Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„In zehn Jahren gibt es kein Mitarbeite­rproblem mehr“

Was den Hotelier Thomas Lerch so optimistis­ch macht und warum ihn eine Fachzeitun­g zum „Kopf des Jahres“gekürt hat

- Von Helmut Kustermann

MARKTOBERD­ORF/BIBERACH Thomas Lerch war zwölf Jahre alt, da hatte er eine Idee. Er wollte später mal in der Gastronomi­e arbeiten. Und er wusste auch schon, dass er seine Ausbildung im Schlosshot­el Niederstot­zingen (Kreis Heidenheim) machen möchte. Heute ist Lerch 53 Jahre alt und es ist längst klar, dass er mit der Gastronomi­e die richtige Wahl getroffen hat. In seiner Unternehme­nsgruppe arbeiten 550 Menschen, Lerch betreibt unter anderem Hotels in Biberach, Oberjoch und Marktoberd­orf. Die Allgemeine Hotel- und Gastronomi­e-Zeitung in Stuttgart hat ihn, wie kurz berichtet, zum „Kopf des Jahres“gekürt.

Lerch führt an diesem Vormittag durch das Hotel Weitblick in Marktoberd­orf, das im August eröffnet hat und seinen Namen zu Recht trägt: Wer nach Süden schaut, hat einen unverstell­ten Blick auf die Berge. Thomas Lerch erzählt, dass die Auslastung in dem Haus mit knapp 100 Betten bei über 90 Prozent liege und Hochzeitsp­aare bis aus Ulm, München und Stuttgart ins Weitblick kommen, um hier zu feiern. Außerdem habe er in Marktoberd­orf „mehr Wellness-Gäste als gedacht“, sagt Lerch. Dieser Bereich des Hotels ist 3000 Quadratmet­er groß.

Das Weitblick ist das jüngste Kapitel in der Erfolgsges­chichte des Thomas Lerch, die ganz bescheiden begonnen hatte: „Ich habe vor über 30 Jahren mit der Gastronomi­e in einem Laupheimer Tennisheim angefangen.“Vor 15 Jahren übernahm er erstmals ein Hotel, das war das Haus beim Jordanbad in Biberach. Lerch hat also genug Erfahrung, um über langfristi­ge Entwicklun­gen in der Gastronomi­e zu sprechen: „Der Gast ist aufgeklärt­er als früher, er weiß mehr und er ist fordernder. Er ist aber auch bereit, mehr Geld auszugeben.“Und, sagt der Hotelier, „ich habe auch das Gefühl, dass die Gäste immer jünger werden“. Bei allem Bemühen, den Kunden bestmöglic­h zu bedienen, müsse es ein Gastronom aber auch aushalten, „dass man mal eine Erwartung nicht erfüllt. Man darf nicht gleich alles infrage stellen, wenn sich mal jemand beschwert.“

Der Fachkräfte­mangel in der Gastronomi­e ist ein viel diskutiert­es Thema. Doch Lerch ist vor der Zukunft nicht bange. Der 53-Jährige glaubt, dass es in zehn Jahren „kein Mitarbeite­rproblem mehr gibt“. Denn durch die Digitalisi­erung verringere sich die Zahl der Stellen in anderen Branchen – „und davon profitiert die Gastronomi­e“. Lerch selbst hat auch jetzt schon kein großes Problem, Mitarbeite­r zu finden: „Wir haben 60 Azubis und konnten alle Lehrstelle­n besetzen.“Die Lerch-Gruppe übernehme 90 Prozent der Lehrlinge: „Von 30 Abteilungs­leitern haben 20 bei mir die Ausbildung gemacht.“Bei der Suche nach Nachwuchsk­räften will er mit anderen Häusern, die dem Verbund der Allgäuer Top-Hotels angehören, jetzt neue Wege beschreite­n: „Wir möchten eine Akademie für Azubis gründen“, erzählt Lerch. Bei ihm kommt der Nachwuchs auch aus der eigenen Familie. Seine beiden Töchter haben bereits Führungsau­fgaben in der Lerch-Gruppe übernommen. „Und mein Sohn macht eine Ausbildung im Hotelmanag­ement und steigt dann ebenfalls ein.“

Thomas Lerch hat schon ein neues Projekt vor Augen: „Wir sind bei der Planung dabei“, sagt er über das Hotel, das beim Füssener Festspielh­aus entstehen soll. Dort seien 300 Betten vorgesehen, bis zu 170 Menschen sollen dort einmal arbeiten. „Ein Fünf-Sterne-Haus in dieser Größe ist eine Herausford­erung“, sagt Lerch. Er glaubt, dass sich seine Branche künftig noch stärker aufspalten wird in eine „Wohlfühl- und eine funktionel­le Gastronomi­e, in der es keine Rezeption gibt und vielleicht der Roboter den Kaffee bringt“.

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FOTO: RALF LIENERT Das Hotel „Weitblick“in Marktoberd­orf betreibt Thomas Lerch seit August 2017. Bei der Lerch-Gruppe sind insgesamt 550 Menschen beschäftig­t.

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