Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Eine Liebesgeschichte, andersherum
„Die defekte Katze“– Zwei Menschen lernen sich erst nach der Heirat kennen
Kennenlernen, verlieben – so läuft es wohl bei den meisten Paaren, bevor sie sich zum Heiraten entschließen. Kian und Mina machen es in dem Film „Die defekte Katze“anders.
Der junge Mediziner Kian (Hadi Khanjanpour) macht Karriere. Er stammt aus Iran, ist in Deutschland aufgewachsen. Kian ist auf der Suche nach einer Frau, doch mit seinen Dates hat der junge Mann keinen Erfolg. Ähnlich ergeht es Mina (Pegah Ferydoni, „Türkisch für Anfänger“), die in Iran lebt und ebenfalls endlich heiraten will. Über eine arrangierte Ehe finden die beiden zusammen. Minahat Elektrotechnik studiert, einen Job findet sie in Deutschland nicht. Um tagsüber Gesellschaft zu haben, besorgt sie sich eine Katze, die sich auffällig verhält und wohl das Auf und Ab in der Beziehung symbolisieren soll. Kian mag keine Katzen, ihm ist das merkwürdige Tier unheimlich.
„Die defekte Katze“von Susan Gordanshekan (Drehbuch und Regie) erzählt eine Liebesgeschichte in umgekehrter Reihenfolge: Kian und Mina sind schon verheiratet, kennen sich aber kaum. Der Film erzählt, wie die beiden versuchen, sich einander zu nähern und wie schwierig das ist.
In der ersten gemeinsamen Nacht in ihrer Wohnung sieht sich das Ehepaar ein Video seiner Hochzeit an, gleichzeitig genieren sich beide, als sie sich einen Schlafanzug anziehen. Der Film beobachtet einfühlsam mit ruhigen Bildern, hat dadurch aber auch gewisse Längen.
Kian reagiert wie ein eifersüchtiger Macho, als er Mina mit Lars (Constantin von Jascheroff ) beim vermeintlichen Fremdgehen erwischt. Er sperrt Mina im Schlafzimmer ein. Die fühlt sich erniedrigt, zudem vermisst sie ihre iranischen Freundinnen. Kian will zwar eine selbstständige Frau, scheint aber Minas Lebenshunger nicht zu verstehen. Er selbst verhält sich eher angepasst, will es allen recht machen und ist überfordert. Druck kommt auch von der Familie, die auf Enkelkinder wartet, und von Kians Chef, der ihm einen Fehler vorwirft.
„Alle Beziehungen stehen irgendwann vor ähnlichen Herausforderungen, unabhängig davon, wie sie entstanden sind. Auch der romantischen Liebe geht eine (…) Idealvorstellung voraus. Diese Idealvorstellung loszulassen eröffnet die Chance, sich auf einen anderen Menschen mit all seinen Schwächen und Eigenarten einzulassen“, sagte die Regisseurin zu ihrem Spielfilm-Debüt. So endet der Film und die Geschichte von Kian und Mina beginnt. (dpa)
Die defekte Katze. Regie: Susan Gordanshekan. Mit Pegah Ferydoni, Henrike von Kuick, Constantin von Jascheroff. Deutschland 2018. 93 Minuten. FSK ab 6.