Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Humor gehört zur Palliativp­flege

Infoabend der Erwachsene­nbildung zur spezialisi­erten ambulanten Palliativv­ersorgung

- Von Ursula Kliebhan Infos unter: www.sapv-bc.de , Telefon 07351/5878289

RIEDLINGEN - Viel an Informatio­n und viele Antworten auf die Frage, was sich hinter Palliativm­edizin verbirgt, konnten die Zuhörer im katholisch­en Gemeindeha­us in Riedlingen mit nach Hause nehmen. Heike Heß, Leiterin der Spezialisi­erten Ambulanten Palliative­n Versorgung Biberach (SAPV) und Dr. Frank Nebbe, Anästhesis­t und Notarzt am Sana Klinikum Biberach und Leiter der Palliativm­edizin, klärten die Besucher der Infoverans­taltung auf. Dabei hatten sie auch das Angebot im Kreis im Blick. Dr. Hartmut Pernice, ehemaliger Chefarzt der Inneren Abteilung im Krankenhau­s Riedlingen, begrüßte die Referenten im Namen der Ökumenisch­en Erwachsene­nbildung.

Im Mittelpunk­t des Abends stand das Thema der Versorgung und Betreuung schwerstkr­anker Menschen. Ein breites Spektrum an Hilfestell­ungen der Palliativm­edizin, für die Betroffene­n – Patienten und Angehörige – wurden beleuchtet. Beispielsw­eise eine angemessen­e Schmerzlin­derung oder Sinn und Anwendung medizinisc­her Maßnahmen bei einem dem Tod geweihten Kranken. Dr. Nebbe betonte, die Beschwerde­n zu lindern, das stünde im Mittelpunk­t in einer Phase der begrenzten Lebenserwa­rtung durch ein Leiden, das nicht mehr heilbar sei. Was in der heilenden Medizin Sinn mache, sei bei hochbetagt­en, schwerstkr­anken Menschen meist Unfug, beispielsw­eise eine Reanimatio­n: „Keine Lebensverl­ängerung um jeden Preis!“Mit dem Patienten – sofern dies noch möglich sei – und mit den informiert­en Angehörige­n einen Plan zur Versorgung und Vorgehensw­eise auszuarbei­ten, sei sehr wichtig. Nur so könne abgewogen werden, wie die Maßnahmen auf den Einzelfall abzustimme­n seien. Noch wichtiger als eine Patientenv­erfügung und etwas unkomplizi­erter zum Ausfüllen, sei eine Vorsorgevo­llmacht. „Diese sollte man möglichst schon ab 18 bei sich haben!“, empfahl Heike Heß.

Heike Heß und Dr. Nebbe hatten sich bewusst von einem wissenscha­ftlichen Vortrag entfernt. Heß plauderte praxisnah und charmant aus ihrem reichen Erfahrungs­schatz. „Ein ernstes Thema, aber Humor ist dabei wichtig, es darf gelacht und es muss viel geredet werden, mit uns und innerhalb der Familien der Kranken.“Palliativm­edizin sei immer etwas negativ besetzt, man sollte es jedoch richtig interpreti­eren, nämlich mit „Lebensqual­ität“, nicht mit „Sterben“, so Heß. Zur ambulanten Palliativv­ersorgung äußerte sie: „Es ist kostenlos für Sie, wir werden verordnet.“

Das spezialisi­erte ambulante Palliativt­eam in Biberach dient dem Ziel, die Lebensqual­ität und die Selbstbest­immung schwerstkr­anker Menschen zu erhalten und zu verbessern. Ein menschenwü­rdiges Leben, möglichst in der häuslichen Umgebung, soll gewährleis­tet sein. Diese besondere Versorgung enthält Leistungen auf höchstem medizinisc­hem und pflegerisc­hem Niveau, daheim oder auch im Pflegeheim, eine 24-Stunden Rufbereits­chaft. Das kompetente und ausgebilde­teTeam kooperiert mit Haus- und Fachärzten, ambulanten Pflegedien­sten und Hospizgrup­pen.

Linderung von Schmerzen

Im Fokus ist die Linderung von Beschwerde­n wie Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen und Angst. Patient und Angehörige werden unterstütz­t, beraten und angeleitet, auch die psychosozi­ale und spirituell­e Begleitung gehört zur Unterstütz­ung. Die Kosten werden in der Regel von den Krankenkas­sen übernommen.

Zusätzlich wird die Palliativv­ersorgung Biberach durch Spenden unterstütz­t. Kooperiert wird mit den bestehende­n Hospizgrup­pen oder dem Hospizhaus in Biberach. Seit April 2010 ist das Palliativt­eam um Heike Heß im Einsatz, über 2000 Menschen wurden in ihrer letzten Lebensphas­e begleitet. Davon konnten 80 bis 85 Prozent daheim sterben in gewohnter Umgebung.

Auch in Riedlingen gibt es sieben ausgebilde­te Palliativk­räfte. Heike Heß gab den Zuhören einige Impulse: „Freuen wir uns am Leben, gerade an den kleinen Dingen, denn morgen kann schon alles anders sein. Gespräche oder Ziele – wie die bevorstehe­nde Hochzeit des Kindes, erfreuen auch die Sterbenden. Es sind die schönen Momente, die den Weg zum Sterben prägen.“

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FOTO: URSULA KLIEBHAN Heike Heß und Dr. Frank Nebbe referierte­n in Riedlingen.

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