Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mit Monsieur le President auf Du und Du
Das Undankbare am Beruf des Politikers ist es ja, dass solche Mandatsträger alle vier Jahre auf die Gunst der Wähler angewiesen sind. Danach ist für mehr als drei Jahre – also bis der Wahlkampf wieder von vorne losgeht – erst einmal Ruhe. Der Kontakt zum Mann auf der Straße, wobei es gerne auch eine Frau sein darf, ist in der Zwischenzeit tunlichst zu vermeiden. Unzählige Beispiele belegen, dass da nämlich meistens nichts Gutes dabei herauskommt. Jüngst erst hat etwa der französische Präsident Emmanuel Macron sich in einen ungeplanten Kontakt mit einem pubertierenden 15Jährigen verwickeln lassen. Der Heranwachsende hat es gewagt, Monsieur le President zu duzen. Macron hat ihn daraufhin, wie es sich für ein Staatsoberhaupt gehört, verbal zusammengefaltet.
Auch in Deutschland ist dokumentiert, welch verheerende Wirkung es haben kann, wenn Politiker ohne Drehbuch auf Wähler stoßen. Kurt Beck (SPD) fiel dabei mit Körperpflegetipps auf, die er für einen vorlauten Hartz-IV-Empfänger parat hatte. Ein bisschen mehr Hygiene, dann klappt’s auch mit dem Job, war die unterschwellige Botschaft des Politikers.
Damit schließt sich der Kreis zu Macrons Begegnung mit dem Pubertier, das laut Zeitungen langes und wenig gepflegtes Haar haben soll, ja sogar eine Lederjacke über den betont gelangweilt hängenden Schultern. Die Zurechtweisung des Burschen könnte sich rächen. Dass der jugendliche Duz-Rebell bei der nächsten Wahl womöglich mitstimmen darf, hat der Präsident nämlich nicht bedacht. (nyf)