage erweitern möchte.

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