Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Hertha nimmt Fans die Banner weg
Clubverantwortliche fürchten neue Eskalation gegen Leipzig – und bestraft ganze Kurve
BERLIN (SID) - Die Vorkomnisse von Dortmund am letzten Spieltag, als Anhänger von Hertha BSC sich wilde Raufereien mit der Polizei leistete, hat Hertha BSC noch nicht aufgearbeitet, da wartet schon das nächste Hochsicherheitsspiel.
Für die Partie am Samstag (18.30/ Sky) gegen den bei vielen Berliner Fans verhassten Rivalen RB Leipzig im Olympiastadion hat die HerthaFührung nun die Daumenschrauben für die Anhänger noch enger gestellt. „Der Fußball soll im Fokus stehen“, sagte Hertha-Manager Michael Preetz, „das sollte auf und außerhalb des Platzes unter der Überschrift ,Fair-Play’ stattfinden und idealerweise eine Bewerbung für guten Fußball in der Bundesliga sein.“Angesichts der jüngsten Verfehlungen der Fans klang das zunächst wie ein Appell, wie es ihn schon häufig gegeben hatte. Bis Hertha am Donnerstag nach einer Sicherheitsbesprechung eine Mitteilung herausgab.
Verein auf Konfrontationskurs zu den Fans
Bis auf Weiteres ist das „Einbringen von Bannern, Spruchbändern, Blockfahnen und Doppelhaltern“ins Olympiastadion ab sofort untersagt. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen gelten sowohl für die Heimals auch Auswärtsbereiche. Hertha nimmt Fans die Fahnen weg. Der Verein geht damit auf Konfrontationskurs zu den eigenen Fans – auch zu denen, die mit Pyrotechnik oder gar Gewalt nichts am Hut haben. Die Auseinandersetzung zwischen Tribüne und Verein erreicht somit eine neue Stufe.
Die Clubverantwortlichen fühlten sich nach den Tumulten von Dortmund offenbar unter Zugzwang.
„Auch ein möglicherweise unverhältnismäßiger Einsatz rechtfertigt keine Gewalt“, sagte Preetz. In Dortmund war die Situation eskaliert, nachdem zuvor zündelnde HerthaFans mit extremer Gewalt reagiert hatten, als ihnen eine als Sichtschutz dienende Blockfahne von der Polizei entrissen wurde. Eine Provokation für die Anhänger. Bei den Ausschreitungen waren 50 Personen (fünf Beamte, 45 Berliner Fans) verletzt worden. Die Aufarbeitung dauert an.
„Was soll ich meinem kleinen Jungen sagen, wenn ich den in die Schule schicke und der wird da gepiesackt. Was sage ich dem dann? Die Lösung ist mit Sicherheit nicht Gewalt“, sagte Preetz.
Auf der anderen Seite stellen die neuen Maßnahmen einen neuen Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Hertha und den Fans dar. Preetz: „Im Dialog mit unseren Fans sind wir seit eh und je. Mindestens mit denen, die mit uns reden wollen.“Eingerissen ist der Kontakt, da die Internationalisierungsstrategie des MarketingChefs Paul Keuter vor allem von Hertha-Traditionalisten abgelehnt wird.
Neue Einlauflieder, Imagekampagnen – all das stieß der Ostkurve sauer auf. Auf Fanseiten wird nach der neuesten Direktive vom „falschen Weg“gesprochen. Wie die Fanszene auf das Verbot reagiert, wird interessant zu beobachten sein. Ein Stimmungsboykott steht im Raum.