Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tettnanger arbeiten an LED-Revolution
Der Leuchtenhersteller LTS verbaut eine Leuchtdiode, die natürliches Licht imitiert
- LED-Lampen sind besonders effizient und günstig. Doch zu viel LED-Licht stiftet im menschlichen Körper Verwirrung. Der Leuchtenhersteller LTS aus Tettnang will mit einer neuen Technik Abhilfe schaffen. Ein Leuchtmittel, das gesünder leuchten soll – doch noch ist das ein Produkt für Liebhaber.
Über Jahre hinweg sind Leuchtdioden (LED) auf Einsparung getrimmt worden. Mit dem Glühlampenverbot in der Europäischen Union 2009 hat dieser Trend zugenommen, der LED-Markt wächst. „Die Entwicklung ging erst einmal auf Effizienz, die Qualität war zweitrangig“, sagt Maren Breitenberger, die bei LTS im Bereich Wissensvermittlung arbeitet. Bei der Effizienz, dem Verhältnis von Energie zu Licht, sei eine LED inzwischen bei 150 Lumen pro Watt angelangt, rechnet sie vor – mehr geht nicht so einfach. Zum Vergleich: Eine Glühlampe hat etwa zehn Lumen pro Watt. Lichtqualität bedeutet, dass das Lichtspektrum, das ist der Bereich, der das sichtbare Licht in Farben unterteilt, möglichst nah an dem ist, was auch das Sonnenlicht ist. „Der Mensch ist evolutionsbiologisch an natürliches Sonnenlicht gewöhnt“, sagt Ewald Steinel, Produktverantwortlicher von LTS.
Doch das Problem mit auf Effizienz getrimmten LEDs ist, dass deren blauer Farbanteil zu hoch ist. Bei einer Glühlampe ist das Ganze noch recht einfach. Ein elektrischer Leiter wird zum Leuchten gebracht und das Licht der Lampe ist dem Sonnenlicht sehr ähnlich. Bei einer LED ist das anders, hier wird ein Halbleiterkristall mit Strom versorgt und dadurch zum Leuchten gebracht. Meist wird ein blaues Grundlicht mit einer darüberliegenden Phosphorschicht genutzt, um weißes Licht herzustellen.
Blau stört die innere Uhr
Das Problem ist, dass das Licht dann keineswegs „weiß“ist, sondern einen hohen Blauanteil hat, der für das menschliche Auge nicht sichtbar ist. Jörg Baumgart ist Professor für Tech–nische Optik an der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Er sagt, das Problem von blauem Licht liegt im Auge selbst. „Dort gibt es einen Empfänger, der die innere Uhr steuert.“Blaues Licht sorgt im Körper dafür, dass Dopamin ausgeschüttet wird, das den Körper wachhält. Nach der Arbeit am PC-Bildschirm schlafen zu gehen, sei allein schon wegen des Lichts schwierig, sagt er. Manche Forscher sprechen von einer Gesundheitsgefährdung, die mit blauem Licht einhergeht. Doch während diese Ergebnisse diskutiert werden, ist sich die Wissenschaft in einem Punkt einig: Licht wirkt sich auf die Leistungsfähigkeit eines Menschen aus.
Ein Schritt hin zum perfekten Licht hat das Unternehmen mit der LED-Technik „MinusBlue“gemacht. In Asien entwickelt und im März von LTS in Deutschland eingeführt, nutzt MinusBlue eine besondere technische Grundlage für die Lichterzeugung und schafft LED-Licht ohne Blau-Spitzen. Es ist dem Sonnenlicht-Spektrum näher als herkömliche LED, sagt Maren Breitenberger. Jörg Baumgart, Professor für Technische Optik, hält solch eine Entwicklung für sinnvoll. Alles was dem Tageslicht, beziehungsweise der Glühlampe näher komme, sei erstrebenswert. „Die Glühlampe war für Menschen gar nicht so schlecht“, sagt er.
Die Sonne als Vorbild
Die neue LED geht zwar auf die Effizienz, die Technik hat etwa einen Wirkungsgrad von 100 Lumen pro Watt, aber die Qualität des Lichts sei deutlich höher, sagt Breitenberger. In Tettnang werden die neuartigen LEDs in Lampen und Leuchten verbaut. Etwa acht Prozent sind diese teurer als herkömmliche LEDs. Noch ist das Produkt nicht am Massenmarkt etabliert und wird ganz bewusst gekauft. Der Schuhproduzent Garbor aus Mindelheim hat kürzlich einen Verkaufsraum mit den neuen LEDs ausstatten lassen, so LTS.
Die Firma hofft die Produkte in den Bereichen Einzelhandel, Gastgewerbe und Bürounternehmen verkaufen zu können, weil „die Anforderungen an eine immer stärker werdende Verknüpfung von Arbeitsund Lebenswelten steigen“, sagt Michael Cappello, Sprecher der Geschäftsführung von LTS. Die MinusBlue-LEDs sollen deshalb möglichst im gesamten Produktportfolio zur Verfügung stehen.
Bei LEDs gibt es viel Aufklärungsbedarf, findet Maren Breitenberger, es komme schlicht auf die Qualität an – und spiele da eine Rolle, „wo Menschen sich aufhalten“, so Moeller. Michael Capello egänzt: „Wir leben in einer Zeit, in der es wichtig ist, zu beweisen, dass nachhaltige Produkte nicht im Gegensatz zu wirtschaftlichem Erfolg stehen.“
Bei LTS arbeiten die Produtkentwickler bereits an der Weiterentwicklung, sagt Ewald Steinel. Die nächste Generation LED-Leuchten soll nämlich so gesteuert werden, dass sich das künstliche Licht so verändert, wie sich Sonnenlicht im Verlauf eines Tages ändert. Der nächste Schritt zum perfekten Tageslicht steht somit schon fest.