Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Geschichte der Verkehrswege über die Alb
Ulrich Widmann, fleißiger Riedlinger Geschichtsforscher informierte im Konventbau
ZWIEFALTEN - Gut 20 interessierte Zuhörer haben am Freitagabend einen mit unzähligen Details gespickten Vortrag des Riedlinger Lokalhistorikers Ulrich Widmann erlebt. Sein Thema war die Geschichte der Verkehrswege über die Alb. Von der Frühgeschichte bis in Spätmittelalter, von Syrien und Barcelona, wie auch von Lübeck und London erfuhren die Besucher eine Fülle von interessanten Details über Klöster, Städte, Könige, Grafen und Menschen.
Fernstraßen waren schon in der Frühgeschichte wichtige Handelswege. Beim Bau des Limes (Grenzwall an den Außengrenzen des Römischen Reiches) wurden tatsächlich Erdbewegungen mit Einschnitten und Dämmen vorgenommen. Taleinschnitte in Richtung eines Gebirges wurden genutzt, Zwangspunkte und Flussübergänge wurden verwendet und – wo es sich anbot – oft kilometerlange gerade und befestigte Teilstücke gebaut.
Wegekarten waren schon in der Frühgeschichte üblich. Alte Karten verraten viele Weg- und Straßenläufe. Wo sie nicht mehr zu erkennen sind, zeigen Flur- und Ortsnamen, aber auch Wegbezeichnungen ehemalige Besiedlungen und Zweckverbindungen.
Die Begriffe Heerstraße, Hohe Straße oder Königsstraße deuten auf Zusammenhänge der Straßen in Politik, Recht und Wirtschaft hin. Straßen waren immer „königlich“und „öffentliche Rechtswege“, die auch später für eine „Vereinheitlichung des Rechts“genutzt wurden. In alten Urkunden wird oft eine „sichtbare Übergabe an offener Königsstraße“aufgeführt zum Zeichen dafür, dass hier ein „amtlicher Vorgang“dokumentiert wurde.
Eine besondere Bedeutung in der Dokumentation von Rechtsvorgängen hatten die Klöster. Dort wurden viele Akten und Vorgänge auf Papier oder Pergament festgehalten und sind für die Nachwelt erhalten geblieben. Klöster waren nicht nur Orte der Frömmigkeit, sondern auch wesentliche Elemente in politischen und wirtschaftlichen Geflechten. Sie gelten bis heute vielfach als „Mustergüter“, waren Bildungszentren, hatten aber keine Waffen und waren wichtig für den Landesausbau.
Auch die Städte waren für Wirtschaft und Verkehr wichtige Innovationszentren. Städte und Klöster brauchten einander und waren aufeinander angewiesen. Beide hatten gute Markt- und Handelschancen. Und doch gab es zwischen ihnen ständig Konflikte – unter anderem deshalb, weil die Klöster sich nicht an den städtischen Pflichten beteiligten.
Straßennetz von Nord nach Süd
Seit den Kreuzzügen (11. bis 13. Jahrhundert) sind die Wirtschaftsverbindungen in Deutschland von Nord nach Süd eingeteilt. In einem historischen Atlas von Baden-Württemberg sind bereits die wichtigsten Albaufstiege enthalten. Eine der ersten Handelsverbindungen führte über Riedlingen - Zwiefalten - Hayingen Lautertal - Münsingen - Bad Urach ins Neckartal und dann weiter nach Norden. Die aktuelle vielbefahrene Verbindung über die Bundesstraße 312 wurde erst zu einem viel späteren Zeitpunkt realisiert.
Bei einer Rundfahrt über ehemals wichtige Verkehrsverbindungen von der Donau auf die Schwäbische Alb entdeckte Ulrich Widmann mit geübtem Auge am Rande des Kohlwaldweges (Friedinger Tal in Richtung Ohnhülben) die Pflanze Färberwaid, später wurden auch an anderen Stellen – aber immer an alten Handelsstraßen – Färberwaid gefunden.
Es handelt sich um eine mehrjährige Pflanze aus der Familie der Kreuzblütengewächse. Diese Pflanze wurde bereits vor vielen Jahrhunderten in Europa als Färbepflanze kultiviert. Aus dem Färberwaid wurde in Deutschland Indigo (tiefblaue Farbe) gewonnen und besonders für das Färben von Leinen verwandt. Möglicherweise ging ein Sack mit Samen auf dem Weg in eine Leinenweberei verloren und hat sich örtlich weiter vermehrt.
Heute ist der Färberwaid eine verwilderte Pflanze; sie wächst an Felsen, an Hängen und in Unkrautkorridoren.