Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weingartener Blutritt im Zeichen der Trauer
Beileidsbekundungen nach dem Tod von Friedrich Herzog von Württemberg – Weniger Reiter, dafür mehr Musikanten als je zuvor
WEINGARTEN - Unter ganz besonderen Umständen sind am Freitag beim traditionellen Blutritt 2203 Reiter durch die Stadt gezogen. Während die Zahl der teilnehmenden Reiter immer weiter abnimmt, zeigt der Trend bei den Musikern in die entgegengesetzte Richtung. Die Stadt Weingarten sprach von mehr als 4000 teilnehmenden Musikern – so viele wie nie zuvor.
Doch die Zahlen rückten diesmal in den Hintergrund. Zu präsent war der Unfalltod von Friedrich Herzog von Württemberg, der am frühen Mittwochabend mit seinem Auto bei Ebenweiler tödlich verunglückt war. Eigentlich hätte er dem Blutritt als Ehrengast beiwohnen sollen. Dementsprechend tief saß der Schock bei den politischen und geistlichen Würdenträgern auf dem Rathausbalkon. „Das ist ein furchtbarer Verlust. Ich war fassungslos, als ich das gehört habe. Meine Gedanken sind bei seiner Familie, der ich von Herzen viel Kraft wünsche“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras. „Er fehlt.“
Tatsächlich war der Herzog in den vergangenen Jahren immer wieder Ehrengast beim Blutritt gewesen und hatte sich stets verbunden mit der Kirche gezeigt. Das unterstrich auch der geistliche Ehrengast Kardinal Walter Kasper, der aus Rom angereist war. Herzog Friedrich habe sich sehr stark in der Kirche engagiert. Die Nachricht seines Todes mache ihn betroffen, auch weil er den Herzog persönlich gut gekannt und Friedrich und seine Frau vor 25 Jahren getraut hatte. Anlässlich des Jubiläums wollte das Ehepaar im November nach Rom kommen, berichtete der Kardinal. Umso mehr zeige sich: „Man muss für jeden Tag dankbar sein. Das richtet den Blick über das Leben hinaus.“
Beileidsbekundungen kamen auch von Staatssekretärin Theresa Schopper, die Ministerpräsident Winfried Kretschmann vertrat. „Das hat uns sehr getroffen und das lastet auch ein wenig hierauf, dass man weiß, dass jemand bei uns gewesen wäre, der nun nicht mehr da ist“, sagte Schopper. Landrat Harald Sievers zeigte sich ebenfalls sehr betroffen. „Nicht nur, weil jemand von uns gegangen ist, der sich gesellschaftlich engagiert hat, sondern auch weil ich den Herzog im persönlichen Umgang als sehr herzlichen Menschen kennengelernt habe“, sagte er.
Das unterstrich auch Weingartens ehemaliger Oberbürgermeister Gerd Gerber, der den Herzog mehrfach am Blutfreitag getroffen hatte. „Er war einige Male hier. Die Familie war dem Blutritt sehr verbunden“, sagte Gerber und sein Nachfolger Markus Ewald erklärte: „Es gibt heute hier keinen im Haus, der nicht daran denkt. Das ist auch für uns nicht leicht. Aber es hilft, mit dieser furchtbaren Nachricht umzugehen. Man kann sich über die Trauer austauschen.“Darüber hinaus erwies die Stadt Weingarten dem Herzog mit einer Schweigeminute beim Empfang in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart und den mit Trauerflor belegten württembergischen Flaggen ihre Ehre. Auch die Bürgergarde der „Gelben Husaren“aus Altshausen, wo Friedrichs Vater Herzog Carl lebt, ritt mit Trauerflor an ihrer Standarte.
Auch Dekan und Blutreiter Ekkehard Schmid gedachte des Herzogs zu Beginn des Pontifikalamtes in der Basilika mit Kardinal Kasper. Dieser hob im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“aber auch die große Bedeutung des Blutrittes hervor. „Aus dieser Tradition schöpfen wir viel Kraft“, sagte Kasper, der in Wangen aufgewachsen ist und seine Verbundenheit mit der Region bis heute schätzt: „Ich kenne hier Land und Leute. Ich bin in Oberschwaben zu Hause.“
Das trifft auch auf Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf zu. Der gebürtige Weingartener freute sich über seine 40. Teilnahme am Blutfreitag: „Für mich war und ist die Teilnahme am Blutritt eine echte Herzensangelegenheit. Die Faszination lässt auch nicht nach, wenn man schon häufiger dabei war. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Teilnahme, als ich als Ministrant mitgeritten bin“, sagte er. Unabhängig von seiner politischen Funktion habe er stets versucht mitzureiten, denn: „Jeder Blutfreitag gibt mir nicht nur Gelegenheit innezuhalten, sondern auch Kraft zu tanken für kommende Aufgaben.“
Aras tief berührt
Eine Vorstellung von der spirituellen und gesellschaftlichen Bedeutung des Blutrittes erlangte auch Landtagspräsidentin Aras, die zum ersten Mal teilnahm und als Alevitin einen ganz besonderen Blick auf die christliche Veranstaltung hatte. „Ich habe mich voll darauf eingelassen. Das hat mich sehr berührt. Ich habe das nicht als einen geschlossenen Kreis von Katholiken empfunden“, sagte Aras. Schon immer habe sie den Blutritt besuchen wollen. Ihre Erwartungen seien nun übertroffen worden. Es sei beeindruckend, wie friedlich so viele Menschen beisammen seien – die Stadt sprach von 30 000 Besuchern – und sich öffnen würden. „Ich habe gesehen, was der Blutritt mit den Menschen macht.“