Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Immer in Bewegung bleiben“
Nicole Braun von der AOK spricht über Arthrose und alternative Behandlungsmethoden
BIBERACH - Arthrose ist die häufigste aller Gelenkerkrankungen. In Deutschland leiden etwa fünf Millionen Menschen unter Beschwerden, die durch eine Arthrose verursacht werden. Die Tendenz ist steigend. Was man gegen Arthrose tun kann und ob es immer gleich eine OP sein muss? Redakteurin Tanja Bosch hat mit Nicole Braun, Sportfachkraft bei der AOK Ulm-Biberach, über alternative Behandlungsmöglichkeiten gesprochen.
Frau Braun, was versteht man überhaupt unter Arthrose?
Arthrose ist eine Gelenkerkrankung, sie beschreibt den Verschleiß der Knorpelschicht eines Gelenks. Aber das ist nur der Anfang, am Ende ist das ganze Gelenk entzündet, schmerzhaft und bewegungseingeschränkt. Arthrose trifft immer mehr Menschen, in der Regel ist das eine Alterserscheinung. Genetisch bedingt kann es aber auch jüngere Menschen treffen. Außerdem kommt es immer darauf an, welcher Belastung man ausgesetzt ist. Leistungssportler können schon früher betroffen sein.
Was kann man gegen Arthrose tun?
Arthrose ist nicht reversibel, also nicht heilbar. Das kann man sehr zuverlässig diagnostizieren. Alles, was am Ende hilft, ist eine OP. Die Frage ist nur, wann eine OP sinnvoll ist beziehungsweise wann der Leidensdruck zu hoch ist. Eigentlich geht es darum, die OP so lange wie möglich herauszuzögern.
Gibt es alternative Behandlungsmethoden?
Ja, die gibt es. Man kann die Gelenke durch gezielte Übungen entlasten. Dabei ist Muskelaufbautraining sehr wichtig, denn wenn ich Muskeln aufbaue, können die jeden Stoß besser abfangen. Das Wichtigste ist, immer in Bewegung zu bleiben – selbst wenn man Schmerzen hat. Am besten holt man sich aber professionelle Hilfe, denn die Übungen müssen gezielt auf die Erkrankung abgestimmt sein. Ein Physiotherapeut oder ein in diese Richtung ausgebildeter Trainer ist dabei zu empfehlen. Gibt es diese Experten bei der AOK?
Ja, wir haben bei der AOK Sportfachkräfte, die eine spezielle Schulung am Sportmedizinischen Institut in Tübingen absolviert haben und nun im AOK-Hüft-Knie-Programm Kurse durchführen. Zielgruppe sind Arthrosepatienten, sie kommen auf ärztliche Empfehlung. Das Ergebnis soll sein, die Einschränkung, die man durch die Arthrose hat, erheblich zu verringern – und so auch wieder mehr Lebensqualität zurückzubekommen. Denn Menschen, die Schmerzen haben, gehen nicht mehr so viel raus, sie isolieren sich. Man spricht dabei vom Teufelskreis der Arthrose.
Was ist denn der Teufelskreis der Arthrose?
Wer Schmerzen hat, geht in eine Schonhaltung und bewegt sich dadurch weniger. Und wer sich weniger bewegt, ernährt den noch übrig gebliebenen bestehenden Knorpel schlechter. Dadurch nutzt sich der Knorpel noch schneller ab, man hat noch mehr Schmerzen und bewegt sich dann noch weniger. Dadurch leidet auch das Psychosoziale und man hat keine Lebensfreude mehr.
Haben Sie Tipps, wie man gezielt vorbeugen kann?
Mit einem umfassenden Muskelaufbautraining für den gesamten Körper kann man schon viel tun. So werden die Gelenke weniger belastet. Es ist auch immer wichtig, darauf zu schauen, dass die Beinachsen stimmen und man nicht in die X- oder OBein-Stellung verfällt. Beim Sport sollte man außerdem auf eine richtige Bewegungstechnik achten. Radfahren oder Bewegung im Wasser sind beispielsweise sehr entlastende Bewegungsformen. Sehr viel mehr kann man leider nicht tun. Ein Orthopäde aus Biberach hat vor langer Zeit einmal gesagt: „Arthrose bekommt jeder Mensch in jedem Gelenk, die Frage ist nur, ob er das noch erlebt.“