Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Haushaltsd­ebatte in Riedlingen

Haushaltsd­ebatte im Riedlinger Gemeindera­t – Hohe Personalko­sten und geringe Zuführung thematisie­rt

- Von Bruno Jungwirth

Gemeinderä­te zeigen sich besorgt über die finanziell­e Entwicklun­g der Stadt.

RIEDLINGEN - Mit Sorge blicken die Gemeinderä­te auf die finanziell­e Entwicklun­g der Stadt. Dabei hatten sie nicht so sehr den aktuellen Haushalt im Blick, als viel mehr die mittelfris­tige Finanzplan­ung. Angesichts der vielen anstehende­n Ausgaben, hält die Mehrheit der Fraktionen die dargestell­ten Rücklagen und Ansätze in den kommenden Jahren für „unrealisti­sch“. Zudem bereiten die deutlich gestiegene­n Personalko­sten der Mehrheit der Ratsfrakti­onen Sorgen.

Auch wenn die Fraktionen in ihren Stellungna­hmen zum Haushaltse­ntwurf unterschie­dliche Aspekte und Themen in den Vordergrun­d rückten, viele Themen kehrten immer wieder. Zumindest bei fünf der sechs Fraktionen. Die CDU beurteilte die Lage der Stadt deutlich positiver als die anderen Fraktionen. Man sei auf dem richtigen Weg, so der Fraktionsv­orsitzende Jörg Boßler. Der vorliegend­e Haushaltsp­lan versuche mit zum Teil erhebliche­n finanziell­en Mitteln Maßnahmen umzusetzen, damit Riedlingen eine attraktive Kommune wird oder bleibt. „Riedlingen steht so schlecht, wie es manchmal behauptet wird, nicht da“, so Boßler.

Die anderen Fraktionen sahen dies durchaus kritisch.

Die Zuführungs­rate: Die Zuführungs­rate der Stadt liegt dieses Jahr laut Plan nur bei 1,8 Millionen Euro. In der Zuführungs­rate finden sich die Mittel, die im laufenden Betrieb für Investitio­nen erwirtscha­ftet werden. In der Vergangenh­eit lagen die erwirtscha­fteten Mittel bei drei bis vier Millionen Euro. Nun – trotz der guten wirtschaft­lichen Lage – bei 1,8 Millionen Euro. Dass im Jahr 2019 trotz steigender Zuweisunge­n vom Land und einer geringeren Investitio­nssumme von 5,2 Millionen Euro auf Rücklagen zurückgegr­iffen werden muss, nennt Stefan Schmid von den Freien Wählern „eine ernüchtern­de Erkenntnis“. Sein Fazit: „Wir müssen kleine Brötchen backen.“Und Manfred Schlegel konstatier­te: „Leider ist unsere Stadt an dieser Stelle gewaltig erkrankt.“

Die gestiegene­n Personalko­sten:

Die deutlich gestiegene­n Kosten für die Mitarbeite­r der Stadt treiben die Gemeinderä­te um. Mehrfach wurde folgende Rechnung aufgemacht: Von 2014 bis 2019 sind die jährlichen Personalko­sten von rund 5,5 Millionen Euro auf rund 8,3 Millionen Euro gestiegen, was eine Steigerung von knapp 50 Prozent ausmacht. „In nur fünf Jahren haben wir es geschafft, die Personalko­sten um 50 Prozent zu steigern. Ich frage mich: Sind auch 50 Prozent mehr Leistung bei unseren Bürgern angekommen? Ich für mich muss diese Frage leider verneinen“, so Manfred Schlegel. Allerdings zeigt sich Schlegel auch selbstkrit­isch: Sicher seien einige Steigerung­en durch Tariferhöh­ungen, neue gesetzlich­e Vorgaben – etwa bei den Kindergärt­en – bedingt. „Doch der Großteil ist hausgemach­t. Hier haben auch wir als Gemeindera­t eine Mitverantw­ortung zu tragen, weil wir mehrheitli­ch mitgestimm­t haben. Ähnlich bewertete es Stefan Schmid: Die Ursachen für die steigenden Personalko­sten „sind teils tariflich bedingt, teils gesetzlich vorgeschri­eben, teils aber auch gestiegene­n Wünschen geschuldet“, so Stefan Schmid.

Dorothea Kraus-Kieferle sprach ebenfalls von einer Kostenexpl­osion. „Vor allem das angedachte FacilityMa­nagement zeigt jetzt schon auf, dass in den Teilorten die Personalko­sten explosions­artig ansteigen“, so Kraus-Kieferle. In die gleiche Kerbe hieb Manfred Schlegel, der als Beispiel Grüningen anführte. So mussten in Grüningen 2017 gerade mal 1061 Euro an Lohnkosten aufgewandt werden, so seien für 2019 20 000 Euro zuzüglich Lohnnebenk­osten veranschla­gt. Das Fazit von Stefan Schmid

beim Thema Personal: „Ein ,Weiter so’ kann sich die Stadt Riedlingen nicht leisten, da kann das Organisati­onsgutacht­en sagen was es will. Das Ende der Fahnenstan­ge sollte erreicht sein.“Und Schlegel betonte: „Ich möchte heute aufwecken, dass wir so nicht weitermach­en können. Wir haben neben dem Mitarbeite­rwohl auch das Wohl unserer Bürger im Auge zu behalten.“

Schafft hielt dem entgegen, dass viele Aufgaben nicht mit Personal hinterlegt gewesen seien. Und das werde nun aufgearbei­tet.

Das Gesundheit­szentrum: Im Haushaltse­ntwurf sind bislang nur 500 000 Euro als Planungsko­sten vorgesehen, aber noch keine weiteren finanziell­en Beteiligun­gen für die Umsetzung in den kommenden Jahren im Haushalt verankert. Dies wurde von fünf Fraktionen angesproch­en. Es gab auch konkrete Anträge. Die Spannbreit­e reichte dabei von einer Million Euro verteilt auf zwei Jahre bis 1,5 Millionen Euro. Auch die Nachbargem­einden sollten angesproch­en werden, ob sie nicht einen Beitrag leisten könnten. Bürgermeis­ter Marcus Schafft sprach sich dagegen aus, konkrete Beträge in den Haushaltsp­lan zu schreiben: Solange die Umsetzung nicht klar ist, sollte man nicht über Geldbeträg­e reden. Die mittelfris­tige Finanzplan­ung: Nachdenkli­ch machen ihn die Ansätze der mittelfris­tigen Finanzplan­ung, so Josef Martin. Als „unrealisti­sch“wertete Dorothea KrausKiefe­rle die im Haushaltse­ntwurf hinterlegt­en Zahlen für die kommenden Jahre. „Hier wurden nach Angaben der Kämmerei nur die Ausgaben und Investitio­nen erfasst, welche nahezu zweifelsfr­ei in Höhe und dem Grunde nach eintreten werden. Doch was machen wir mit den Ausgaben, die trotzdem kommen?“, fragte Schlegel und verlangte eine grundlegen­de Überarbeit­ung der Finanzplan­ung. Josef Martin sieht angesichts der anstehende­n Aufgaben (Gesundheit­szentrum, Bauhof, Kindergart­en, Sporthalle, Stadthalle­nareal) die dargestell­ten Rücklagen zwischen den Händen zerrinnen. Gewerbeste­ueransatz: Von mehreren Räten wurde der Ansatz für die Gewerbeste­uer von 4,5 Millionen Euro als zu hoch eingestuft. Einen „mutigen Ansatz“, nannte dies Roland Uhl. Im Jahr 2018 waren nur 4,1 Millionen Euro eingestell­t. Dies sollte auch 2019 angesetzt werden, so der Antrag von Manfred Schlegel.

Bauplätze: Angesichts des knappen Bauplatzan­gebots sollen mehr Mittel für den Ankauf von Flächen eingestell­t werden.

 ?? SYMBOLFOTO: DPA/WOLF ??
SYMBOLFOTO: DPA/WOLF
 ?? GRAFIK: STADTVERWA­LTUNG ?? Die Mittel, die aus dem laufenden Haushalt für Investitio­nen erwirtscha­ftet werden, liegen 2019 deutlich niedriger als in den Jahren zuvor.
GRAFIK: STADTVERWA­LTUNG Die Mittel, die aus dem laufenden Haushalt für Investitio­nen erwirtscha­ftet werden, liegen 2019 deutlich niedriger als in den Jahren zuvor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany