Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weiterhin fleißig bleiben
Jede Menge Arbeit wartet auf Baustellen: Wie Handwerker in der Region die Corona-Krise erleben
RAUM RIEDLINGEN - Zuletzt waren die Auftragsbücher im Handwerk gut gefüllt, die Betriebe unter Volldampf, doch nun ist auf einmal alles anders. Die Handwerkskammer Ulm berichtet von sinkenden Umsätzen, Lieferketten und Aufträgen, die massenhaft wegbrechen. Doch wie sieht es bei den Handwerkern im Raum Riedlingen aus?
Auch bei Fliesen Buck aus Ertingen macht sich das Coronavirus bemerkbar – auf vielfältige Art. Zum einen bei der Warenlieferung, denn Italien und Spanien gehören zu den Exportländern von Fliesen. In Italien läuft die Arbeit gerade wieder langsam an. Musterfliesen kann Alexander Buck aber noch nicht ordern. Die Warenbestellung aus Spanien hänge wahrscheinlich noch an der Grenze fest, mutmaßt der Ertinger Geschäftsmann. Er hat schon früh darauf reagiert. Vor vier Wochen füllte er bereits sein Lager auf.
Auch in den betrieblichen Abläufen gibt es wegen der Pandamie Änderungen: mit Hygienemaßnahmen, Abstand zueinander halten und separaten Fahrten in unterschiedlichen Autos. Weil alle drei Auszubildenden weder Schule noch überbetriebliche Beschäftigung haben, müssen sie mehr in den Geschäftsprozess integriert werden. Noch habe das Ertinger Unternehmen Arbeit. „Seit einer Woche ist es etwas ruhiger“, sagt Buck. Das sei aber in Ordnung, schließlich hätten sie in den vergangenen vier Jahren alle viel Gas gegeben. „Dann ist die momentane Entschleunigung okay“, wie der junge Unternehmer sagt. Da könne man mal nur acht Stunden arbeiten oder früher Feierabend machen.
Die Krise werde das Fliesenhandwerk zeitversetzt treffen. „Das merken wir dann Ende oder Anfang nächstes Jahr“, sagt Buck. Wer leiste sich im Herbst neue Fliesen fürs Bad, wenn er den ganzen Sommer Kurzarbeit hat? Der Ertinger Handwerker sei gespannt, ob der Staat dann auch noch mit Unterstützung helfe.
Schon jetzt bekommt Richard Schickinger die Auswirkungen der Corona-Krise zu spüren. „Der Auftragseingang ist gerade sehr verhalten“, sagt der Maler und Raumausstatter. Die Kunden seien vorsichtig, da wolle man eben nicht auch noch den Handwerker ins Haus holen, äußert der Geschäftsführer der Schickinger GmbH. Anders sieht es bei der Gestaltung von Außenfassaden aus: Nachfrage gebe es weiterhin. So richtet die Firma Schickinger etwa die Außenmauern der Jugendmusikschule. Die Stadt Riedlingen nutze die unterrichtsfreie Zeit für Instandsetzungsarbeiten. „Wir versuchen nun, solche Aufträge zu forcieren und das ist auch der Wunsch der Stadt Riedlingen.“
Allerdings gebe es auch Baustellen, die derzeit etwas dünner besetzt seien. Schließlich sollten sich die Handwerker bei der Arbeit nicht in die Quere kommen, um den notwendigen Sicherheitsabstand einhalten zu können. In dieser Außnahmesituation müsse man einfach mehr Zeit einkalkulieren, sagt der Geschäftsführer: „Da hoffen wir auf das Verständnis unserer Kunden – und das haben sie auch.“Bei seinem Ladengeschäft beobachtet Schickinger zwei Extreme: Einerseits ist die Nachfrage in der Farbabteilung sehr gut; wer sich in Kurzarbeit befindet, nutzt die erzwungene Freizeit verstärkt für Renovierungsarbeiten zuhause. Andererseits musste Schickinger den Bereich mit Wohntextilien schließen, vier seiner insgesamt 20 Mitarbeiter sind deshalb nun ebenfalls in Kurzarbeit.
Weil damit ein Teil seines Ladengeschäfts wegfalle, möchte der Geschäftsführer auch auf jeden Fall die vom Bund angebotenen Soforthilfen beantragen. Für seinen Handwerksbetrieb hofft er, dass in absehbarer Zeit wieder Normalbetrieb herrschen wird, auch wenn er denkt, dass der eine oder andere Beschäftigte in Kurzarbeit anstehende Arbeiten verschiebt. Für Jahresende rechne er deshalb mit gewissen Umsatzeinbußen, so Schickinger. „Aber ich bin immer optimistisch – anders geht’s nicht. Und wir haben momentan auch keine Baukrise.“
Von einer Krise möchte auch der Installateur und Heizungsbauer Ralf Haase nicht sprechen. Soforthilfen und Kurzarbeit seien für den Familienbetrieb aus Altheim „kein Thema“, bestätigt Ilona Haase, die für ihren Mann das Büro führt und so einen guten Überblick über die Auftragslage hat: „Es ist noch immer so, dass wir gut beschäftigt sind.“Allerdings sei die Nachfrage in Privathaushalten zurückgegangen. „Viele Menschen wollen eben gerade einfach keinen Handwerker im Haus haben“, weiß Ilona Haase.
Ohnehin habe man zum Schutz der Mitarbeiter festgelegt, in erster Linie Notfälle unter den Privatkunden zu behandeln. Die Arbeit an den Außenbaustellen laufe aber wie gewohnt weiter. Als kleiner Betrieb mit zwei Mitarbeitern falle es hierbei nicht allzu schwer, den notwendigen Sicherheitsabstand einzuhalten. In Privathaushalten arbeiten Ralf Haase und seine Leute zudem mit Schutzmasken. Dass es derzeit insgesamt etwas ruhiger läuft, sieht Ilona Haase durchaus als Vorteil: Jetzt könne man einfach nacharbeiten, was in der turbulenten Zeit zuvor zu kurz kam.
Alles andere als ruhig geht es bei der Unlinger Gartenund Landschaftsbau-Firma App zu. „Wir können noch voll schaffen“, sagt Geschäftsführerin Uschi App. „Die Baustellen laufen nach wie vor echt gut und wetterbedingt müssen wir Gas geben, weil dieses Jahr alles zwei Wochen früher blüht.“Ohnehin arbeiten die Garten- und Landschaftsbauer derzeit die Aufträge ab, die schon im vergangenen Jahr eingegangen sind. Neben Privatgärten
Richard Schickinger, Geschäftsführer des gleichnamigen Maler- und Raumausstatter-Unternehmens gestaltet App auch die Außenanlagen von gewerblichen Bauträgern. Diese könnten nun nicht das Ende der Corona-Krise abwarten, um ihre Projekte fertigzustellen, weiß App.
Bei allem Arbeitseifer soll aber auch der Gesundheitsschutz der insgesamt 25 Mitarbeiter nicht zu kurz kommen. Auf den Baustellen werde nur noch mit Handschuhen gearbeitet, so App.
Waschmöglichkeiten und Seife stünden an allen Einsatzorten zur Verfügung. Außerdem fahren die Arbeiter die Baustellen teilweise mit eigenem Auto an, um zu verhindern, dass zu viele Personen in einem Fahrzeug unterwegs sind. „Wir haben auch sehr viele ältere Kunden, bei denen wir Gartenpflege machen“, erklärt App. Da sei es umso wichtiger, den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einzuhalten.
Trotz guter Auftragslage bleibt jedoch mit Blick auf die Zukunft eine gewisse Unsicherheit. „Bei uns kommt die Krise vielleicht erst, wenn wir kein Material mehr bekommen.“Der Naturstein werde etwa aus der Türkei, der Schweiz und auch Italien geliefert. Doch noch herrsche kein Mangel, da der Betrieb das Material bereits im vergangenen Jahr bestellt hat. „Ein bisschen Sorge“bereitet App auch der Gedanke, wie es nach den Handwerkerferien weitergeht. Ob die Kunden da vielleicht bei der Gartengestaltung zurücksteckten, weil sie wegen Kurzarbeit sparen müssten? „Aber vielleicht“, meint App, „heißt es dann ,home sweet home’ und die Leute machen sich den Garten schön, anstatt in den Urlaub zu fahren.“
„Ich bin immer optimistisch – anders geht’s nicht. Und wir haben momentan auch keine Baukrise.“