Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ein Verfassungsschutzchef auf Bewährung
Bundesinnenminister Horst Seehofer stellt sich trotz der umstrittenen Aussagen hinter Hans-Georg Maaßen
BERLIN - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sieht keinen Grund für einen Rücktritt seines Verfassungsschutz-Präsidenten HansGeorg Maaßen. ,Das sagte er nach Angaben von Teilnehmern einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestags am Mittwoch in Berlin.
Auch Union und FDP wollten an Maaßen festhalten. SPD, Linke und Grüne dagegen forderten wegen der umstrittenen Äußerungen zu Chemnitz seine Entlassung. Das Parlamentarische Kontrollgremium, in dem Maaßen zuerst gut zwei Stunden befragt worden war, konnte sich nicht auf eine gemeinsame Linie im Fall Maaßen verständigen. Die Geheimdienstkontrolleure von Union und FDP sprachen ihm ihr Vertrauen aus. Danach lag die Entscheidung bei Bundesinnenminister Seehofer.
Aus seiner Sicht habe Maaßen überzeugend dargelegt, dass seine Absicht war, angesichts der drohenden Zuspitzung in Chemnitz für eine Lageberuhigung zu sorgen, erklärte der Chef des Kontrollausschusses, CDU-Innenexperte Armin Schuster. Dies sei nicht zu kritisieren. Die umstrittenen Interviewäußerungen Maaßens kritisiere er dagegen nach wie vor. Rücktrittsforderungen halte er jedoch „für nicht verhältnismäßig“. Die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), erklärte, sie habe „nach wie vor volles Vertrauen in den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz“. Dagegen sahen Vertreter von SPD, Linken und Grünen noch weiteren Aufklärungsbedarf und einen Vertrauensverlust. Am Abend dann standen Maaßen und auch Bundesinnenminister Seehofer im Innenausschuss des Bundestages Rede und Antwort.
Um 18.30 Uhr begann in Saal 2300 im Paul-Löbe-Haus des Bundestages das Kreuzverhör. Seit Tagen wurde der Auftritt in Berlin mit Spannung erwartet. In der Sitzung selbst gibt sich Maaßen dann reumütig, glaubt man den Berichten von Teilnehmern – jedenfalls ein wenig. Er fühle sich falsch verstanden und sei vom Echo auf das „Bild“-Interview sehr überrascht gewesen, heißt es da. Inhaltlich stehe er zwar zu den Zitaten, aber „die ein oder andere Wendung würde ich heute anders formulieren“und „vielleicht auch weglassen“.
Hans-Georg Maaßen begründet seine Interviewäußerungen vor allem damit, dass die Öffentlichkeit von dem umstrittenen Video getäuscht und von dem Gewaltverbrechen in Chemnitz abgelenkt werden sollte.
Am 26. August war in der sächsischen Stadt ein 35-jähriger Deutscher erstochen worden. Als mutmaßliche Täter gelten drei Asylbewerber, von denen zwei gefasst wurden und in Haft sitzen. Nach der Tat hatte es Proteste und Ausschreitungen in Chemnitz gegeben. Dabei war es auch zu Übergriffen und Gewalt gegen Ausländer gekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Vorgänge verurteilt und von „Hetzjagden“gesprochen. Maaßen hatte bezweifelt, dass es zu Hetzjagden gekommen war und die Echtheit eines Videos in Frage gestellt, das den Angriff zeigt.