Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Humor gehört zur Palliativpflege
Infoabend der Erwachsenenbildung zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung
RIEDLINGEN - Viel an Information und viele Antworten auf die Frage, was sich hinter Palliativmedizin verbirgt, konnten die Zuhörer im katholischen Gemeindehaus in Riedlingen mit nach Hause nehmen. Heike Heß, Leiterin der Spezialisierten Ambulanten Palliativen Versorgung Biberach (SAPV) und Dr. Frank Nebbe, Anästhesist und Notarzt am Sana Klinikum Biberach und Leiter der Palliativmedizin, klärten die Besucher der Infoveranstaltung auf. Dabei hatten sie auch das Angebot im Kreis im Blick. Dr. Hartmut Pernice, ehemaliger Chefarzt der Inneren Abteilung im Krankenhaus Riedlingen, begrüßte die Referenten im Namen der Ökumenischen Erwachsenenbildung.
Im Mittelpunkt des Abends stand das Thema der Versorgung und Betreuung schwerstkranker Menschen. Ein breites Spektrum an Hilfestellungen der Palliativmedizin, für die Betroffenen – Patienten und Angehörige – wurden beleuchtet. Beispielsweise eine angemessene Schmerzlinderung oder Sinn und Anwendung medizinischer Maßnahmen bei einem dem Tod geweihten Kranken. Dr. Nebbe betonte, die Beschwerden zu lindern, das stünde im Mittelpunkt in einer Phase der begrenzten Lebenserwartung durch ein Leiden, das nicht mehr heilbar sei. Was in der heilenden Medizin Sinn mache, sei bei hochbetagten, schwerstkranken Menschen meist Unfug, beispielsweise eine Reanimation: „Keine Lebensverlängerung um jeden Preis!“Mit dem Patienten – sofern dies noch möglich sei – und mit den informierten Angehörigen einen Plan zur Versorgung und Vorgehensweise auszuarbeiten, sei sehr wichtig. Nur so könne abgewogen werden, wie die Maßnahmen auf den Einzelfall abzustimmen seien. Noch wichtiger als eine Patientenverfügung und etwas unkomplizierter zum Ausfüllen, sei eine Vorsorgevollmacht. „Diese sollte man möglichst schon ab 18 bei sich haben!“, empfahl Heike Heß.
Heike Heß und Dr. Nebbe hatten sich bewusst von einem wissenschaftlichen Vortrag entfernt. Heß plauderte praxisnah und charmant aus ihrem reichen Erfahrungsschatz. „Ein ernstes Thema, aber Humor ist dabei wichtig, es darf gelacht und es muss viel geredet werden, mit uns und innerhalb der Familien der Kranken.“Palliativmedizin sei immer etwas negativ besetzt, man sollte es jedoch richtig interpretieren, nämlich mit „Lebensqualität“, nicht mit „Sterben“, so Heß. Zur ambulanten Palliativversorgung äußerte sie: „Es ist kostenlos für Sie, wir werden verordnet.“
Das spezialisierte ambulante Palliativteam in Biberach dient dem Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen zu erhalten und zu verbessern. Ein menschenwürdiges Leben, möglichst in der häuslichen Umgebung, soll gewährleistet sein. Diese besondere Versorgung enthält Leistungen auf höchstem medizinischem und pflegerischem Niveau, daheim oder auch im Pflegeheim, eine 24-Stunden Rufbereitschaft. Das kompetente und ausgebildeteTeam kooperiert mit Haus- und Fachärzten, ambulanten Pflegediensten und Hospizgruppen.
Linderung von Schmerzen
Im Fokus ist die Linderung von Beschwerden wie Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen und Angst. Patient und Angehörige werden unterstützt, beraten und angeleitet, auch die psychosoziale und spirituelle Begleitung gehört zur Unterstützung. Die Kosten werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen.
Zusätzlich wird die Palliativversorgung Biberach durch Spenden unterstützt. Kooperiert wird mit den bestehenden Hospizgruppen oder dem Hospizhaus in Biberach. Seit April 2010 ist das Palliativteam um Heike Heß im Einsatz, über 2000 Menschen wurden in ihrer letzten Lebensphase begleitet. Davon konnten 80 bis 85 Prozent daheim sterben in gewohnter Umgebung.
Auch in Riedlingen gibt es sieben ausgebildete Palliativkräfte. Heike Heß gab den Zuhören einige Impulse: „Freuen wir uns am Leben, gerade an den kleinen Dingen, denn morgen kann schon alles anders sein. Gespräche oder Ziele – wie die bevorstehende Hochzeit des Kindes, erfreuen auch die Sterbenden. Es sind die schönen Momente, die den Weg zum Sterben prägen.“