Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tausende wollen in der Krise helfen
Große Bereitschaft im Südwesten – Für manche Aufgaben werden Ehrenamtliche händeringend gesucht
STUTTGART (lsw) - Seit Beginn der Corona-Krise wollen Tausende im Südwesten helfen: Die einen nähen Schutzmasken, die anderen erledigen Einkäufe oder Botengänge für Menschen, die zur Risikogruppe zählen. In Bereichen wie der Nachbarschaftshilfe gibt es mehr Freiwillige, als gebraucht werden. In anderen werden Helfer dringend gesucht.
„Die Hilfsbereitschaft ist sehr groß“, sagt Paula Isbrecht, die für die Nachbarschaftshilfe Stuttgart den Einsatz der Freiwilligen koordiniert. Das Bewusstsein, dass es in der Nachbarschaft Menschen gibt, die auf Hilfe angewiesen sind, sei gerade sehr ausgeprägt. Die Nachbarschaftshilfe war Mitte März gestartet. Bereits nach etwa einer Woche wurden keine neuen Ehrenamtlichen mehr aufgenommen – es hatten sich bereits 500 gemeldet. „Wir wollten sicherstellen, dass wir den Überblick nicht verlieren“, sagt Isbrecht.
Rund 60 der 500 Freiwilligen habe man mittlerweile an Menschen vermittelt, die Unterstützung brauchen. Die Nachfrage steige stetig. Die meisten Helfer bieten an, Einkäufe oder Botengänge zu erledigen. „Genau das sind glücklicherweise auch die Tätigkeiten, die am meisten angefragt werden“, sagt Isbrecht.
Helferkreise wie die Nachbarschaftshilfe Stuttgart sind seit Beginn der Krise im ganzen Land entstanden. Sie ergänzen das Angebot bereits bestehender Vereine und Einrichtungen, die sozial arbeiten.
Kommunen haben angefangen, die Verteilung der Helfer zu koordinieren. Sie berichten von „beeindruckender“Hilfsbereitschaft. „Junge und alte, Einzelpersonen oder in der Gruppe, ohne und mit Migrationshintergrund. Alle wollen sie aktiv werden und Betroffene unterstützen“, sagt eine Sprecherin der Stadt Stuttgart. Sie seien im medizinischen Bereich tätig, würden beim Gassigehen helfen, bei Einkäufen und Botengängen sowie als seelsorgerliche Ansprechpartner. „Nach unserer Einschätzung sind die Bedarfe im Stadtgebiet weitgehend abgedeckt. Es stehen viel mehr Helfer bereit, als im Moment aktuell nachgefragt werden“, sagt die Sprecherin.
Das Sozialministerium bestätigt, dass gerade bei Einkaufs- und Nachbarschaftshilfe das Angebot oftmals die Nachfrage um ein Vielfaches übersteigt. Dabei werden anderswo Freiwillige gebraucht: Die Tafeln suchen weiter händeringend nach Ehrenamtlichen. Etwa 40 Prozent der 147 Tafeln im Südwesten sind derzeit geschlossen. Denn viele Tafeln werden von älteren Ehrenamtlichen geleitet, die zur Risikogruppe zählen.
Es hätten sich zwar bei allen Tafeln viele neue Helfer gemeldet, sagt Udo Engelhardt, Sprecher der Tafeln Baden-Württemberg. Nicht alle könnten sie aber auch einbinden. Es brauche viel Anleitung und Einarbeitung. „Für ein oder zwei Wochen rentiert sich das in vielen Fällen nicht“, sagt Engelhardt. Gebraucht werden in der nächsten Zeit daher vor allem Helfer, die längerfristig unterstützen können. Der Bedarf könnte laut Engelhardt noch größer werden, wenn Lehrer und Schüler, die in der freien Zeit helfen, wieder zurück in die Schule müssten.