Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
41 Patienten verlassen Klinik als genesen
So ist die Situation derzeit an der Biberacher Sana-Klinik
BIBERACH - Wie ist die Lage aktuell an der Biberacher Sana-Klinik? Werden dort auch Medikamente in der Corona-Therapie erprobt? Und was ist mit Patienten, die derzeit auf eine geplante Operation warten? Anja Wilhelm, Pressesprecherin der Sana Kliniken Landkreis Biberach GmbH, beantwortet die Fragen der SZ.
Wie viele Corona-Patienten werden aktuell behandelt, wie viele davon intensiv? Gibt es Patienten, die nach einer künstlichen Beatmung bereits wieder genesen sind?
Anja Wilhelm: Das Biberacher SanaKlinikum versorgt, Stand Mittwoch, 31 bestätigte Covid-19-Patienten, davon fünf intensivmedizinisch. Zwischenzeitlich konnten wir darüber hinaus 41 Patienten als genesen aus dem Klinikum entlassen. Auf dem Weg der Besserung befinden sich auch mehrere Patienten, die in den vergangenen Wochen im Klinikum intensivmedizinisch versorgt und beatmet werden mussten.
Eine Leserin möchte wissen, ob in der Sana-Klinik Medikamente wie Remdesivir oder Chloroquin bei der Corona-Behandlung zum Einsatz kommen?
Eine spezifische Behandlung, also eine gegen das neuartige Coronavirus selbst gerichtete Therapie, steht derzeit noch nicht zur Verfügung. Aktuell werden jedoch zahlreiche potenzielle antivirale Therapien im Kontext von Covid-19 diskutiert. Für keine dieser Therapien gibt es bisher einen eindeutigen Wirksamkeitsbeleg aus klinischen Prüfungen, sodass auch für keine der Optionen derzeit eine Arzneimittelzulassung für die Behandlung von Covid-19 vorliegt. Im Zentrum der Behandlung der Corona-Infektion stehen daher aktuell die optimalen unterstützenden Maßnahmen entsprechend der Schwere des Krankheitsbilds, wie beispielsweise die Gabe von Sauerstoff, der Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes oder gegebenenfalls die Gabe von Antibiotika zur Behandlung von bakteriellen Superinfektionen. Dazu kommt natürlich die Behandlung von sonstigen relevanten Grunderkrankungen.
Verschiedene spezifische Therapieansätze – darunter experimentelle Wirkstoffe und bereits zugelassene Medikamente – werden derzeit bundesund weltweit in Studien geprüft. Über diese Entwicklungen halten wir uns engmaschig informiert. Das Bundesministerium für Gesundheit hat Medizinern dabei den Einsatz von antiviralen Arzneimitteln zur Behandlung von Covid-19-Patienten mit schwerwiegendem Verlauf freigestellt. Damit sind Arzneimittel gemeint, die zwar grundsätzlich in Deutschland zugelassen und damit arzneimittelrechtlich verkehrsfähig sind, aber nicht in der zugelassenen Indikation, Population und/oder Dosierung verwendet werden. Eines dieser Arzneimittel ist das angesprochene Chloroquin, ein Malaria-Medikament, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es unter bestimmten medizinischen Voraussetzungen bei Covid-19-Patienten mit schwerwiegendem Verlauf angewendet werden kann.
Man hört inzwischen auch von einigermaßen entspannten Lagen in den Kliniken. Können Sie das für die Sana-Klinik bestätigen?
Die Anzahl der zu versorgenden Covid-19-Patienten ist im Biberacher Sana-Klinikum seit rund zwei Wochen relativ konstant, die Beatmungsbetten sind durchschnittlich mit fünf bis acht Patienten – mit einer einmaligen Spitze von zehn Patienten Ende März – belegt. Bislang mussten wir die Kapazität von 21 Beatmungsplätzen sowie von bis zu 100 Isolierzimmern somit bei Weitem nicht ausschöpfen. Insgesamt stabilisiert sich die Lage also – auch aufgrund der derzeit ausbleibenden Welle an weiteren Neuinfektionen, der umfangreichen zusätzlichen Kapazitäten, die im Biberacher SanaKlinikum sehr frühzeitig geschaffen wurden, sowie der über die vergangenen Wochen gewonnenen Routine – zunehmend. Dennoch ist es derzeit noch zu früh, von einer Trendwende zu sprechen. Die Entwicklungen bleiben weiterhin dynamisch und das Infektionsgeschehen im Landkreis muss genau beobachtet werden – beispielsweise auch im Hinblick auf die aktuell beschlossenen Lockerungen.
Haben Sie noch ausreichend Schutzausrüstung? Was fehlt im Moment am dringendsten?
Nach wie vor ist die laufende Organisation von Nachschub, insbesondere von Schutzkitteln, eine große Herausforderung und weiterhin mit viel Aufwand und bisweilen Geduld verbunden. Unser Einkauf ist hier jedoch unermüdlich im Einsatz, sodass die erforderliche Schutzausrüstung auch aktuell noch in ausreichender Menge im Klinikum vorhanden ist. Eine weitere Großlieferung an Mund-NasenSchutzmasken erhalten wir beispielsweise planmäßig nächste Woche.
Beginnen Sie an der Klinik bereits wieder mit geplanten Operationen oder ab wann werden Sie damit wieder beginnen?
Geplante Operationen, beispielsweise im Bereich der Orthopädie, werden in den kommenden Wochen in gebündelter Form wieder am Standort Laupheim durchgeführt. In der Laupheimer Klinik findet dabei weiterhin keine Versorgung von Corona-Patienten statt. Diese wird auch künftig schwerpunktmäßig in Biberach erfolgen. Durch eine Vielzahl an Maßnahmen tun wir dabei alles dafür, um die Sicherheit unserer Patienten in beiden Kliniken vollumfänglich zu gewährleisten. Im Biberacher Klinikum ist die Durchführung von rein elektiven Operationen derzeit zwar noch nicht vorgesehen, es wird in den nächsten Wochen jedoch erforderlich sein, den Balanceakt zwischen Krisenmodus und klinischem Normalbetrieb zu meistern und dahingehend einen guten Mittelweg zu finden. So wird es vorbehaltlich einer weiteren Stabilisierung der Gesamtlage möglich sein, OP-Kapazitäten beispielsweise zur weiteren bedarfsgerechten Versorgung von Traumapatienten schrittweise und „auf Sicht“aufzustocken.
Der Maßstab, an dem wir uns dabei konsequent orientieren, ist der akutmedizinische Bedarf sowie das Infektionsgeschehen im Landkreis Biberach. Hierfür muss die Lage weiterhin kritisch beobachtet, im Krisenstab täglich neu bewertet und gegebenenfalls ad hoc erforderliche Anpassungen vorgenommen werden. Auf diese Weise sind wir davon überzeugt, eine bedarfsgerechte und sichere Versorgung aller Patienten im Landkreis vorhalten und die dynamischen Herausforderungen im Zuge der Corona-Pandemie weiterhin gut bewältigen zu können.
Dies ist uns insofern nochmals wichtig mitzuteilen, da sich Patienten mit akuten Beschwerden derzeit offenbar bundesweit davor scheuen, ins Krankenhaus zu gehen – aus Sorge, sich mit Corona anzustecken oder weil sie glauben, dass keine Kapazitäten für sie vorhanden sind. Dem ist ganz klar nicht so und unsere Mediziner betrachten diese Entwicklung mit Sorge. Denn zu viel Zurückhaltung und zu langes Aussitzen von Beschwerden kann ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. Behandlungen, die notwendig sind, werden daher natürlich auch derzeit vollumfänglich – unter strenger Einhaltung aller erforderlichen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen – sowie in gewohnter Versorgungsqualität durchgeführt. Unter anderem durch die strikte Trennung von Infizierten und nicht Infizierten sowie das durchgehende Tragen eines Mund-NasenSchutzes in allen Bereichen ist dabei jeder Patient bestmöglich geschützt und kann auch weiterhin mit einem guten Gefühl in unsere Kliniken kommen. Daher nochmals unsere klare Botschaft: Unsere Notaufnahmen und Fachbereiche sind auch derzeit rund um die Uhr für die Bevölkerung da und für die Versorgung jeglicher Notfälle und akuten Beschwerden weiterhin die erste Anlaufstelle.