Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Hilde Mattheis spricht über die SPD-Veranstaltung, zu der niemand kam
RAVENSBURG - Hilde Mattheis ist eine der bekanntesten SPD-Politikerinnen im Südwesten. Am Montagabend lud die Bundestagsabgeordnete – und Vorsitzende des linken Forums DL21 – zu einer Infoveranstaltung mit ihr in Munderkingen (AlbDonau-Kreis) ein. Das Ziel: Menschen für ein Engagement in der Kommunalpolitik zu gewinnen. Es kam kein einziger Besucher. Sebastian Heinrich hat mit ihr über den Vorfall gesprochen – und sie gefragt, was die SPD daraus lernen kann.
Frau Mattheis, eine SPD-InfoVeranstaltung, zu der gar niemand kommt: Ist Ihnen so etwas schon einmal passiert?
Das passiert einem im politischen Leben schon hin und wieder, aber ich kann mich jetzt nicht konkret daran erinnern. Das ist auch gar nicht der Punkt, der mich persönlich irritiert. Zumal wir unser Büro in Munderkingen ja auch seit nicht mal einem Jahr haben. Was mich irritiert: Dass es für uns als SPD so schwer ist, Menschen dafür zu gewinnen, sich aktiv in der Kommunalpolitik einzubringen.
Der Artikel zu der Veranstaltung wurde auf Schwäbische.de mit enormem Interesse gelesen - und manche Menschen haben auf sozialen Netzwerken gespottet, das sei eben ein weiteres Zeichen dafür, dass niemand mehr die SPD braucht. Haben diese Menschen recht?
Nein, auf gar keinen Fall. Wir haben in unserer fast 155-jährigen Geschichte vieles für dieses Land geleistet. Wir haben nicht nur Höhen und Tiefen gehabt, sondern auch als demokratische linke Partei wichtige Impulse gesetzt.
Sie sprechen, wie viele führende SPD-Politiker, über die Geschichte. Aber sagen Sie doch mal in einem Satz, warum es die SPD heute braucht.
Die Leute brauchen eine klare Botschaft für sich und ihre Kinder, dass es gerecht zugeht in dem Land, dass die Verteilung stimmt – und dass sie keine Angst haben müssen, dass die Verteilungskämpfe noch stärker werden.
Von SPD-Kommunalpolitikern in der Region hört man immer wieder Sätze wie: ’Wir rackern uns hier vor Ort ab, und in Berlin machen sie uns alles kaputt‘. Sehen Sie das auch so?
So pauschal teile ich die Aussage nicht, aber die medialen Botschaften aus Berlin überlagern schon die Arbeit der SPD-Politiker vor Ort. Ich sehe, dass wir starke Kommunalpolitiker haben – auch in Gegenden, die schwarz zu sein scheinen. Das finde ich gut und muss man unterstützen, deswegen setze ich mich ja auch für die Kommunalpolitik ein.
Sie sprechen sich ja stark für einen Linksruck der SPD aus, eine Rückbesinnung auf klassisch sozialdemokratische Positionen. Der Südwesten war aber – gelinde gesagt – nie eine linke Hochburg. Warum sollte ihre Strategie also ausgerechnet hier funktionieren?
Weil die Leute zunehmend das Thema Gerechtigkeit und Verteilung für sich entdecken. Wir haben noch nie die Entwicklung gehabt, dass breite Bevölkerungsschichten für ihre Kinder eine unsichere Zukunft sehen. Das Bedürfnis nach einer sicheren, guten Zukunft reicht bis weit in Kreise von bürgerlichen und FDP-nahen Wählern. Von daher glaube ich, dass unsere Themen durchaus Zuspruch haben würden – wenn wir sie richtig setzen. Das ist keine kommunikative Frage, sondern eine inhaltliche.