Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Biotonne ist nicht gänzlich vom Tisch
Frank Förster vom Abfallwitschaftsbetrieb spricht über Abfallaufkommen im Kreis und die umstrittene Biotonne
Frank Förster vom Abfallwitschaftsbetrieb spricht über den Abfall im Kreis.
KREIS BIBERACH - 118 Kilogramm Hausmüll hat jeder Baden-Württemberger im Jahr 2017 erzeugt – das geht aus der aktuellen Abfallbilanz vor, die Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) kürzlich in Stuttgart vorgestellt hat. In Biberach liegt der Verbrauch pro Kopf bei 148 Kilogramm. Woran das liegt und wie der Landkreis Biberach zur Entsorgung von Bioabfällen steht? Redakteurin Tanja Bosch hat mit Frank Förster, dem Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs, gesprochen.
Herr Förster, laut Abfallbilanz 2017 belegt der Kreis Biberach mit 148 Kilogramm Hausmüll pro Kopf den letzten Platz bei den ländlichen Landkreisen. Wie erklären Sie sich das?
Die 148 Kilogramm setzen sich nicht nur aus Hausmüll, sondern auch aus Sperrmüll, Geschäftsmüll und Bioabfällen zusammen. Das Hausmüll- und Geschäftsmüllaufkommen betrug im vergangenen Jahr 135 Kilogramm pro Einwohner und Jahr, der Sperrmüllanteil lag bei 13 Kilogramm. Ein Vergleich mit anderen Landkreisen ist deshalb nur bedingt möglich, weil je nachdem, wie die Entsorgung von gewerblichen Abfällen organisiert ist, unterschiedliche Mengen an Geschäftsmüll anfallen. Da wir die einzelnen Abfallgefäße nicht wiegen, kennen wir die Verteilung von Hausund Geschäftsmüll bei uns nicht. Erfreulich ist jedoch, dass sich das Aufkommen an Haus-, Geschäfts- und Biomüll im Vergleich zu 2016 um sechs Kilogramm pro Kopf verringert hat. Ich finde, das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Hat das hohe Abfallaufkommen etwas mit dem Bioabfall im Hausmüll zu tun?
Ja. Rechnet man den Bioabfall hinzu, der in vielen Städten, städtischen Kreisen und ländlichen Kreisen Baden-Württembergs separat gesammelt wird, liegt die durchschnittliche pro Jahr und Einwohner gesammelte Abfallmenge bei 188 Kilogramm. Mit unseren 148 Kilogramm liegen wir somit deutlich darunter. Bei den neun vergleichbaren ländlichen Landkreisen liegen wir dann auf dem fünften Platz.
Seit 2015 müssen die Landkreise Bioabfälle vom übrigen Abfall getrennt entsorgen. Biberach ist einer der letzten Kreise, die sich immer noch mit Erfolg dagegen wehren, eine Biotonne einzuführen. Warum?
Wir haben nach Umstellung der Wertstofferfassung im Jahr 2013 wissen wollen, wie gut unsere Sammelsysteme von den Bürgern angenommen werden. Deshalb haben wir zwei Sortieranalysen unseres Hausmülls durchführen lassen und außerdem noch an einer Studie vom Umweltmi- nisterium zur Optimierung unserer Grüngutsammlung und -verwertung teilgenommen. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass wir weit unterdurchschnittlich wenig Bioabfälle und Grüngut in unseren Restmülltonnen haben. Das deutet darauf hin, dass unsere Bürger wohl sehr sorgsam mit Lebensmitteln umgehen und in unserem ländlich strukturierten Landkreis die Bioabfälle noch in großem Umfang selber kompostieren. Die Einführung einer Biotonne wäre unter diesen Umständen wohl mit sehr hohen Kosten verbunden und ökologisch nicht unbedingt von Vorteil. Im Zweifel würden sich durch die weiterhin zulässige Eigenkompostierung viele Bürger von der Biotonne befreien lassen. Das zeigen auch die Beispiele aus anderen Landkreisen. Wir überlegen aber, ob ein Bringsystem eine sinnvolle Alternative zur Biotonne wäre. Einige Landkreise in Deutschland haben so etwas eingeführt.
Wann könnte dieses Bringsystem eingeführt werden und wie soll es aussehen?
Bei einem Bringsystem können die Bürger die Bioabfälle zum Wertstoffhof oder zu den Grüngutsammelstellen bringen und dort wie Grüngut abgeben. Dazu sind aber noch nicht alle Fragen geklärt. Und auch die Biotonne ist nicht gänzlich vom Tisch.
Wie sollten sich die Bürger jetzt in Bezug auf Bioabfälle verhalten?
Am besten ist es, nur die Lebensmittel einzukaufen die auch tatsächlich verbraucht werden. Pflanzliche Küchenabfälle wie zum Beispiel Obstund Gemüseschalen, die übrigbleiben, sollten möglichst kompostiert und im eigenen Garten verwertet werden. Wie das genau geht, kann man auch in unserer Kompostfibel im Internet nachlesen. Bioabfälle tierischen Ursprungs hingegen gehören in die Restmülltonne, um keine Tiere anzulocken. Nur wer nicht kompos- tieren kann, sollte seine Bioabfälle bis auf Weiteres noch in die Restmülltonne werfen. Wie gesagt, wir arbeiten mit Hochdruck an einer ökologischen und bürgerfreundlichen Lösung.
Wie hoch war das Abfallaufkommen pro Kopf, bevor das Duale System – also der Gelbe Sack und die Papiertonne – eingeführt wurde?
Das Hausmüllaufkommen lag vor der Einführung des Gelben Sackes bei circa 140 Kilogramm pro Einwohner und Jahr.
Verbuchen Sie das Duale System als Erfolg?
Grundsätzlich Ja, denn es hat die Produzenten und Vertreiber von Verpackungen in die Produkthaftung genommen. Sie müssen für die Einsammlung und Verwertung ihrer Verpackungen aufkommen. Trotzdem müssen wir Schritt für Schritt wegkommen von der Wegwerfgesellschaft, die wir leider immer noch sind. Je weniger Abfall wir produzieren, umso besser. Ich glaube, die gelbe Tonne wird aber kommen.
Ein großes Problem sind beispielsweise auch die vielen To-Go-Becher, die täglich über die Ladentheken gehen? Gibt es Lösungen, wie dieser Müll vermieden werden könnte?
Viele Cafés, Bäckereien und Tankstellen bieten bereits Kauf- oder Pfandbecher an. Der Kunde kann seinen eigenen Becher wieder befüllen lassen oder einen Pfandbecher benutzen. Wir würden ein flächendeckendes Angebot von Pfandbechern sehr begrüßen und sind dazu mit den Verkaufsstellen im Landkreis Biberach im Gespräch. Wir sind optimistisch, dass zukünftig viele mitmachen werden. Und wenn die Kunden verstärkt danach fragen, wird sich der Mehrwegbecher sicher durchsetzen.