Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Anwalt der Kunst
Mit der Erfahrung aus 42 Berufsjahren begutachtet und schätzt Albert Maier aus Ellwangen nicht nur bei „Bares für Rares“Kunstwerke und Antiquitäten
Im Ellwanger Elternhaus hatte man andere Dinge im Kopf. Ein Lebensmittelgeschäft musste umgetrieben werden. Kunst war kaum ein Thema. Und auch für Sohn Albert gab es ganz bürgerliche Pläne. Er sollte Jura studieren wie sein Onkel Philipp Jenninger, der es bis zum Präsidenten des Deutschen Bundestags gebracht hatte. So kam es auch. Albert Maier schrieb sich an der Freien Universität Berlin als Student der Rechte ein, erlebte dort auch ziemlich hautnah die 68er-Revolte mit, wechselte dann aber an die deutlich ruhigere Universität München, wo er auch sein Studium beendete. Doch mit dem Rechtsanwalt, der den Eltern wohl vorgeschwebt hatte, wurde es nichts. Anwalt ist Albert Maier dennoch geworden, ein Anwalt der Kunst, dessen Rat besonders gefragt ist und der durch seine Auftritte in der ZDF-Erfolgssendung „Bares für Rares“bundesweite Bekanntheit erlangt hat.
Erste Berührungen mit interessanten Kunstgegenständen hatte Albert Maier noch als Schüler im heimatlichen Ellwangen. Dort kam er immer wieder ins Palais Adelmann, wo es viele wunderbare Antiquitäten zu sehen gab. Das, erzählt Maier, habe schon früh seine Begeisterung für die schönen Dinge geweckt. Doch es dauerte noch einige Zeit, ehe eine intensivere Beschäftigung mit diesem Thema begann. Das war in München, wo er im Rahmen seiner juristischen Ausbildung ein Praktikum bei einem Gerichtsvollzieher absolvierte. Da habe er auch an Pfändungen mitgewirkt, dabei aber den Farbfernseher stehen lassen und stattdessen auf die Wanduhr den „Kuckuck“geklebt. Wenn es später zur Versteigerung kam, habe er das eine oder andere gute Stück erworben und anschließend über eine Zeitungsannonce wieder verkauft.
Aber eine reine „Krämerseele“wollte er doch nicht sein, auch wenn er bis heute in Ellwangen sein eigenes Kunst- und Antiquitätengeschäft betreibt. Deshalb bildete Albert Maier sich nach und nach selbst zu einem in der Branche hoch angesehenen Kunstexperten weiter. Seine Spezialgebiete sind vor allem Möbel „durch alle Jahrhunderte“, Gemälde, Fayencen und Porzellan. Wenn es um die Begutachtung von technischen Antiquitäten, Schmuck oder altes Spielzeug geht, lässt er anderen Kollegen den Vortritt.
Aber woher bezieht der Autodidakt Albert Maier (69) sein enormes Wissen? „Vor allem aus der in mittlerweile 42 Jahren erworbenen Erfahrung“, sagt er. Den Zustand und das Alter eines Kunstwerks oder einer Antiquität festzustellen, sei in seinem Beruf selbstverständlich. Aber um die Seltenheit und Wertigkeit zu bestimmen, bedürfe es einer großen Erfahrung. Die sammelte (und sammelt immer noch) Albert Maier insbesondere bei Kunstauktionen. Tageweise sitze er in solchen Veranstaltungen mit Katalog, Block und Bleistift und notiere die Versteigerungspreise. So beobachtete er auch aus nächster Nähe, wie sich in den vergangenen Jahren der Kunstmarkt rückläufig entwickelt hat, spürt aber jetzt auch eine langsame Erholung etwa bei Objekten des Jugendstils und Art déco und bei religiöser Volkskunst des 19. Jahrhunderts, nicht aber bei den einstmals so beliebten Bauernmöbeln. Albert Maier über echte oder falsche Raritäten Albert Maier hat sich Zeit seines Lebens für schöne, alte Möbel, Gemälde und Porzellan begeistert. Der 69-Jährige betreibt in Ellwangen sein eigenes Kunst- und Antiquitätengeschäft.
Nicht immer kann Albert Maier Menschen, die ihn bei „Bares für Rares“oder anderswo um eine Begutachtung und Schätzung bitten, eine Freude machen. Viele muss er auch enttäuschen. Ganz besonders gilt das, wenn er etwa aufgrund nicht sehr sauber gearbeiteter Ecken und Kanten oder Auffälligkeiten bei der Schwerter-Marke eine vermeintlich wertvolle Meissen-Porzellanfigur als Fälschung identifiziert. Allerdings, auch das ist seine Erfahrung, gibt es inzwischen weniger Fälschungen als noch vor einigen Jahren. Das habe vor allem mit dem Preisverfall zu tun. „Fälschen“, sagt Maier, „lohnt sich einfach nicht mehr.“
Freilich ist auch der beste Fachmann nie ganz vor Irrtümern gefeit. Und wenn er bei einer Schätzung doch einmal kräftig danebenliegt, ärgert sich Albert Maier „wahnsinnig“. Zum Glück komme das aber nur sehr selten vor. Bei „Bares für Rares“bleibt den Experten nicht viel Zeit, um sich von den Gegenständen, die ihnen vorgelegt werden, einen möglichst profunden Eindruck zu verschaffen. Erst eine Stunde vor der Aufzeichnung sehen sie das Gemälde oder das antike Möbelstück. Aber das ist immerhin genug, um sich noch die genauen Lebensdaten eines vielleicht gar nicht so bekannten Künstlers zu besorgen. Das ZDF legt Wert darauf, dass die Experten auch solche Details in der Sendung nennen.
Schon vor mehr als einem Jahrzehnt ist das Fernsehen auf Albert Maier aufmerksam geworden. In Sendungen wie „Echt antik?!“und „Kaffee oder Tee“des SWR, „Planet Wissen“des WDR und im „ZDFFernsehgarten“war sein Expertenwissen gefragt. Als das ZDF vor fünf Jahren mit „Bares für Rares“startete, war Albert Maier von der ersten Sendung an dabei. Er musste sich dafür nicht bewerben, wurde auch nicht gecastet, sondern war einfach gesetzt.
Als er damals 2013 bei „Bares für Rares“anfing, habe ihm Horst Lichter, der die Sendung moderiert, gesagt: „Albert, in zwei Jahren kennt dich ganz Deutschland.“Das habe er damals für ziemlich übertrieben gehalten, erinnert sich Albert Maier. Aber zumindest so ähnlich ist es tatsächlich gekommen. Wo immer er auftaucht, erkennt man ihn. Meist seien die Leute, die ihn ansprechen, auch sehr nett. Wenn er allerdings mit seiner Frau in einem Restaurant sitzt und plötzlich ein „sogenannter Fan“auftaucht und seine Frau wegzieht, um mit ihm ein Selfie zu machen, so finden das die beiden Maiers doch recht lästig.
Fälschen lohnt sich einfach nicht mehr.