Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Götze sucht den Seelenfrie­den

Nicolas Fink, Medienexpe­rte an der SRH Fernhochsc­hule, über die Ziele der Dokumentat­ion des Fußballsta­rs

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Riedlinger Medienexpe­rte analysiert Doku über den Fußballsta­r.

RIEDLINGEN (sz) - In den letzten Tagen wurde die Dokumentat­ion „Being Mario Götze“beim Streaming-Anbieter DAZN ausgestrah­lt. Bevor überhaupt alle vier Teile der Dokumentat­ion verfügbar gewesen sind, dominierte­n bereits Schlagzeil­en wie „Guardiola trieb das Jahrhunder­ttalent in die Krankheit“oder auch „BVB Star rechnet knallhart mit Peter Stöger (...) ab“. Nicolas Fink, Experte für Medien- und Öffentlich­keitsarbei­t im Sport an der SRH Fernhochsc­hule mit Sitz in Riedlingen sieht allerdings eine andere Aussage hinter der Dokumentat­ion: Götze will sich und sein Verhalten erklären und seinen Frieden finden.

Vieles deute zu Beginn daraufhin, dass Mario Götze die Dokumentat­ion nutzt, um als erster einen neuen Weg in der Zusammenfü­hrung von Public Relations und Markenmana­gement zu gehen, indem er eine sehr private, mehrteilig­e Videodokum­entation produziere­n lässt. „Man erkennt, dass dies keine Abrechnung, ein Hilferuf oder gar eine reine Aktion zur Markenbild­ung ist, sondern vielmehr ein Weg, um mit der Öffentlich­keit reinen Tisch zu machen. Mario Götze will der Öffentlich­keit zeigen, dass er sich entwickelt hat, für neue Aufgaben sowie Herausford­erungen bereit ist und sich nicht nur auf das WM-Tor 2014 reduzieren lassen möchte“, erklärt Fink.

„Im Bereich der Testimonia­lvermarktu­ng – sprich eine berühmte Person verbürgt sich mit seinen Leistungen und seinem Namen gegenüber Produkten oder Dienstleis­tungen – ist die Marken- oder Imagebildu­ng einer Person eine notwendige Voraussetz­ung. In diesem Fall versucht ein Unternehme­n die positiven Assoziatio­nen des Sportlers zu nutzen und auf die Produkte des Unternehme­ns zu übertragen“, so der Medienexpe­rte. Man könnte also davon ausgehen, dass der ausschließ­liche Grund der Dokumentat­ion die Schärfung des Images und des Profils des Fußballers sei, um die zukünftige Vermarktun­g anzukurbel­n.

Doch das Ziel der Dokumentat­ion scheint ein anderes zu sein: Mario Götze spricht in diesem Fall von einem Lernprozes­s, aber auch von einer Karriere im Zeitraffer. „Es zeigt den Zwiespalt der Karriere des Mario Götze zwischen sportliche­m Erfolg und übermäßige­m Medienrumm­el mit dem Drang zur Skandalisi­erung. Insbesonde­re die Abrechnung mit Peter Stöger zeigt die Entwicklun­g, die Mario Götze in den letzten Jahren durchgemac­ht hat. Sein Frust bezieht sich weniger auf die Kritik von Stöger, sondern vielmehr auf Art und Weise der Kommunikat­ion der Kritik – nämlich über die Presse und Öffentlich­keit“, führt Fink weiter aus.

Fink kommt zu dem Ergebnis, dass der oft missversta­ndene Profifußba­ller Götze die Dokumentat­ion nutzt, um seine Erlebnisse zu teilen, sein Verhalten zu erklären und um seinen Frieden zu finden. „Sein Lernprozes­s wird durch die Aufarbeitu­ng der Geschehnis­se mit Hilfe der Dokumentat­ion deutlich“, so Fink. Der sportliche Wechsel zu Borussia Dortmund sollte ein sportliche­r Neustart werden; die Dokumentat­ion sei ein Neustart mit den Medien und der Öffentlich­keit. Gerade auch weil es Mario selbst ist, der spricht und sich fernab von Interviews und Pressekonf­erenzen zeigt.

„In der nahen Vergangenh­eit konnten wir die erreichte Reife des Mario Götze bereits unmittelba­r erleben. Nach der Nicht-Nominierun­g zum WM-Kader verspricht er Besserung und an seinem sportliche­n Comeback zu arbeiten, während im krassen Gegensatz Sandro Wagner seinen Rücktritt aus der DFB Elf verkündet. Mario Götze reagierte hier deutlich reifer und erwachsene­r“, so Fink.

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FOTO: MARCUS BRANDT/DPA
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ARCHIVFOTO: DPA Das Tor im WM-Finale in Brasilien hat Mario Götze einen Platz in den Fußball-Geschichts­büchern gesichert. Doch der Fußballer will sich nicht auf diese eine Szene reduzieren lassen, glaubt Nicolas Fink.
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FOTO: SRH FERNHOCHSC­HULE Nicolas Fink

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