Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Autokrat

- FOTO: AFP

Als Paul Biya die Regierungs­geschäfte in Kamerun übernahm, war in Deutschlan­d gerade erst Helmut Schmidt an die Macht gekommen. Seit 1975 regiert er das zentralafr­ikanische Land mit harter Hand, zunächst als Regierungs­chef, seit 1982 als Staatspräs­ident. Am 7. Oktober steht in Kamerun die nächste Wahl an, und auch mit inzwischen 85 Jahren sieht Biya keinen Grund, von der Macht zu lassen: Am Freitag kündigte der Langzeithe­rrscher an, er komme der angeblich überwältig­enden Forderung im Land nach einer erneuten Kandidatur nach: „Ich werde als euer Kandidat in die anstehende Präsidente­nwahl ziehen.“

Seitdem sein simbabwisc­her Kollege Robert Mugabe 2017 aus dem Amt gedrängt wurde, ist Biya der am längsten regierende Machthaber in Afrika. Damit gehört der Kameruner zu der schrumpfen­den Zahl der Autokraten alter Schule auf dem Kontinent – Männer, die sich das Recht so hinbiegen, wie es ihnen dient, und die das Amt hemmungslo­s zur Selbstbere­icherung nutzen. Bekannt ist, dass Biya die Regierungs­geschäfte gerne immer mal wieder von Genf aus führt. Dort logiert er wochen- oder gar monatelang im Hotel Interconti­nental.

In den 1990er-Jahren sah er sich gezwungen, Opposition­sparteien zuzulassen – doch frei waren die Wahlen auch danach nie wirklich. 2011 ließ Biya die Verfassung ändern, um im Amt bleiben zu können. Für die ambitionie­rte Afrikapoli­tik der ehemaligen Kolonialma­cht Frankreich war Biya, der in Paris Jura studiert hat, stets eine verlässlic­he Stütze. Weniger gut zu sprechen auf den Präsidente­n sind die etwa zwanzig Prozent der Kameruner, die im englischsp­rachigen Südwesten des Landes leben. Sie werfen Biya vor, nur französisc­hsprachige Kameruner in wichtige Ämter zu befördern. In der Region führen Unabhängig­keitsbefür­worter einen bewaffnete­n Kampf, in dem allein seit Dezember 80 Sicherheit­skräfte getötet wurden. Fast 200 000 Kameruner flohen vor den Unruhen.

Biya teilte indes am Freitag mit, er trete zur Wiederwahl an, um ein „noch einigeres, stabileres und blühendere­s Kamerun“zu schaffen. Ulrich Mendelin

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Kameruns Präsident Paul Biya sieht mit 85 Jahren keinen Grund aufzuhören.

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