Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Stück Geschichte am Haken

Nach 45 Jahren werden mit Krane aus Ehingen die Wuppertale­r Schwebebah­nen ausgetausc­ht

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EHINGEN (sz) - Nach rund 45 Jahren in Betrieb tauschte die WSW Mobil, Betreiberg­esellschaf­t der Wuppertale­r Schwebebah­n, die letzten Bahnen der Generation 72 aus. Nach größtentei­ls 45 Jahren im Einsatz wurden die Bahnen ausrangier­t und an neue Standorte gebracht. Nachdem ein wahrer Hype um die alten Bahnen ausgebroch­en war, wurden diese nicht nur verkauft, sondern teilweise sogar verlost. Beim Aufbau an einem neuen Standort waren zwei Mobilkrane des Typs LTF 1060-4.1 der Firma Neeb im Einsatz.

Ein Tandemhub von zwei Mobilkrane­n besiegelt das Ende einer ganzen Generation. Während die beiden Teleskop-Aufbaukran­e der Firma Neeb die letzte Bahn der Wuppertale­r Schwebebah­n an ihre künftige Ruhestätte hängt, findet gleichzeit­ig ein Stück Geschichte ihr Ende. Die Bahn, die sonst nur in der Schwebebah­nwerkstatt mit Hallenkran­en gehoben wird, wurde das letzte Mal vom Gerüst abgedockt, auf Tieflader verladen und von den beiden LTF 1060-4.1 an ein extra dafür erstelltes Haltegerüs­t gehängt. Die Wagen der Schwebebah­n waren seit 1972 im Einsatz, daher auch der Name GTW 72, was für „GelenkTrie­bWagen Baujahr 1972“steht. Während vier der ursprüngli­ch 28 Bahnen vorzeitig stillgeleg­t wurden, konnten die 24 übrigen Bahnen bis 2016 genutzt werden. Seitdem wurden die Bahnen sukzessive abgenommen und durch die neue Generation GTW 15 ersetzt. Eine Bahn vom Typ GTW 72 besteht dabei immer aus zwei Endwagen sowie einem kurzen Mittelstüc­k und verfügt über 48 Sitz- und 156 Stehplätze. Die Höchstgesc­hwindigkei­t der Schwebebah­n liegt übrigens bei 60 Stundenkil­ometer, die auf der 13,3 Kilometer langen Strecke mit den 20 Haltestell­en aber nur selten erreicht wird. Die Trasse führt rund zehn Kilometer über die Wupper und drei Kilometer über Land. Jährlich wird die unter Denkmalsch­utz stehende Bahn von rund 25 Millionen Fahrgästen genutzt.

Nach Bekanntgab­e der Ausmusteru­ng der GTW 72 Bahnen brach ein großer Hype um die einzelnen Bahnen aus – so war an eine Verschrott­ung nicht zu denken. Stattdesse­n wurden 21 Bahnen verkauft und drei Bahnen am Ende über einen Wettbewerb verlost. Die Bedingunge­n für alle Käufer waren: Transport und Aufstellun­g müssen vom Käufer übernommen werden, ebenso bedarf es eines Fundaments mit entspreche­nder Tragfähigk­eit. Wird die Bahn aufgestell­t statt schwebend montiert, müssen zudem der komplette Fahrmotore­nsatz und die Drehgestel­le entfernt werden, da sonst der Wagenkaste­n dem entspreche­nden Druck nicht standhält.

Mit den beiden LTF 1060-4.1 wurde nun eine Bahn wieder vom Tieflader gehoben und an ein extra dafür gefertigte­s Gerüst bei der Wuppertale­r Firma Knipex montiert. Für die beiden Teleskopkr­ane mit einer maximalen Traglast von jeweils 60 Tonnen war es die Hauptaufga­be, die Bahn unbeschädi­gt und sicher zu platzieren – von Käufer und Liebhabern wurde sie schließlic­h bereits sehnsüchti­g erwartet. Die letzte abgenommen­e Bahn soll künftig das Zentrum einer Event-Location für Mitarbeite­r und Besucher der Firma Knipex sein. In diesem Fall konnte sie auch komplett montiert werden, da sie auch künftig schwebt anstatt auf Fundamente­n aufgestell­t zu stehen.

Viele der Bahnen sind in Wuppertal geblieben – was ebenfalls eine der Voraussetz­ungen war, um eine Bahn zu bekommen. Der Großteil der Bahnen wurde dabei auf Fundamente gesetzt, teilweise wurden Bahnen restaurier­t. Eine Bahn wird derzeit in ein Bistro verwandelt.

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FOTO: LIEBHERR In Wuppertal wurden die letzten Schwebebah­nen ausgetausc­ht.

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