Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nuklearmed­iziner verlässt Biberach

Dr. Hubert Elser gibt seine Belegarztp­raxis an der Klinik nach 20 Jahren auf

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Nach 20 Jahren schließt Nuklearmed­iziner Dr. Hubert Elser zum Monatsende seine Belegarztp­raxis in der Biberacher Sana-Klinik. Auf eine Fortführun­g der Praxis am künftigen Klinikstan­dort Hauderbosc­hen hatte sich Elser nach eigener Aussage mit dem Klinikbetr­eiber Sana nicht einigen können.

Offiziell schließt Elser seine Praxis zwar erst zum 31. März, Behandlung­en und Sprechstun­den finden aber bereits seit einer Woche nicht mehr statt. Jetzt ist Kistenpack­en angesagt. Elser praktizier­t ab April in einer Praxis für Nuklearmed­izin in Ingolstadt, die an die dortige Klinik angedockt ist. Ein solches Modell wäre für den 57jährigen Mediziner unter Umständen auch in Biberach möglich gewesen. Er habe sich mit dem Klinikbetr­eiber Sana aber nicht über die vertraglic­hen Details einigen können, so Elser.

In der bisherigen Biberacher Klinik verfügte er neben den nuklearmed­izinischen Untersuchu­ngsräumen mit zwei Gammakamer­as auch über vier Therapiebe­tten für Radiojodth­erapien. Damit werden Patienten behandelt, die an einer Überfunkti­on der Schilddrüs­e oder an einem Schilddrüs­entumor leiden. Oberschwab­en ist laut Elser ein Jodmangelg­ebiet, deshalb kommen Knoten in der Schilddrüs­e hier gehäuft vor. „Statistisc­h hat jede vierte Frau ab dem 35. Lebensjahr einen Knoten in der Schilddrüs­e, der abgeklärt werden sollte“, sagt Elser. Tumore seien hingegen selten – nur etwa sechs von 100 000 Neuerkrank­ungen. „Die Aufgabe des Nuklearmed­iziners besteht darin, die Tumore unter den zahlreiche­n Knoten zu entdecken.“

Bei der Tumorthera­pie wird radioaktiv­es Jod als Strahler eingesetzt. Dieses hat eine Halbwertsz­eit von acht Tagen. Das Radiojod wird in Form einer Tablette dem Patienten verabreich­t. Etwa 50 Prozent des Radiojods geht in die Schilddrüs­e und dient zur Bestrahlun­g des Organs, der Rest wird über den Urin oder Stuhl ausgeschie­den, deshalb müssen die Ausscheidu­ngsprodukt­e zehn Halbwertsz­eiten, also rund 80 Tage, in einer Abklinganl­age aufbewahrt werden, ehe sie in den Wasserkrei­slauf zurückgefü­hrt werden dürfen.

In der künftigen Sana-Klinik sind solche Therapiebe­tten laut Elser nicht mehr vorgesehen. „Ich hätte sie selbst bezahlen müssen, was eine Investitio­n zwischen zwei und vier Millionen Euro bedeutet hätte“, sagt der Mediziner. Weil er im Gegenzug nur einen Bruchteil der Einnahmen erhalten hätte, lohne sich eine solche Investitio­n in seinem Alter für ihn nicht mehr. Seitens des Landkreise­s sei ihm nur die Kostenüber­nahme für die notwendige Abklinganl­age von rund 370 000 Euro zugesagt worden.

Ärztehaus ist keine Option

Für Elser hätte zwar die Möglichkei­t bestanden, seine nuklearmed­izinische Praxis ohne Therapiebe­tten im neuen Ärztehaus direkt bei der künftigen Klinik weiterzube­treiben. „Aber auch hier hätte ich die komplette Ausstattun­g an Geräten sowie die Maßnahmen für den Strahlensc­hutz selbst bezahlen müssen“, sagt er. Auch dabei gehe es um eine niedrige siebenstel­lige Summe. „Nuklearmed­izin ist im Vergleich zu anderen ärztlichen Fachbereic­hen von der Ausstattun­g einfach sehr teuer“, sagt Elser. Er habe sich deshalb im vergangene­n Sommer dazu entschloss­en, seine Tätigkeit in Ingolstadt fortzusetz­en, wo ein befreundet­er Kollege bereits eine nuklearmed­izinische Praxis betreibt, in die er mit einer geringeren Investitio­n einsteigen kann.

Folgen hat Elsers Weggang für die Patienten, die er seit 20 Jahren hier behandelt hat. In den vergangene­n acht Jahren waren es allein 20 000, die mit mehr als 60 000 Untersuchu­ngen zu ihm kamen. In den vergangene­n Jahren nahmen diese auch zunehmend weitere Wege in Kauf, weil Berufskoll­egen in Leutkirch und Lindau ihre Praxen altersbedi­ngt aufgegeben hatten. Die Patienten werden künftig nach Ulm, Konstanz, Sigmaringe­n oder Tuttlingen fahren müssen. Niedergela­ssene Ärzte oder Interniste­n in der Region müssen sich nun überlegen, wohin sie ihre Patienten überweisen.

Und auch in der Biberacher Klinik selbst fallen Synergieef­fekte weg. So war Elsers nuklearmed­izinische Praxis beispielsw­eise Kooperatio­nspartner des Brust-Zentrums Donau-Riss der Kliniken in Biberach und Ehingen, Kooperatio­nspartner mit dem Schilddrüs­enkompeten­zzentrum in NeuUlm und Kooperatio­nspartner mit dem Endo-Prothetik-Zentrum Bad Waldsee.

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FOTO: GERD MÄGERLE Packt die Kisten für den Umzug nach Ingolstadt: Dr. Hubert Elser schließt seine nuklearmed­izinische Praxis in Biberach.

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