Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Papst bittet in Irland um Vergebung
Franziskus bittet um Vergebung – Kritiker sind enttäuscht und vermissen konkrete Verbesserungen
ROM/DUBLIN (epd) - Papst Franziskus hat am Sonntag zum Abschluss seiner Irlandreise um Vergebung für sexuellen Missbrauch durch Geistliche sowie die Vertuschung der Übergriffe gebeten. Gleichzeitig forderte er bei der Abschlussmesse des Weltfamilientreffens in Dublin vor Hunderttausenden Gläubigen dazu auf, adoptierte Kinder lediger Mütter, die in kirchlichen Mütterheimen in Irland festgehalten wurden, mit ihren Eltern zusammenzuführen.
In Berichten staatlicher Untersuchungskommissionen war von 14 500 Missbrauchsopfern in der irischen Kirche die Rede. Kritiker halten dem Pontifex vor, seinen Worten bei der Aufarbeitung der Skandale keine Taten folgen zu lassen. Mit acht ausgewählten Opfern hatte sich Papst Franziskus am Samstag getroffen.
DUBLIN (dpa) - Papst Franziskus hat bei einem Besuch in Irland die tausendfachen sexuellen Misshandlungen von Kindern durch katholische Geistliche in dem Land scharf verurteilt. „Ich bitte den Herrn inständig um Vergebung für diese Sünden, für den Skandal und Verrat, den so viele in der Familie Gottes empfinden“, sagte das Kirchenoberhaupt am Sonntag bei einem Besuch im Wallfahrtsort Knock im Westen Irlands. Die Taten seien eine „offene Wunde“, die die Kirche herausforderten, „fest und entschlossen die Wahrheit und die Gerechtigkeit zu suchen“.
Irland gehört zu den Staaten, in denen Priester und Ordensschwestern massiv Kinder und Frauen missbrauchten und misshandelten. Kritiker halten dem Pontifex jedoch vor, seinen Worten keine Taten folgen zu lassen. Mit acht ausgewählten Opfern hatte sich Franziskus am Samstag getroffen. Unter ihnen war Marie Collins, die zu den prominentesten Missbrauchs-Überlebenden zählt. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur kritisierte sie anschließend, dass der Papst keine zusätzlichen Strukturen aufbauen wolle, um die systematische Vertuschung von Missbrauchstaten aufzuarbeiten. „Ich bin enttäuscht über die Weigerung, mehr Rechenschaftsstruktur einzuführen und eine robustere, unabhängigere Struktur“, sagte Collins. Positiv sei aber gewesen, dass Franziskus die Vertuschung eindeutig benannt habe. Das werde es in Zukunft schwerer machen, die Vorgänge zu leugnen.
Die Vorfälle in Irland sind nur Teil eines weltweiten Problems, mit dem die katholische Kirche zu kämpfen hat. Für Aufsehen gesorgt hatten Mitte August erschütternde Ermittlungsergebnisse in den USA. Laut Staatsanwaltschaft haben sich mehr als 300 katholische Priester im Bundesstaat Pennsylvania in den vergangenen 70 Jahren an Tausenden Kindern vergangen.
Der eigentliche Anlass von Franziskus’ Reise nach Irland war das Weltfamilientreffen, das wie der Papstbesuch am Sonntag zu Ende ging. Zum Abschluss feierte der Pontifex am Nachmittag eine Messe unter freiem Himmel mit Hunderttausenden Gläubigen. Zeitgleich fanden auch Mahnwachen für die Opfer von Missbrauch statt.
Aufforderung zum Rücktritt
Am Sonntag ereilten Franziskus selbst Vorwürfe, wonach er Missbrauch vertuscht haben soll. Der ehemalige Botschafter des Vatikans in Washington, Carlo Maria Vigano, behauptete in einem Schreiben, Franziskus habe schon länger von gravierenden Vorwürfen gegen den kürzlich abgetretenen US-Kardinal Theodore McCarrick gewusst und diesen trotzdem protegiert. In dem Schreiben fordert Vigano Franziskus zum Rücktritt auf. Der Vatikan wollte die Vorwürfe nicht kommentieren.