Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wundersame Reise durch die Märchenwelt
Märchen als Türöffner und Wegweiser in der Hospizarbeit
RIEDLINGEN/UTTENWEILER (sz) Die Hospizgruppe Riedlingen-Uttenweiler hat einen Fortbildungstag im Kloster Untermarchtal absolviert. Christa Schwendele, Leiterin der Hospizgruppe, war es gelungen, die Erzählkünstlerin Sigrid Maute aus Balingen für diesen Tag zu gewinnen. Die professionelle Erzählkünstlerin nahm die Teilnehmer mit auf eine wundersame Reise durch die Welt der Märchen.
Erzählungen und Hintergrundinformationen zu den Märchen wechselten sich in Sigrid Mautes Vortrag ab und vermittelten den Zuhörern einen tiefen Einblick in Herkunft, Wesen und Bedeutung dieser besonderen Literaturform.
Hier geht es um die uralten Fragen von Gut und Böse, Treue und Ehrlichkeit. Aber auch um die Fragen von Leben und Sterben: Der Tod kommt nicht als Schreckensgestalt, sondern als ein gerechter Begleiter, der jedem ohne Ansehen der Person begegnet.
So waren Märchen Wegweiser und Lebensanleitung in einer Zeit, in der es keine modernen Medien gab – heute würden sie oft durch Spiderman und Harry Potter ersetzt, die durch die Gestaltung schon alle Bilder vorgeben und der Fantasie nur wenig Raum gäben, so Maute.
„Die Grausamkeit, die Erwachsene in die Geschichten hinein interpretieren, nehmen Kinder so nicht wahr“, sagte Maute zu den Märchen. Vielmehr erlebten die kleinen Zuhörer eine ausgleichende Gerechtigkeit in den Geschichten, wenn der Übeltäter zu Fall gebracht werde. Sie identifizierten sich mit der dargestellten guten Hauptfigur und freuten sich an den Helfern, die zum Beispiel dem Dummling oder dem jüngsten Bruder zur Seite stehen und ihn unterstützen, die Prüfungen zu bestehen.
„Märchen sind keine Lügengeschichten für Leichtgläubige, sondern zauberhafte Poesie gegen die Trostlosigkeit des Daseins ohne Wunder“, zitierte Maute den Autor und Märchenfachmann Dr. Heinrich Dickerhoff zitiert. Märchen begleiteten durch die Zeiten vom Kindsein bis zum Tod und „Märchen können Türen öffnen, die lange verschlossen waren“, so eine Erfahrung und ein neuer Aspekt für Pflege und Hospizarbeit. Ältere Menschen fänden im Märchen eigene Fragen und Träume wieder und oft auch eine unbewusste Hilfestellung, um in schwierigen Lebenssituationen Lebensmut zu bewahren. Durch die bilderreiche Sprache nähmen sie für sich heraus, was für sie wichtig sei, ohne dass der Erzähler etwas deuten müsse.
Ein großer Applaus und der Dank der Gruppe machte deutlich, wie sehr die Referentin die Teilnehmer begeistert hatte.