Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die CSU sucht ihre Zukunft
Am kommenden Sonntag beraten führende Politiker der Christsozialen darüber, wie es in der Partei weitergeht
MÜNCHEN - Am kommenden Montag ernennt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Mitglieder seines Kabinetts – danach wird ein Wort von CSU-Chef Horst Seehofer in eigener Sache erwartet. Nach der Vereidigung des Kabinetts „werden Sie dann von mir hören“, hatte Seehofer angekündigt.
Entscheidend dürfte dabei ein Treffen am Sonntag in der CSU-Parteizentrale in München sein. Seehofer konferiert mit den CSU-Bezirksvorsitzenden, den Fraktions- und Landesgruppenvorsitzenden Manfred Weber, Thomas Kreuzer und Alexander Dobrindt sowie Ministerpräsident Söder. Offizielles Gesprächsthema: Die Liste der CSU für die Europawahl im nächsten Jahr. Es soll aber auch darüber diskutiert werden, wie es nach den Verlusten bei der Landtagswahl mit der Partei und ihrem Spitzenpersonal weitergeht.
Dabei sollen möglichst keine Interna nach außen dringen, die das Interesse von der Vorstellung des Söder-Kabinetts ablenken könnten. AnFrust dererseits ist der Druck in der Partei groß, bald Konsequenzen aus der Wahlschlappe zu ziehen. Nach der Landtagswahl hatten CSU-Bezirksverbände einen vorgezogenen Parteitag gefordert. Das kann nur heißen: Neuwahl eines Parteivorsitzenden, denn sonst hätte eines solche Großveranstaltung keinen Sinn.
Seehofer dementierte indes alle Spekulationen, man habe sich in der CSU-Spitze auf einen Nachfolger für ihn geeinigt, als „fette Ente“. Jedoch wachsen die Zweifel in der CSU, dass Seehofer bei dem angesammelten seine Amtszeit durchhält. Juristisch kann ihn daran niemand hindern, denn er ist noch bis Ende 2019 als Parteichef gewählt. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich Seehofer im Laufe der kommenden oder der übernächsten Woche erklärt und den Weg für einen vorgezogenen Wahlparteitag frei macht. Für den Parteivorsitz gibt es keinen Bewerber, der die Übernahme vor lauter Ungeduld nicht abwarten kann. Söder soll zwar inzwischen von früheren Bekundungen, kein Interesse am Parteivorsitz zu haben, abgerückt sein. Ehrgeiz ist ihm in dieser Hinsicht aber nicht anzumerken. Immerhin drängen ihn einige Anhänger (und Seehofer-Gegner) dazu. Gegner Söders plädieren hingegen für eine Fortführung der „Doppelspitze“.
Chancen sind schwer einzuschätzen
Als weiterer Anwärter auf den CSUVorsitz gilt nach wie vor Parteivize Weber. Seine Spitzenkandidatur der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl wäre mit dem Parteivorsitz ohne Weiteres vereinbar. Sollte die EVP wieder zur stärksten Kraft im Europaparlament werden, wäre der 46-jährige Niederbayer jedoch ganz nahe dran, Nachfolger von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu werden.
Nach wie vor gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob ein Kommissionspräsident auch Vorsitzender der CSU sein kann und beide Ämter aus praktischen Gründen miteinander vereinbar sind. „Brüssel ist von München nicht weiter weg als Berlin“, ist von denen zu hören, die Weber gerne als Gegenpart zu Regierungschef Söder sehen würden. Der Europapolitiker selbst hält sich bedeckt, hat aber entsprechende Ambitionen nie dementiert.
Die jeweiligen Chancen für Weber oder Söder sind schwer einzuschätzen. Während Söder unter Landespolitikern viel Unterstützung genießt, hegt die Parteibasis große Sympathien für Weber. Außerdem gibt es immer noch Altbayern, die sich daran stoßen, dass die wichtigsten Ämter der Partei in der Hand eines Franken gebündelt sein könnten. Doch in der Regel lässt die Partei nicht zwei ihrer Schwergewichte in einer öffentlichen Kampfabstimmung gegeneinander antreten, sondern regelt die Personalie vorher geräuschlos.
In Berlin geht es zudem um das Amt des Bundesinnenministers. Amtsinhaber Seehofer hat klargemacht, dass er keinen Zusammenhang mit dem Parteivorsitz sieht. Überlegungen, den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann nach Berlin zu schicken, haben wohl keine Aussicht auf Umsetzung. Er stehe für das Amt des Bundesinnenministers nicht zur Verfügung, falls es frei werden sollte, hatte Herrmann erklärt.