Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Alle jammern wie Frauen“
Vize-Regierungschefin appelliert nach Schweiz-Spiel an serbische Mannschaft – Milde Strafen für beide Teams
MOSKAU (SID/dpa) - Die stellvertretende serbische Regierungschefin Zorana Mihajlovic hat ihre Landsleute aufgerufen, nicht mehr die behaupteten Ungerechtigkeiten beim mit 1:2 verlorenen WM-Vorrundenspiel gegen die Schweiz zu beklagen. „Hört auf zu jammern, werdet ernsthaft und bereitet Euch auf das Spiel gegen Brasilien vor!“, verlangte die Spitzenpolitikerin in einem Brief an die Mannschaft, der von der Belgrader Zeitung „Blic“am Montag veröffentlicht wurde.
„Alle jammern wie Frauen. Lasst Euch das von einer Frau sagen“, heißt es in dem Brief weiter: „Genug von Schiedsrichtern, Den Haag, Videoassistenten, Albanern, Serben, Schicksal, Verschwörungen, Vögeln mit einem oder mehreren Köpfen!“. Und sie verlangt: „Also los Jungs, an die Arbeit. Mit Unterstützung und dem Glauben wird es für den Sieg (gegen Brasilien) reichen“.
Serbien hatte sich über den deutschen Schiedsrichter Felix Brych bei der FIFA beschwert, weil er angeblich einseitig Gelbe Karten verteilt und einen
Elfmeter verweigert haben soll.
Auch die Darstellung des albanischen Doppeladlers von drei Schweizer Spielern war kritisiert worden. „Ich würde ihn nach Den Haag schicken“, sagte der frühere Bundesligaprofi in Anspielung auf den Sitz des Kriegsverbrecher-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien. Dann ergänzte er: „Dort sollte ihm so der Prozess gemacht werden, wie sie uns (im Spiel) den Prozess gemacht haben.“
Auch gegen Kokeza ging die FIFA aufgrund fragwürdiger Kommentare vor. Die serbischen Fans waren in den Fokus des Weltverbandes geraten, weil nationalistisch gesinnte Anhänger während des Spiels mehrmals „Töte den Albaner“skandiert haben. Dabei ist der verwendete Begriff „Siptara“für die Albaner eine rassistische Beleidigung – zahlreiche Schweizer Spieler haben albanische oder kosovo-albanische Wurzeln.
FIFA verhängt Geldstrafen und Verwarnungen
In den serbischen Medien gingen die Attacken gegen Brych auch am Montag weiter. „Ein Riesenskandal. Ein großer FIFA-Diebstahl“, titelte die Boulevardzeitung „Informer“. Die Zeitung „Srpski Telegraf“überschrieb ihren Bericht „Wie die Schweizer Bande Serbien bestohlen hat“. Darin wird behauptet, die FIFA habe unter Führung ihres Präsidenten Gianni Infantino und des Chefs der Schiedsrichterabteilung, Massimo Busacca, eigens den deutschen Schiedsrichter ausgewählt, um Serbien zu schaden
Der Fußball-Weltverband FIFA reagierte derweil mit unerwartet milden Strafen auf die Vorfälle. Die Disziplinarkommission sprach lediglich Geldstrafen und Verwarnungen aus. Die Schweizer Torschützen Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka müssen jeweils 8680 Euro Strafe zahlen. Der Schweizer Kapitän Stephan Lichtsteiner kommt mit 4340 Euro davon.
Der serbische Verband wurde wegen des Fehlverhaltens der Fans mit einer Geldstrafe in Höhe von 46 860 Euro belegt. Zudem erhielt der Verband eine Verwarnung. Der serbische Trainer Mladen Krstajic und Verbandsboss Slavisa Kokeza müssen jeweils 4340 Euro zahlen.