Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Unitymedia steht vor der Übernahme
Mit der Übernahme von Unitymedia wächst der Druck auf die Deutsche Telekom
FRANKFURT (epd) - In Deutschland könnte bald ein neuer Kabelnetzriese entstehen. Marktführer Vodafone will den Wettbewerber Unitymedia übernehmen. Der TV-Kabelnetzmarkt, Anfang des Jahrtausends auf Druck der Politik vom Telekom-Monopol befreit, würde damit einen neuen Platzhirsch bekommen: Zusammen bedienen Unitymedia und Vodafone fast 15 Millionen TV-Haushalte.
LONDON/DÜSSELDORF (dpa) - Vodafone greift mit der geplanten Übernahme des Kabelnetzbetreibers Unitymedia die Deutsche Telekom frontal an und will die Datennetze in Deutschland weiter ausbauen. Der Mobilfunkkonzern plant, große Teile des Breitband-Anbieters Liberty Global zu übernehmen – darunter dessen deutsche Tochter Unitymedia. Beide Seiten einigten sich auf einen Kaufpreis von 18,4 Milliarden Euro, wie Vodafone am Mittwoch mitteilte. Neben dem DeutschlandGeschäft wandern auch Liberty-Geschäfte in Rumänien, Tschechien und Ungarn an das Unternehmen.
Der Vodafone-Konzern, der bereits größter Kabelnetzbetreiber in Deutschland ist, würde damit der Telekom erheblich mehr Konkurrenz machen. Allerdings muss der Deal noch von den Wettbewerbshütern genehmigt werden. Die beiden Unternehmen erwarten, die Übernahme Mitte 2019 abzuschließen.
Die Konkurrenz äußerte scharfe Kritik. Telekom-Chef Tim Höttges bezeichnete die Übernahme als „wettbewerbsverzerrend“. Vodafone-Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter sagte dagegen: „Wir sind damit natürlich in der glücklichen Situation, erstmals ein starker Wettbewerber zur Telekom zu werden.“Der Vereinbarung gingen monatelange Verhandlungen voraus. Schon in den Jahren zuvor hatte es immer wieder Gespräche gegeben – bislang ohne Erfolg.
Vodafone gehört seit 2014 das Netz von Kabel Deutschland. Der Konzern würde mit der Übernahme von Unitymedia auch das verbliebene Kabelfernsehnetz in Deutschland kontrollieren. Unitymedia hat nach eigenen Angaben 7,2 Millionen Kunden und ist in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg vertreten.
Mit der Vereinbarung will Vodafone bis 2022 rund 25 Millionen Haushalte mit Gigabit-Verbindungen erreichen. Dafür sollen zwölf Milliarden Euro investiert werden. „Damit geben wir einen ordentlichen Anschub für die digitale Infrastruktur“, sagte Ametsreiter.
Zwei Drittel aller Haushalte
Geht alles so über die Bühne, wäre es der größte Deal in der europäischen Telekommunikationsbranche der vergangenen fünf Jahre. Er würde zudem den deutschen Markt stark verändern. Mit der Übernahme würde Vodafone über ein Fernsehkabelnetz verfügen, mit dem knapp zwei Drittel aller deutschen Haushalte erreicht werden. Damit könnte Vodafone im ganzen Land Mobilfunk, Fernsehen und Breitband-Internet im Paket anbieten.
Gerüchte über die Übernahme gab es bereits seit einiger Zeit. Neben der Telekom brachten sich auch lokale Glasfasernetz-Anbieter gegen die Fusion in Stellung. Sie kritisieren, dass Vodafone durch die Übernahme eine Monopolstellung auf dem Kabelfernsehmarkt erlangen könne, und fürchten, dass der Glasfaserausbau ausgebremst wird.
Dem trat Ametsreiter am Mittwoch entgegen. Das Gegenteil sei der Fall: „Überall dort, wo wir in Glasfaser und Kabel investieren, folgen andere Unternehmen mit Investitionen nach.“Befürworter wie der ehemalige Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, argumentieren daher, die Übernahme sei förderlich für den Wettbewerb.