Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Haushaltsdebatte in Riedlingen
Haushaltsdebatte im Riedlinger Gemeinderat – Hohe Personalkosten und geringe Zuführung thematisiert
Gemeinderäte zeigen sich besorgt über die finanzielle Entwicklung der Stadt.
RIEDLINGEN - Mit Sorge blicken die Gemeinderäte auf die finanzielle Entwicklung der Stadt. Dabei hatten sie nicht so sehr den aktuellen Haushalt im Blick, als viel mehr die mittelfristige Finanzplanung. Angesichts der vielen anstehenden Ausgaben, hält die Mehrheit der Fraktionen die dargestellten Rücklagen und Ansätze in den kommenden Jahren für „unrealistisch“. Zudem bereiten die deutlich gestiegenen Personalkosten der Mehrheit der Ratsfraktionen Sorgen.
Auch wenn die Fraktionen in ihren Stellungnahmen zum Haushaltsentwurf unterschiedliche Aspekte und Themen in den Vordergrund rückten, viele Themen kehrten immer wieder. Zumindest bei fünf der sechs Fraktionen. Die CDU beurteilte die Lage der Stadt deutlich positiver als die anderen Fraktionen. Man sei auf dem richtigen Weg, so der Fraktionsvorsitzende Jörg Boßler. Der vorliegende Haushaltsplan versuche mit zum Teil erheblichen finanziellen Mitteln Maßnahmen umzusetzen, damit Riedlingen eine attraktive Kommune wird oder bleibt. „Riedlingen steht so schlecht, wie es manchmal behauptet wird, nicht da“, so Boßler.
Die anderen Fraktionen sahen dies durchaus kritisch.
Die Zuführungsrate: Die Zuführungsrate der Stadt liegt dieses Jahr laut Plan nur bei 1,8 Millionen Euro. In der Zuführungsrate finden sich die Mittel, die im laufenden Betrieb für Investitionen erwirtschaftet werden. In der Vergangenheit lagen die erwirtschafteten Mittel bei drei bis vier Millionen Euro. Nun – trotz der guten wirtschaftlichen Lage – bei 1,8 Millionen Euro. Dass im Jahr 2019 trotz steigender Zuweisungen vom Land und einer geringeren Investitionssumme von 5,2 Millionen Euro auf Rücklagen zurückgegriffen werden muss, nennt Stefan Schmid von den Freien Wählern „eine ernüchternde Erkenntnis“. Sein Fazit: „Wir müssen kleine Brötchen backen.“Und Manfred Schlegel konstatierte: „Leider ist unsere Stadt an dieser Stelle gewaltig erkrankt.“
Die gestiegenen Personalkosten:
Die deutlich gestiegenen Kosten für die Mitarbeiter der Stadt treiben die Gemeinderäte um. Mehrfach wurde folgende Rechnung aufgemacht: Von 2014 bis 2019 sind die jährlichen Personalkosten von rund 5,5 Millionen Euro auf rund 8,3 Millionen Euro gestiegen, was eine Steigerung von knapp 50 Prozent ausmacht. „In nur fünf Jahren haben wir es geschafft, die Personalkosten um 50 Prozent zu steigern. Ich frage mich: Sind auch 50 Prozent mehr Leistung bei unseren Bürgern angekommen? Ich für mich muss diese Frage leider verneinen“, so Manfred Schlegel. Allerdings zeigt sich Schlegel auch selbstkritisch: Sicher seien einige Steigerungen durch Tariferhöhungen, neue gesetzliche Vorgaben – etwa bei den Kindergärten – bedingt. „Doch der Großteil ist hausgemacht. Hier haben auch wir als Gemeinderat eine Mitverantwortung zu tragen, weil wir mehrheitlich mitgestimmt haben. Ähnlich bewertete es Stefan Schmid: Die Ursachen für die steigenden Personalkosten „sind teils tariflich bedingt, teils gesetzlich vorgeschrieben, teils aber auch gestiegenen Wünschen geschuldet“, so Stefan Schmid.
Dorothea Kraus-Kieferle sprach ebenfalls von einer Kostenexplosion. „Vor allem das angedachte FacilityManagement zeigt jetzt schon auf, dass in den Teilorten die Personalkosten explosionsartig ansteigen“, so Kraus-Kieferle. In die gleiche Kerbe hieb Manfred Schlegel, der als Beispiel Grüningen anführte. So mussten in Grüningen 2017 gerade mal 1061 Euro an Lohnkosten aufgewandt werden, so seien für 2019 20 000 Euro zuzüglich Lohnnebenkosten veranschlagt. Das Fazit von Stefan Schmid
beim Thema Personal: „Ein ,Weiter so’ kann sich die Stadt Riedlingen nicht leisten, da kann das Organisationsgutachten sagen was es will. Das Ende der Fahnenstange sollte erreicht sein.“Und Schlegel betonte: „Ich möchte heute aufwecken, dass wir so nicht weitermachen können. Wir haben neben dem Mitarbeiterwohl auch das Wohl unserer Bürger im Auge zu behalten.“
Schafft hielt dem entgegen, dass viele Aufgaben nicht mit Personal hinterlegt gewesen seien. Und das werde nun aufgearbeitet.
Das Gesundheitszentrum: Im Haushaltsentwurf sind bislang nur 500 000 Euro als Planungskosten vorgesehen, aber noch keine weiteren finanziellen Beteiligungen für die Umsetzung in den kommenden Jahren im Haushalt verankert. Dies wurde von fünf Fraktionen angesprochen. Es gab auch konkrete Anträge. Die Spannbreite reichte dabei von einer Million Euro verteilt auf zwei Jahre bis 1,5 Millionen Euro. Auch die Nachbargemeinden sollten angesprochen werden, ob sie nicht einen Beitrag leisten könnten. Bürgermeister Marcus Schafft sprach sich dagegen aus, konkrete Beträge in den Haushaltsplan zu schreiben: Solange die Umsetzung nicht klar ist, sollte man nicht über Geldbeträge reden. Die mittelfristige Finanzplanung: Nachdenklich machen ihn die Ansätze der mittelfristigen Finanzplanung, so Josef Martin. Als „unrealistisch“wertete Dorothea KrausKieferle die im Haushaltsentwurf hinterlegten Zahlen für die kommenden Jahre. „Hier wurden nach Angaben der Kämmerei nur die Ausgaben und Investitionen erfasst, welche nahezu zweifelsfrei in Höhe und dem Grunde nach eintreten werden. Doch was machen wir mit den Ausgaben, die trotzdem kommen?“, fragte Schlegel und verlangte eine grundlegende Überarbeitung der Finanzplanung. Josef Martin sieht angesichts der anstehenden Aufgaben (Gesundheitszentrum, Bauhof, Kindergarten, Sporthalle, Stadthallenareal) die dargestellten Rücklagen zwischen den Händen zerrinnen. Gewerbesteueransatz: Von mehreren Räten wurde der Ansatz für die Gewerbesteuer von 4,5 Millionen Euro als zu hoch eingestuft. Einen „mutigen Ansatz“, nannte dies Roland Uhl. Im Jahr 2018 waren nur 4,1 Millionen Euro eingestellt. Dies sollte auch 2019 angesetzt werden, so der Antrag von Manfred Schlegel.
Bauplätze: Angesichts des knappen Bauplatzangebots sollen mehr Mittel für den Ankauf von Flächen eingestellt werden.