Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ästhetische Liedgestaltung – ein Hörgenuss
Carina Schmieger führt in das Wunderland erlesener Kunstlieder
BAD BUCHAU - Mit sichtlicher Freude hat es Carina Schmieger genossen, im ausverkauften Goldenen Saal in Bad Buchau ihre beeindruckende und doch so natürlich dargebotene Kunst der Liedgestaltung ausbreiten zu können. Mit Hana Akiyama hatte sie eine versierte einfühlsame Mitgestalterin am Flügel zur Seite, die zum Abschluss des Konzerts ebenso mit Beifall überschüttet wurde.
Mit vier Liedern aus Arnold Schönbergs früher Schaffenskraft, veröffentlicht als Opus 2, setzte die Koloratursopranistin das Thema „Erwartung“in ganz persönlicher Weise um: Die Wurzeln ihrer Sangeskunst sind mit ihrer Oma aus dem Stiftschor Bad Buchau verbunden, viele Bekannte und Freunde waren „voller Erwartung“auf dieses konzertante Ereignis. Bereits bei diesem Auftakt zeigte sich die hohe Sangeskunst der Sängerin von delikatem Piano bis zu kraftvoll voluminösen Passagen, wie sie die Liedgestaltung und den Operngesang prägen.
Wandlungsfähige Stimme
In geheimnisvoller Weise entschlüsselte Carina Schmieger Heinrich Heines Sage von der schönen Loreley in der Vertonung durch Franz Liszt. Lyrische, ruhige Szenen wie der unten vorbeifließende Rhein, aber auch klangreiche Attribute passten zu perlenden Passagen der Pianistin. „Kling leise, mein Lied, durch die schweigende Nacht“bei aller Ausdruckskraft voll lyrischer Zartheit zeigte die Wandlungsfähigkeit von Schmiegers außergewöhnlicher Stimme. Auch hier war die Musizierkunst der Pianistin zu bewundern, die mit übergreifenden Händen den Zauber dieses Werks ermöglichte.
Nachdem die Sängerin bei „Bist du“von Liszt den ganzen Reichtum ihrer Stimme ausgeschöpft hatte, wandte sie sich Franz Schubert zu. Wer im Publikum mit Schubert nur leicht eingängige, volksliedhafte Weisen verbindet, erfuhr, wie viel sängerische Dramatik sich auch mit Schubert Kunstliedern verbindet. Temperamentvoll mit innerer Erregung Goethes „Willkommen und Abschied“und seine „Rastlose Liebe“, dazwischen instrumental und sängerisch die vielfarbigen „Abendbilder”. In Heiterkeit anregend, passend zum Gesichtsausdruck der Sängerin, dann das „Lied der Delphine” mit Gedanken der Liebe mit fast grenzenlosem stimmlichem Vermögen tief beeindruckend.
Bezaubernd und betörend
In seinen sieben frühen Liedern hat Alban Berg literarische Vorlagen verschiedener Poeten in seine Sprache der Musik umgesetzt. Sowohl in der „Nacht” von Carl Hauptmann wie auch im Schilflied von Nikolaus Lenau waren die Zuhörer aufs Neue ergriffen von der interpretatorischen Bandbreite der Sängerin. Lyrisch bezaubernde Szenen voll Anmut und Grazie wechselten mit dramatisch ausgelebten Sequenzen als künstlerische Einheiten. Besonders betörend Theodor Storms „Nachtigall” mit wechselnder mimischer Ausdruckskraft, weit schwingende Passagen bei Rilkes „Traumgekrönt”. Geradezu charmant die Szene im Zimmer von Johannes Schlaf, wesentlich dramatischer trotz einfühlsamer Pianoszenen Hartlebens „Liebesode”, danach voll sängerisch enormem Volumen die „Sommertage” von Paul Hohenberg mit der ebenso überragenden Hana Akiyama am Flügel.
Bei Schuberts „Du bist die Ruh” in der musikalischen Weiterführung durch Franz Liszt zeigte die Pianistin ihre bewundernswerten Fähigkeiten als Solistin am Klavier. Aus der tonlichen Tiefe allein der linken Hand erwuchs Zug um Zug das heller werdende Werk. Wieder erstrahlte die Musizierkunst der Pianistin mit überkreuzten Händen, um die bekannte Melodie mit hellen Übertönen verzieren zu können. Doch auch in prägnanten Oktavparallelen zeigte sie sich meisterhaft, um sofort wieder in dezente Musizierweise zu wechseln.
Aus dem Schaffen von Richard Strauss im Bereich des Kunstlieds hat Carina Schmieger mit „Säusle, liebe Myrthe” und „Als mir dein Lied erklang” zwei Texte von Clemens Brentano ausgewählt. Noch einmal, auch bei Dehmels „Mein Auge”, zog die Sopranistin durch die ganze Bandbreite ihrer künstlerischen Ausdruckskraft die Zuhörer in ihren Bann. Lyrisch verträumte Passagen mit bezaubernder Mimik zum Schlaf des Freundes wechselten mit engagiert voluminösen Szenen zu einem künstlerischen Hörgenuss zweier fantastischer bestens aufeinander eingespielter Solistinnen.
Begeisternder, nicht enden wollender Beifall mit vielen Bravo-Rufen wurden mit einer Zugabe reich an perlenden Koloraturen erwidert.