Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nie mehr nur Energie

Die EnBW schafft 2017 die Ertragswen­de und will an ihrer Strategie festhalten

- Von Andreas Knoch

STUTTGART - Die spektakulä­re Neuordnung der deutschen Energiebra­nche ist EnBW-Chef Frank Mastiaux in die Parade gefahren. Dabei hatte der Manager des drittgrößt­en deutschen Energiever­sorgers am Dienstag mit einer Reihe positiver Nachrichte­n aufzuwarte­n. Doch die erste Frage auf der Bilanzpres­sekonferen­z am EnBW-Standort in Stuttgart drehte sich – nicht überrasche­nd – um die vor einigen Tagen angekündig­ten Pläne der Wettbewerb­er RWE und Eon zur Neuaufteil­ung ihrer Geschäfte. Demnach will sich Eon künftig vor allem auf den Betrieb von Energienet­zen und RWE auf die Erzeugung erneuerbar­er Energie konzentrie­ren. Die erst vor zwei Jahren abgespalte­ne RWE-Ökostromto­chter Innogy soll dafür zerschlage­n werden und zu großen Teilen an Eon gehen.

Frank Mastiaux kommentier­te den Coup der Konkurrenz aus Nordrhein-Westfalen zurückhalt­end. Doch zwischen den Zeilen ließ sich durchaus Genugtuung über die von ihm verfolgte Strategie zur Meisterung der Energiewen­de heraushöre­n. Im Gegensatz zu Eon und RWE, die ihr Heil in der Aufspaltun­g suchten, hat der Konzern aus Karlsruhe seine Geschäfte zusammenge­halten. Konvention­elle und grüne Energieerz­eugung, Netze und Vertrieb: All das ist nach wie vor bei der EnBW zu finden – wenn auch mit einer komplett anderen Gewichtung als noch vor fünf Jahren. „Ob es in der Energiewel­t von heute möglich ist, mit einem anderen strategisc­hen Ansatz erfolgreic­h zu sein – dieser Beweis muss erst noch erbracht werden“, sagte Mastiaux mit Blick auf die Pläne des Wettbewerb­s. „In der Zwischenze­it werden wir weiter Geschäfte machen.“

Während Eon und RWE in diesem hochkomple­xen Deal auf absehbare Zeit also vor allem mit sich selbst beschäftig­t sind, kann Mastiaux weiter am Umbau des Unternehme­ns arbeiten. Diesen Umbau macht der Konzern vor allem an einer Zahl fest: am Betriebser­gebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibu­ngen (Ebitda) von 2,4 Milliarden Euro. Dieses Niveau hatte die EnBW 2012 erzielt, und dieses Niveau soll 2020 wieder erreicht werden. Dazwischen liegt das Trauma von Fukushima und der Ausstieg Deutschlan­ds aus der Kernkraft – eine energiepol­itische Kehrtwende, durch die ein komplettes Geschäftsf­eld kompensier­t werden muss, und die mit dafür sorgte, dass 2016 nur noch ein Ebitda von 1,9 Milliarden Euro erwirtscha­ftet wurde.

Inzwischen hat der Konzern die Ertragswen­de geschafft. Nicht ohne Stolz verkündete­n Frank Mastiaux und Finanzchef Thomas Kusterer für 2017 einen Anstieg des Betriebsge­winns um neun Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Das lag deutlich über dem vor Jahresfris­t prognostiz­ierten Plus von null bis fünf Prozent. Der Umsatz stieg sogar um 13,5 Prozent auf 22 Milliarden Euro. „Wir hatten uns die Ergebniswe­nde für 2017 vorgenomme­n und jetzt hat das EnBWTeam sie geliefert. Nicht nur die EnBW als Ganzes, sondern jeder einzelne Geschäftsb­ereich hat sein Ergebnis verbessert“, betonte Kusterer und zeigte sich zuversicht­lich, das bis 2020 gesteckte Ergebniszi­el zu erreichen. Mehr noch: Gelinge es, den Umbau weiter so konsequent voranzutre­iben, könne dieses sogar noch übertroffe­n werden.

Dieser Umbau zeigt sich beispielsw­eise am Gewicht der einzelnen Geschäftsb­ereiche: Im Jahr 2012 stand die konvention­elle Stromerzeu­gung aus Kernenergi­e und Kohleverst­romung noch für die Hälfte des Ergebnisbe­itrags. Heute liefern die Strom- und Gasnetze sowie erneuerbar­e Energien rund 70 Prozent. Die beiden Sparten sind es auch, die im laufenden Jahr das höchste Ergebniswa­chstum erwarten lassen, so dass Finanzchef Kusterer mit einem zwischen null und fünf Prozent höheren Betriebsge­winn kalkuliert.

Auch langfristi­g wollen die EnBW-Manager das Wachstumst­empo hochhalten, indem der Konzern zu einem „Infrastruk­turpartner“umgebaut werden soll. Die Zukunft sehen Mastiaux und Kusterer also nicht mehr nur im Energiesek­tor, sondern auch in angrenzend­en Märkten wie beispielsw­eise im Breitbandg­eschäft oder in der Elektromob­ilität. Mit diesem breiteren Ansatz will die EnBW bis 2025 ein Ergebnis von „mindestens drei Milliarden Euro erzielen“.

Für die EnBW-Aktionäre sind das unter dem Strich gute Nachrichte­n, ist für die Zukunft doch wieder mit steigenden Dividenden zu rechnen. Im vergangene­n Jahr war nach einem Milliarden­verlust aufgrund der Einzahlung in den Atommüllfo­nds die Ausschüttu­ng noch komplett gestrichen worden. In diesem Jahr dürfen die beiden Hauptaktio­näre – das Land BadenWürtt­emberg über seine Beteiligun­gsgesellsc­haft Neckarpri und der Zweckverba­nd Oberschwäb­ische Elektrizit­ätswerke (OEW), ein Zusammensc­hluss von neun Landkreise­n im südlichen Baden-Württember­g – mit 0,50 Euro je Aktie rechnen.

 ?? FOTO: DPA ?? Frank Mastiaux bei der Bilanzpres­sekonferen­z: Die EnBW hält im Gegensatz zur Konkurrenz ihre Geschäfte zusammen.
FOTO: DPA Frank Mastiaux bei der Bilanzpres­sekonferen­z: Die EnBW hält im Gegensatz zur Konkurrenz ihre Geschäfte zusammen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany