Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ein Spiel nur für Trainer
Partie Augsburg gegen Leipzig verursacht Nackenschmerzen – XXL-Videobeweis und Retroaspekt als Glanzpunkte
AUGSBURG - Michael Gregoritsch ist ein Kicker der klaren Worte. Wenn der österreichische Stürmer des FC Augsburg ansetzt, ist Unterhaltung meist garantiert. Und so ist seinen Worten auch nach dem 0:0 gegen RB Leipzig nicht viel hinzuzufügen, wenn er sagt: „Das war heute von 22 Mann einfach nur schlecht. Wenn der Rahmen nicht gewesen wäre, wäre es gar nichts gewesen, und man hätte darüber gar nicht schreiben müssen.“Mit diesem Drumherum meinte der 24-Jährige den durch den FC Augsburg ausgerufenen Retro-spieltag. Alles war anlässlich des 111. Jahrestages des ersten Spiels des FCA-Vorgängervereins FC Alemannia am 20. Oktober 1907 auf Retro getrimmt. Im Oldtimer-Bus reiste die Mannschaft zum Stadion. In Retro-trikots liefen die FCA-Profis auf. Choreo, Musik – alles war dem Motto entsprechend. Nur die spielentscheidende Szene wollte irgendwie so gar nicht dazu passen.
„Dass uns am Retrospieltag der Videoassistent hilft, einen Punkt hier zu behalten, ist interessant“, sinnierte Baum nach dem zähen Untentschieden. Doch hatte es dieser XXLVideobeweis durchaus in sich. Eine für ein Fußballspiel gefühlte Ewigkeit von mehr als vier Minuten dauerte es, bis Schiedsrichter Tobias Welz und die Kölner Videoassistenten ermittelt hatten, dass bei dem Angriff, der mit einem Elfmeterpfiff endete, Leipzigs Youssuf Poulsen bei einem Zuspiel vor dem Foul von FCA-Verteidiger Jeffrey Gouweleeuw an Timo Werner im Abseits stand. Zwischendrin wurde die Entscheidung zudem korrigiert und dann doch wieder angezeigt, bevor es einfach weiterging.
„Die Kollegen in Köln haben das akribisch gemacht. Wichtig ist, dass das Spiel nicht durch eine übersehene Abseitsstellung entschieden wurde“, sagte Schiedsrichter Welz. „Wir sind am Ende froh. Sicherheit geht vor Schnelligkeit.“
Wenigstens die Trikots erfreuen
Ralf Rangnick sah das etwas differenzierter: „Ich bin unter dem Strich ein absoluter Befürworter, aber die sitzen mit zwei Mann im Keller, da kann man auch mal vorher drauf kommen, dass man sich noch eine zweite Szene ansehen möchte. Irgendwann dauert's sechs Minuten. Dann können die Spieler noch mal zum Warm-up in die Kabine gehen“, frotzelte der RBCoach, der zuvor ein „intensives Spiel gesehen hatte“, „eines der besseren Unentschieden“, schob dann aber auch nach: „obwohl man das als Trainer wahrscheinlich anders sieht als die Zuschauer.“
Dass sich sein FCA-Kollege Manuel Baum über „die gute Defensivleistung“seiner Mannschaft freute, war ebenso sinnbildlich für das Spiel.
Womit wir wieder bei Gregoritsch wären, der das heftige Gerumpel auf dem Platz – kurz: Rennen, Körperkontakt, Foul, Unterbrechung – ähnlich wie Leipzigs Diego Demme („Ich bin froh, dass es vorbei ist“) weiterhin am liebsten direkt wieder vergessen hätte. Die sonst ein Offensivfeuerwerk abbrennenden Teams neutralisierten sich eher mit ihrem intensiven Pressingstil. „Die wissen, dass wir sie auffressen, wenn sie in die Mitte reinspielen, und sie wissen, dass wir es umgekehrt genauso machen“, so Gregoritsch. Alle Akteure müssten eigentlich über „Nackenschmerzen“klagen. Denn stattdessen gab es eine Vielzahl von hohen Bällen, die hin- und herflogen. „Man könnte noch 15 Mal sagen, dass es heute schlecht war, aber dafür waren die Retrotrikots Weltklasse und die ganze Aktion total geil gemacht.“