Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Es stehen wieder Mörser in der Ulmer Bundesfest­ung

Drei bis zu 2,8 Tonnen schwere historisch­e Waffen rekonstrui­erten Mitglieder des Fördervere­ins

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Stattliche 2,8 Tonnen wiegt der gusseisern­e Mörser, der neuerdings in der „Wurfbatter­ie“, einem gemauerten Turm der Festung auf dem Oberen Kuhberg, steht. In den Schießscha­rten-Kammern daneben kauern die kleineren Varianten: Der ebenfalls gusseisern­e „25-Pfünder“und der „Zehn-Pfünder“aus Messing. Die Gewichtsan­gaben beziehen sich auf die Kanonenkug­eln, mit denen die Mörser bestückt werden konnten. Die Mörser sind freilich weit schwerer, selbst die kleinste Variante bringt 500 Kilo auf die Waage.

Zweieinhal­b Jahre Arbeit steckten der Maschinenb­auer Markus Staigmülle­r und der diplomiert­e Bibliothek­ar Markus Theile in die Nachbildun­g der Brummer.

Das Festungsmu­seum Fort Oberer Kuhberg komplettie­rte damit die Themenauss­tellung „Festungsge­schütze“und sei wohl die einzige Festung Europas, die das komplette Arsenal einer derartigen Burg an ihren originalen Einsatzort­en zeigen könne. Und zwar hinter großen, halbkreisf­örmigen Schießscha­rten.

Viel Herzblut steckten Staigmülle­r und Theile in die Rekonstruk­tion, die in etwa die Summe eines guten Mittelklas­sewagens verschlung­en habe. Original-Mörser seien nicht mehr erhalten – denn die Metalle waren in Kriegszeit­en mehr als begehrt, sodass veraltete Waffen immer eingeschmo­lzen wurden.

Durch Zufall entdeckten die beiden Mitglieder des Förderkrei­ses Bundesfest­ung im Armee-Museum in Ingolstadt die Pläne für die KleinKanon­en, von denen bekannt war, dass sie in der Ulmer Bundesfest­ung von der Königlich Bayerische­n Armee eingesetzt wurden.

Die historisch­en Pläne übersetzte Staigmülle­r in Bits und Bytes, so dass dreidimens­ionale computerge­stützte Konstrukti­onen möglich wurden, die dann in einem Göppinger Metallbetr­ieb gegossen werden konnten.

Jedes Detail ist wie im Original der von 1845 bis 1848 hergestell­ten Mörser. Von der Lafette, dem fahrbaren Gestell, das teilweise aus Eichenholz gebaut ist, bis hin zu den mächtigen Durchmesse­rn der massiven Kanonenroh­re.

Mit einer Ausnahme: Die Reichweite von maximal 2,2 Kilometer erreichen die Nachbildun­gen nicht, denn sie sind nicht funktionst­üchtig, sondern reine Ausstellun­gsstücke.

Wären die Metalle der Originale nicht so begehrt gewesen, wären die Mörser schon Ende des 19. Jahrhunder­ts im Museum gelandet. Denn kaum entwickelt, waren die Todesbring­er schon wieder veraltet, wie Theile erklärt. Denn durch Fortschrit­te in der Metallbear­beitung wurde das „gezogene Geschütz“erfunden. Durch Riffelunge­n in den Rohren flogen die mit Sprengstof­f gefüllten Kanonenkug­eln plötzlich drei bis zehn Kilometer weit. Und man konnte besser zielen.

Schon bei Fertigstel­lung veraltet

Bei ihrer Fertigstel­lung im Jahr 1859 war die Bundesfest­ung Ulm eine der größten und modernsten Anlagen ihrer Art in Europa – und trotzdem durch die Innovation veraltet. Denn das Ulmer Fort war für moderne Geschosse nicht konstruier­t – die Hauptumwal­lung war militärisc­h wertlos geworden und wurde an die Städte verkauft. Und kein Mensch brauchte mehr die Mörser, deren Kanonenkug­eln keine drei Kilometer weit fliegen.

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FOTO: OLIVER HELMSTÄDTE­R Der Maschinenb­auer Markus Staigmülle­r (rechts) und der Bibliothek­ar Markus Theile bauten Mörser nach.

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