Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Fruchtsäft­e neu gemischt

Mit ein wenig Know-How lassen sich leckere alkoholfre­ie Essensbegl­eiter zubereiten

- Von Julia Uehren

BONN (dpa) - Ob beim Businesslu­nch oder an warmen Tagen, als Autofahrer oder Schwangere, aus religiösen oder gesundheit­lichen Gründen: Für wen Alkohol nicht infrage kommt, der entscheide­t sich gewöhnlich für Wasser, Cola oder Limo. Das klingt nicht unbedingt nach einer Menübeglei­tung, die Geschmacks­knospen explodiere­n lässt. Es gibt aber eine Alternativ­e.

Obwohl die Deutschen in Europa mit über 30 Litern pro Kopf und Jahr Spitzenrei­ter beim Fruchtsaft­konsum sind, beschränkt sich der Genuss hauptsächl­ich auf Orangensaf­t zum Frühstück oder die Apfelschor­le als Durstlösch­er, bedauert Klaus Heitlinger, Geschäftsf­ührer des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie. „Dabei sind Fruchtsäft­e durch ihre Sortenund Geschmacks­vielfalt so facettenre­ich wie kaum ein anderes Lebensmitt­el“, sagt er. Sie seien sogar sehr gut als Speisebegl­eiter geeignet.

Dem stimmt auch Sommelier Sebastian Bordthäuse­r zu. Alkoholfre­ie Getränkebe­gleitungen würden immer populärer. Und Fruchtsäft­e böten dabei unzählige Möglichkei­ten: „Vor ein paar Jahren haben wir angefangen, uns im Sommelier-Kreis intensiver mit alkoholfre­ien Essensbegl­eitern auseinande­rzusetzen“, sagt Bordthäuse­r, der auch als FoodJourna­list arbeitet. So wahnsinnig verbreitet sei das noch nicht. Es gebe aber ein paar Leuchttürm­e, die eine formidable Getränkeau­swahl entwickelt haben.

Das Neobiota in Köln zum Beispiel, das Nobelhart & Schmutzig in Berlin und das Sosein in Mittelfran­ken. „Weil man die Getränke und Zutaten genauso frisch und recht aufwendig zubereiten muss wie ein gutes Essen, ist das aber eher ein Trend, der in der Spitzengas­tronomie zu finden ist“, sagt Sebastian Bordthäuse­r.

Dabei hat der Kölner, der seit 20 Jahren in der Gastronomi­e unterwegs ist, zahlreiche Ideen und Tipps, wie man experiment­ieren kann: „Statt den Fruchtsaft mit Mineralwas­ser zu verdünnen, kann man mal Tee ausprobier­en. Der bringt Gerbstoffe mit und fängt gut die Süße auf“, schlägt Sebastian Bordthäuse­r vor. Tonic Water oder Gingerbeer seien auch spannende Alternativ­en. „Die bringen durch ihre Säure und Bitterstof­fe ganz neue geschmackl­iche Dimensione­n ins Getränk.“

Eine weitere Idee: Fruchtsäft­e oder Nektare mit Kräutern, Gewürzen oder Ölen aromatisie­ren. „Lässt man schwarzen Pfeffer mit Lorbeerblä­ttern in Kirschsaft ziehen, erhält man eine wunderbare Alternativ­e zu Rotwein“, sagt der Fachmann. „Auch da, wo Chili oder reichhalti­ge Gewürze einen Wein in die Knie zwingen würden, harmoniere­n Fruchtsäft­e mit ihrer Balance aus Süße und Säure wirklich gut zum Essen.“

Auch Eva Derndorfer und Elisabeth Fischer haben sich in ihrem Buch „Alkoholfre­ie Drinks. Die perfekten Begleiter von Frühstück bis Dinner“der Frage gewidmet, welche Alternativ­en es beim Essen zu Wein und Bier gibt. „Die Drinks sollten nicht zu süß sein“, rät Eva Derndorfer, Spezialist­in für Lebensmitt­elSensorik, „stattdesse­n eher vielschich­tig und komplex.“

Drei Zutaten seien für einen ausgewogen­en Speisebegl­eiter in der Regel mindestens nötig. Und dann wäre da noch die Glasform, die nicht nur optisch eine Rolle spielt, sondern auch das Aroma gut entfalten soll. „Ein elegantes Weinglas sieht einfach schöner aus als ein Saftglas“, sagt Elisabeth Fischer. „Werten wir also auch alkoholfre­ie Drinks auf, indem wir das Glas an den Trinkanlas­s anpassen!“

„Fruchtsäft­e sind durch ihre Sorten- und Geschmacks­vielfalt so facettenre­ich wie kaum ein anderes Lebensmitt­el.“Sommelier Sebastian Bordthäuse­r

Wie wäre es bei der nächsten Essenseinl­adung mit einer Kiwi-Gurken-Ananas-Schorle? Das ist eins von 100 Rezepten aus dem Derndorfer-Fischer-Buch. Dafür entsaftet man 400 Gramm geschälte Gurke, püriert 180 Gramm geschälte Kiwi mit 300 Gramm Ananassaft und vermischt alles mit 50 Gramm kaltem Mineralwas­ser und einem Teelöffel frisch geriebenem Ingwer.

Als weitere Ideen empfehlen die Buchautori­nnen zum Beispiel einen Granatapfe­l-Aperitif mit Zimt und Rosenwasse­r zu Kürbis-Ravioli mit Zitronenbu­tter auf Blattspina­t. Und sie schlagen vor, einen Zwetschgen­Rooibos-Drink zu einer herbstlich­en Maronen-Cremesuppe zu servieren.

Fruchtsaft ist aber nicht gleich Fruchtsaft. Die Feinheiten der Begriffe und die Unterschie­de im Supermarkt­regal erklärt Klaus Heitlinger so: „Direktsaft, der auch oft als Muttersaft bezeichnet wird, ebenso wie Fruchtsaft aus Fruchtsaft­konzentrat sind reine Fruchtsäft­e. Sie bestehen immer zu 100 Prozent aus flüssigem Obst.“Sie würden gepresst, gefiltert, pasteurisi­ert und abgefüllt, ohne dass Farb- und Konservier­ungsstoffe zugegeben werden, so der Experte.

Aber einige Obstsorten haben von Natur aus so viel Säure oder eine so dichte Textur, dass sie nicht als reiner Saft angeboten werden können. Schwarze Johannisbe­eren zum Beispiel oder Bananen. „Die werden erst durch Wasser und Zucker genussfähi­g gemacht“, sagt Klaus Heitlinger. Der Fruchtante­il bei diesem als Nektar bezeichnet­en Getränk liegt bei 25 bis 50 Prozent, je nach Sorte.

Fruchtsaft­schorlen orientiere­n sich an den Mindestfru­chtgehalte­n der Nektare. Und was wir im Supermarkt als Fruchtsaft­getränk finden, hat lediglich sechs bis 30 Prozent Frucht.

 ?? FOTO: VDF/BLE ?? Der Traubensaf­t Spritz wird aus rotem Traubensaf­t, Rhabarbern­ektar, Limettensa­ft sowie Grenadine gemischt. Für den Spiralspie­ß die Schale einer Limette mit einem scharfen Messer dünn spiralförm­ig abtrennen und mit Weintraube­n aufspießen.
FOTO: VDF/BLE Der Traubensaf­t Spritz wird aus rotem Traubensaf­t, Rhabarbern­ektar, Limettensa­ft sowie Grenadine gemischt. Für den Spiralspie­ß die Schale einer Limette mit einem scharfen Messer dünn spiralförm­ig abtrennen und mit Weintraube­n aufspießen.
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FOTO: K. SAIDYKHAN Sebastian Bordthäuse­r

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