Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Für die Afrikahilfe heißt es bald wieder „Karibuni“
Am Jahresende startet der Flieger für die Ertinger Helfer zum 15. Arbeitseinsatz in Tansania
ERTINGEN - „Karibuni“- herzlich willkommen, so wird sicher auch das Team der Ertinger Afrikahilfe bald wieder in Tansania empfangen. Unter der Leitung von Richard Neubrand macht sich das zehnköpfige Team in die Usambaraberge zur Missionsstation Kifungilu auf, um die Lehrwerkstatt fertig zu stellen, in der zukünftig die Ausbildung von Einheimischen im Schreinerhandwerk ermöglicht wird. Dies ist ein weiteres Projekt, das die Afrika-Hilfe der Kolpingsfamilie Ertingen unterstützt und damit Hilfe zur Selbsthilfe leistet.
Schon seit fast 30 Jahren gehen Hilfsgüter von Ertingen nach Afrika und hier speziell nach Tansania. Bruder Winfried Wetzel, „weißer Vater“aus Ertingen, war 27 Jahre in Tansania für die Verteilung von Hilfsgütern, die aus der ganzen Welt in sein Land ankamen, zuständig. Als eine Art Manager steuerte er die Verteilung der Güter für alle Ordensgemeinschaften in ganz Tansania. Von Ertingen aus wurden so jährlich vier Container an Waren auf den schwarzen Kontinent verschickt.
Richard Neubrand, der Leiter der Missions- und Afrika-Hilfe bei der Kolpingsfamilie Ertingen, kam dann im Jahr 1988 erstmals nach Tansania, um sich ein Bild darüber zu machen, wo und wie die Hilfsgüter dort eingesetzt und verteilt werden. Dabei gelangte er auch an den Ort, der bis heute Unterstützung von Ertingen aus erfährt, nämlich die Missionsstation Kifungilu. Diese Missionsstation in den tansanischen Umsambarabergen liegt etwa 300 Kilometer südlich des Kilimandscharos in 1700 Meter Höhe. Die Station wird von Ordensschwestern vom „Kostbaren Blut“, derzeit auch noch von zwei Deutschen, geleitet und bietet im Internat für 500 Mädchen die Möglichkeit der Schulausbildung bis zum Abitur. Seit über 20 Jahren unterstützen die Ertinger talentierte Mädchen, deren Eltern sich das Internat nicht leisten können.
Am Anfang ein Versprechen
Das damalige Schulgebäude stammte aus den 50er-Jahren und gehörte einst einem deutschen Farmer. Darin waren die Unterrichtsräume und die Lehrerwohnungen untergebracht. Der bauliche Zustand war mehr als desolat, vor allem das Dach war dringend sanierungsbedürftig. Die Ordensschwestern trauten sich damals aber nicht, selber oder mit Hilfe von Einheimischen diese große bauliche Maßnahme anzupacken. Der Wunsch der Schwestern, dass Richard Neubrand sich des Dachs annehmen solle, kam der Schreiner aus Ertingen nach. „Ich komm wieder“, versprach er hoch und heilig. Zwei Jahre später startete dann das erste Team von freiwilligen Helfern aus Ertingen Richtung Tansania. Das Dach des Konventgebäudes wurde neu eingedeckt. Erstmals kam auch eine Dachrinne an das Haus, um so das dringend benötigte Regenwasser aufzufangen.
Das war dann der Anfang der Einsätze von Arbeitsteams aus Ertingen und Umgebung, die bis zum heutigen Tag alle zwei Jahre auf ihre Kosten nach Tansania zur Missisonsstation nach Kifungilu aufbrechen. So wurden Dächer saniert, Schulmöbel gezimmert, Decken erneuert, Abwasserkanäle ausgebessert, Installationen eingebaut und das alles mit freiwilligen Helfern, die dafür Geld und Zeit opfern.
Eine Zukunftsperspektive
Nachdem nun die Arbeiten an der Missionsstation soweit gediehen waren, wandte man sich im vergangenen Jahr einem neuen Projekt zu, das vor allem der Bevölkerung und hier besonders den jungen Menschen gewidmet ist. Auf dem Gelände der Missionsstation wurde eine Lehrwerkstatt für die Menschen aus den Usambarabergen errichtet, in der in Zukunft junge Schreinerlehrlinge ausgebildet werden sollen und damit eine Zukunftsperspektive für die Bevölkerung geschaffen wird. „Hier soll Hilfe zur Selbsthilfe nicht nur ein Wort sein, hier wird sie mit unserer Hilfe in die Tat umgesetzt“, freut sich Richard Neubrand. Nachdem das Gebäude soweit fertig gestellt ist, wird das Team mit Richard Neubrand nunmehr die schon gelieferten Maschinen installieren und in Betrieb nehmen. Dazu findet dann auch noch eine Einweisung für die Verantwortlichen vor Ort statt, die in Zukunft die Maschinen bedienen sollen. Ziel wird es dann sein, dass die ansässigen SchreinereiFachkräfte alle anfallenden Arbeiten und die Unterhaltung an der Schule selbst ausführen können und auch selber für die Ausbildung von Jugendlichen im Schreinerhandwerk sorgen können. „Somit kann den Mädchen eine Perspektive nach ihrem Abschluss vor allem im Tourismusbereich durch das Internat geboten werden und junge Männer können hier in der neuen Lehrwerkstatt ein zukunftsträchtiges Handwerk in ihrem Land erlernen“, ist Neubrands Wunsch. In zwei Jahren werden die Ertinger wieder vor Ort sein und dann ein neues, dringendes Projekt in Angriff nehmen. Richard Neubrand: „An dieser Stelle möchte ich mich einmal ganz herzlich für alle Geldund Sachspenden bedanken, ohne die wir diese Hilfe vor Ort gar nicht leisten könnten.“
Im Land selbst herrscht derzeit eine politisch stabile Lage. Tansania hat eine demokratisch gewählte Regierung und unter den vielen ethnischen Gruppen, so Richard Neubrand, bestünden keine Spannungen und daher sei es verhältnismäßig ruhig. Das sei auch für die vielen Hilfsprojekte entscheidend. Es seien noch nie Hilfsgüter verloren gegangen oder nicht angekommen. Auch die Arbeiten vor Ort werden nicht behindert und unterliegen keinen Kontrollen, vielmehr schaffe man mit den Arbeitern aus Tansania gerne zusammen.
Was Richard Neubrand aber immer wieder fasziniert, ist die Lebensfreude der Bevölkerung in Afrika und speziell in Tansania. Trotz der herrschenden Armut freue er sich immer wieder, in die strahlenden Gesichter der Kinder zu schauen. „Das ist Motivation und Auslöser für uns, zu helfen und Wege aufzuweisen, damit sie in ihrem Land mehr Zukunftsperspektiven haben“, sagt der Afrika-Chef. „Alle Teams, die bisher im zweijährigen Turnus nach Tansania flogen, kamen dankbar und zufrieden zurück, mit dem Gefühl, etwas für die Menschen in Tansania getan zu haben. Sie haben jetzt alle ein anderes Bild von Afrika“, so Richard Neubrand. Daher freut er sich und auch sein Team, das aus dem Raum Ertingen/Bad Saulgau stammt, am Sonntag, 30. Dezember, in Stuttgart in den Flieger zu steigen, um einmal mehr den Menschen in Tansania zu helfen und er erwartet es kaum, bis sie wieder mit „Karibuni“auf der Station in Empfang genommen werden.
Mit dabei sind beim 15. Arbeitseinsatz vom 30. Dezember bis 12. Januar in Tansania: Richard Neubrand, Karl-Heinz Fensterle, Pius und Sebastian Luib, Ludwig Boll, Tobias Schneider, Andreas Madlener, Rudolf Brehm, Gerhard Schenzle und Herta Blersch.