Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weißer Hai nahe Mallorca gesichtet
Umweltschützer jubeln – Experten sehen keine Gefahr für Badende
PALMA DE MALLORCA (dpa) - Die Wissenschaftler auf dem Forschungssegelschiff Töftevaag trauten ihren Augen nicht: Unweit der spanischen Urlaubsinsel Mallorca haben sie zum ersten Mal seit 30 Jahren einen Weißen Hai in der Mittelmeerregion gesichtet. „Wir waren aus dem Häuschen“, sagt einer der beiden Leiter der Expedition, der Zoologe und Naturfilmemacher Fernando López-Mirones, am Freitag im Telefoninterview. Das mächtige Tier soll nach Angaben des Meeresforschungszentrums Alnitak fünf Meter lang sein.
Bei den sozialen Netzwerken ließen die Reaktionen in Spanien und auch in Deutschland nicht auf sich warten. „Damit wäre dann Mallorca von der Liste meiner Reiseziele gestrichen“, kommentiert ein User die Nachricht. Experten weisen jedoch alle Befürchtungen von Badegästen vehement zurück. So auch López-Mirones: „Zu Attacken auf Menschen kommt es äußerst selten, etwa dann, wenn ein Hai seine Beute verwechselt und Surfer auf Brettern für Robben hält.“In dieselbe Kerbe schlägt Antoni Grau, Leiter der Fischereidirektion der Balearen: „Haie nähern sich nicht dem Strand. Wenn sie das tun, dann nur, weil sie krank sind. Dann greifen sie auch nicht an.“
Der Weiße Hai ist der größte Raubfisch der Meere. Seine fettreiche Lieblingsspeise sind Seelöwen, Seehunde oder Seeelefanten. Trophäenjäger haben die Bestände allerdings gewaltig dezimiert. Weiße Haie verfügen über einen ausgezeichneten Geruchssinn und können auf kurze Distanz 60 km/h schnell durchs Meer schwimmen. Sie haben bis zu 7,5 Zentimeter große Zähne und gelten als perfekte Räuber. Sie erreichen eine Länge von bis zu sechs Metern.
Erst vor wenigen Wochen, im Mai, hatte ein anderes Tier auf Mallorca für Wirbel gesorgt. Wegen der hochgiftigen Quallenart Portugiesische Galeere wurde nahe der Inselhauptstadt Palma sogar kurzzeitig Badeverbot verhängt. Doch die Qualle war schnell vergessen. Die mallorquinischen Behörden betonen nun, dass der Hai eine noch geringere Gefahr darstelle. Zumal das Tier rund acht Seemeilen, knapp 15 Kilometer, südlich der kleinen Balearen-Insel Cabrera entdeckt wurde. Die Entfernung vom Sichtungsort zur Südküste Mallorcas beträgt rund 35 Kilometer.
Während einige Badegäste trotzdem zittern, jubeln die Umweltschützer. „Das ist eine tolle Nachricht, ein Hoffnungsstrahl für das Mittelmeer“, sagt Grau. Es bedeute nämlich, dass die Haie im Meer vor den Balearen wieder Nahrung finden: Roter Thunfisch, Meeresschildkröten und vielleicht sogar die vom Aussterben stark bedrohte Mittelmeer-Mönchsrobbe.
Man wisse, dass es vor 60 oder 70 Jahren im Wasser um die Balearen „sehr, sehr viele dieser Tiere gegeben habe“, erläutert Grau. Nach Beginn der Industriefischerei seien sie aber irgendwann völlig verschwunden. Dabei seien Haie „unerlässlich“für das ökologische Gleichgewicht im Mittelmeer. Die Situation sei dank der Fischereigesetze der EU im Mittelmeer besser geworden.
Auch bei Expeditionsleiter LópezMirones herrscht Begeisterung vor, nicht nur wegen des Weißen Hais. „Wir hatten bei unserer letzten Expedition in der Region vor rund drei Jahren schon festgestellt, dass sich die Wasserfauna erholt hatte. Aber was wir diesmal gesehen haben, ist unglaublich. Überall Rochen, Rote Thunfische.“