Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wirbel um Oettinger-Zitat
Bildung der Übergangsregierung in Italien zieht sich hin
STRASSBURG/ROM (dpa) - Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hat mit einer Wahlempfehlung gegen Populisten in Italien Empörung und die Forderung nach seiner Entlassung ausgelöst. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker distanzierte sich von Oettinger, ebenso wie EU-Ratschef Donald Tusk.
Oettinger hatte der Deutschen Welle gesagt: „Meine Sorge und meine Erwartung ist, dass die nächsten Wochen zeigen, dass die Märkte, dass die Staatsanleihen, dass die wirtschaftliche Entwicklung Italiens so einschneidend sein könnten, dass dies für die Wähler doch ein mögliches Signal ist, nicht Populisten von links und rechts zu wählen. Schon jetzt ist die Entwicklung bei den Staatsanleihen, bei dem Marktwert der Banken, beim wirtschaftlichen Verlauf Italiens generell deutlich eingetrübt, negativ. Dies hat mit der möglichen Regierungsbildung zu tun. Ich kann nur hoffen, dass dies im Wahlkampf eine Rolle spielt, im Sinne eines Signals, Populisten von links und rechts nicht in die Regierungsverantwortung zu bringen.“
Die Empörung in Italien folgte prompt. Der Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, schrieb auf Twitter: „Verrückt, in Brüssel kennt man keine Scham. Der EU-Haushaltskommissar, der Deutsche Oettinger, sagt, dass die Märkte den Italienern zeigen werden, die richtige Sache zu wählen. Wenn das mal keine Drohung ist ... Ich habe keine Angst.“Salvini forderte den Rücktritt Oettingers.
EU-Kommissionspräsident Juncker ging auf Abstand zu Oettinger. Ein Sprecher sprach von „unklugen Bemerkungen“. Später erklärte Juncker, Italiens Schicksal liege keineswegs in der Hand der Finanzmärkte: „Italien gebührt Respekt.“Oettinger entschuldigte sich. „Es war nicht meine Absicht, respektlos zu sein“, teilte er am Dienstagabend mit.
Der Präsidentenpalast in Rom hat Gerüchte zurückgewiesen, wonach der designierte italienische Ministerpräsident Carlo Cottarelli seinen Regierungsauftrag zurückgeben werde. Cottarelli brauche lediglich mehr Zeit, um einige Probleme mit der Ministerliste zu lösen, hieß es aus Kreisen des Palastes am Dienstagabend.