Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kritik an Bauern greift zu kurz
So stimmig die Diagnose von Umweltministerin Svenja Schulze ist, so falsch sind ihre Schuldzuweisungen. Ja, es stimmt, dass die Artenvielfalt auf dem Land vielerorts gefährdet und eine auf Ertrag getrimmte, intensive Landwirtschaft ein Verursacher ist. Dass Großstadtimker am heutigen Weltbienentag Rekorderträge vermelden können, während die Bienenvölker vieler ländlicher Kollegen hungern, kann nicht richtig sein.
Doch auch wenn es Applaus ihrer Wählerschaft verspricht, macht es sich Schulze zu einfach. Wer die Schuld einzig bei den Bauern ablädt, ignoriert vieles. Zum Beispiel, dass Landwirtschaft in Deutschland sehr unterschiedlich ist. Und dass sich zuletzt viel getan hat. Zurück zu den Bienen: In Deutschland gibt es inzwischen 150 000 Hektar Blühstreifen, viele werden von Landwirten bereitgestellt. Insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg hat man sich zudem auf mehr Bienenschutz geeinigt.
Zudem werden die Auflagen für die Landwirte laufend höher: Sie müssen schärfere Düngeregeln umsetzen, ihre Produktion dem Klimawandel anpassen und sich der Kritik stellen. Viele haben aufgegeben, andere stellen aus Frust grüne Kreuze auf. Dabei könnten Bauern perfekte Partner für den Landschafts- und Naturschutz sein. Landwirte haben unser Land geprägt, sie können es auch pflegen. Dazu müsste es sich aber auch finanziell lohnen.
Und hier wäre die Politik zuständig, die ebenfalls ihren Teil zur Artenarmut beigetragen hat: Sie ist für die Fehlleitung der EU-Agrarmilliarden zuständig, hat mit der Biogasförderung großflächige Maiswüsten erschaffen und die FFH-Vorgaben der EU jahrelang ignoriert.
Es gibt viele weitere Gründe für das Verschwinden von Insekten und Vögeln hierzulande: der ungebremste Flächenfraß, die Lichtemissionen nächtlich erstrahlender Gebäude, die Raubzüge von Katzen.
Landwirtschaft ist eine wichtige Ursache für Artenschwund. Aber es ist nicht die einzige. Will Svenja Schulze den Dialog, sollte sie das einräumen.