Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mit China-Millionen: Viktoria will nach oben
Investoren aus Hongkong steigen bei Berliner Viertligisten ein – Leipzig als Vorbild
BERLIN (SID) - Die Internetpräsenz des Vereins ist noch nicht in chinesischer Sprache abrufbar, und das viele Geld ist natürlich auch noch nicht auf dem Konto. Doch der Einstieg der Advantage Sports Union (ASU) aus Hongkong beim Fußball-Regionalligisten Viktoria 1889 Berlin ist seit Montag perfekt. „Ich freue mich darauf, ein Viktorianer zu werden“, wurde ASU-Vorstand Alex Zheng zitiert.
Damit gehört der Viertligist der gleichen Investorengruppe, die auch beim französischen Erstligisten OGC Nizza aktiv ist. Einen hohen zweistelligen Millionenbetrag soll der Investor über zehn Jahre in die demnächst ausgegliederte Profiabteilung der Berliner pumpen wollen; der Nachfolgeclub des zweimaligen deutschen Meisters BFC Viktoria (1908 und 1911) soll so nach oben durchstarten. Derzeit spielt Viktoria im 4300 Zuschauer fassenden Stadion Lichterfelde.
Die Meinung der Fans ist gespalten, denn die Verantwortlichen haben sich ausgerechnet die eher ungeliebten Projekte RB Leipzig und TSG Hoffenheim zum Vorbild genommen. „Mit Leipzig und Hoffenheim hat man an zwei guten Beispielen gesehen, was möglich ist, wenn jemand käme und langfristig plant. Dann kann in Berlin etwas Neues entstehen“, sagte der 2. Clubvorsitzende Harald Sielaff.
Ganz so weit, nämlich bis in die Champions League, greift der Plan von Viktoria nicht, aber die HellblauWeißen wollen langfristig die Platzhirsche in der Hauptstadt, Hertha BSC und Union Berlin, angreifen. „Die ASU zielt mit ihrem Engagement nicht darauf ab, dauerhaft 3. Liga zu spielen“, sagte Club-Geschäftsführer Felix Sommer im „Tagesspiegel“. Sommer dementierte jedoch die kolportierte Investitionssumme von umgerechnet 90 Millionen Euro: „Diese Zahlen sind Quatsch. Konkrete Summen sind noch nicht vereinbart.“
Auch wenn Viktoria als eingetragener Verein unangetastet bleibt, einige Fans haben das warnende Beispiel 1860 München vor Augen. Den Traditionsclub hat der jordanische Investor Hasan Ismaik trotz vieler Millionen in die Niederungen geführt. Im Gegensatz zu Ismaik hat die ASU bereits einige Erfahrung im Sport, die Gruppe hat sich auf die Vermarktung von Sportteams spezialisiert.
Vorgängerclub war Meister
Die Initiative zu dem Deal mit den Berlinern soll vom Unternehmen ausgegangen sein. Warum aber ausgerechnet Viktoria? Sportlich und finanziell lief es zuletzt schlecht für den Regionalligisten, das Team belegte mit einem Rückstand von 47 Punkten auf Staffelmeister Energie Cottbus nur den 13. Platz.
Das große Plus sind die 70 im Spielbetrieb angeschlossenen Mannschaften, mehr hat in Deutschland kein anderer Verein. Hinzu kommen Berlin als hochattraktiver Standort und die erfolgreiche Clubhistorie.
Wie das viele Geld investiert wird, ist noch unklar. Will der Club in der kommenden Saison im Stadion am Ostpreußendamm in Lichterfelde um den Aufstieg spielen, müssen zahlreiche Verstärkungen her. Der bekannteste Viktoria-Spieler, Karim Benyamina, einst Torjäger bei Union Berlin, verließ den Verein im Winter aufgrund fehlender Perspektive Richtung Tennis Borussia.
Die Perspektive ist jetzt da, bald auch das Geld – und kommt dann der Ärger? Der Eklat beim Auftritt der chinesischen U20-Nationalmannschaft in der Regionalliga Südwest ist noch gut in Erinnerung. Damals hatten die Gäste beim TSV Schott Mainz den Platz aus Protest verlassen, weil Fans tibetische Fahnen aufgehängt hatten. Das gemeinsam von China und dem DFB ins Leben gerufene Projekt wurde danach eingestampft. Wie willkommen ein chinesischer Investor in Deutschland ist, wird sich bald herausstellen.