Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs
In Bad Urach und Münsingen erklingen Requiem von Fauré sowie Teile aus „Ein deutsches Requiem“von Brahms
MÜNSINGEN (sz) - Vor 100 Jahren endete der Ersten Weltkrieg. Anlässlich dieses besonderen Datums veranstalten die evangelischen Kantorate Bad Urach und Münsingen zwei Gedenkkonzerte. Es erklingen das Requiem von Gabriel Fauré und Teile aus dem „Deutschen Requiem“von Johannes Brahms. Die Konzerte finden am Samstag, 20. Oktober, um 20 Uhr in der Amanduskirche Bad Urach sowie am Sonntag, 21. Oktober, um 19 Uhr in der Martinskirche Münsingen statt.
Die Idee zum Gedenkkonzert kam Kantor Stefan Lust 2016 bei einem Besuch der Gedenkstätte „Musée mémorial du Linge“in den Vogesen. Am Lingekopf, französisch Collet du Linge, einem Bergzug in den Vogesen, fanden im Jahr 1915 kurze aber heftige Kämpfe zwischen deutschen und französischen Truppen statt, an deren Ende 17 000 Gefallene zu beklagen waren. 1981 wurde das damalige Kampfgebiet zugänglich gemacht, indem Bäume gefällt, die zusammengestürzten Schützengräben wieder ausgegraben sowie die Bunker freigelegt wurden. Die vordersten Schützengräben liegen nur zehn Meter auseinander. Und ein Stichgraben, den die Franzosen in Richtung der deutschen Stellung gegraben haben, endet genau einen Meter vor dem deutschen Graben.
„Am Lingekopf kann man die Radikalität und Grausamkeit der Kämpfe des Ersten Weltkriegs erahnen. Der Anblick dieser Schützengräben und die Vorstellung, dass die gegnerischen Soldaten nur wenige Meter gegenüber lagen und mit allen Mitteln versuchten, sich gegenseitig zu töten, hat mich wirklich erschüttert“, berichtet Stefan Lust, Kirchenmusiker an der Martinskirche Münsingen. Der Erste Weltkrieg, an dem sich insgesamt 40 Nationen beteiligten, forderte über 17 Millionen Tote. Am Beginn des 20. Jahrhunderts stand also eine noch nie dagewesene Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes.
Ob Gabriel Fauré (1845-1924) und Johannes Brahms (1833-1897) damit einverstanden gewesen wären, dass ihre Musik im selben Konzert erklingt, lässt sich nicht erahnen. Zu Lebzeiten der beiden Komponisten standen beide Nationen unversöhnlich gegenüber, vom Gegner als Erbfeind bezeichnet. Trotzdem sollen diese beiden so unterschiedlichen Requiemvertonungen – Brahms' Werk nur in Auszügen – gemeinsam im Konzert erklingen, zum Gedenken an die Millionen Toten und als Mahnung, dass es aller Anstrengungen bedarf, um Frieden zu schaffen und zu erhalten.
Es musizieren die Kantoreien der Amanduskirche Bad Urach und der Martinskirche Münsingen, begleitet vom Orchester der Martinskirche Münsingen. Die Vokalsolisten sind Uta Scheytt-Mittelbach (Sopran) und Stefan Lust (Bariton). Den Orgelpart übernimmt Kantor Armin Schidel (Bad Urach) und die Leitung teilen sich Kirchenmusikerin im Praktikum Regina Böpple und Kantor Stefan Lust (beide Münsingen).