Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Filmfestspiele zwischen Hoffen und Bangen
Wie die 42. Auflage des Biberacher Festivals aussehen wird, ist unklar – Zwei Szenarien sind denkbar
BIBERACH - Das Schützenfest ist bereits abgesagt – wie aber steht es in Zeiten von Corona um eine weitere Großveranstaltung, die 42. Biberacher Filmfestspiele? Diese sollen eigentlich vom 27. Oktober bis 1. November stattfinden. Nun haben sich die Veranstalter zu ihren Plänen geäußert.
„Eigentlich hatte ich gedacht, dass mit Corona auch das Einreichen von Filmen für unser Festival zum Erliegen kommt“, sagt Intendantin Helga Reichert. Das Gegenteil ist der Fall. „Viele Arthaus-Filme bekommen, bedingt durch Corona, keinen Kinostart mehr, aber alle wollen natürlich ihre Filme zeigen und setzen ihre Hoffnung auf die Festivals“, sagt Reichert. Da einige Festivals im Frühjahr und Sommer aber wegen Corona bereits abgesagt worden sind, richtet sich der Fokus der Filmemacher und Schauspieler auf Festivals wie Biberach. „Eigentlich eine unglaubliche Chance für uns“, so die Intendantin – wäre da nicht das Damoklesschwert Corona, dass auch über den hiesigen Filmfestspielen hängt.
Helga Reichert sichtet zwar momentan weiter Filme, übt sich in Optimismus und dem Gedanken, dass es bis Ende Oktober ja noch lange hin ist. „Aber alles hängt natürlich davon ab, wie sich die Situation für die Kinos weiterentwickelt. Die geben uns den Rahmen vor.“Das Festivalkino „Traumpalast“in Biberach ist – wie alle anderen Kinos im Land – derzeit geschlossen. Das Land hat zwar in Aussicht gestellt, dass Kinovorführungen nach Pfingsten in kleinerem Rahmen wieder möglich sein sollen.
Konkretes ist derzeit aber noch nicht bekannt. Und ob Filmfestspiele mit rund 13 000 Besuchern ab Ende Oktober möglich sind, ist nicht absehbar. „Natürlich sehnen sich alle danach, aber die Gesundheit und Sicherheit von Zuschauern und Filmschaffenden gehen vor“, sagt Helga Reichert.
Der Vorstand des Vereins Biberacher Filmfestspiele hat deshalb am 5. Mai „durchaus lebhaft, emotional, aber auch sehr konstruktiv“darüber diskutiert, wie die Filmfestspiele 2020 aussehen könnten, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins. Zwar habe auch eine Komplettabsage bereits im Raum gestanden, wie Vereinsvorsitzender Tobias Meinhold auf Nachfrage bestätigt. Herausgekommen sind nun aber zunächst zwei mögliche Varianten, wie das Festival doch stattfinden kann – immer mit Rücksicht auf die gesamte Festivallogistik (Kino, Stadthalle, Hotel, Fahrdienst, Hostessen, Sponsoren).
Die erste Variante sieht ein – möglicherweise abgespecktes Festival auf Grundlage der dann geltenden Corona-Verordnungen vor, das aber sowohl den Erwartungen des Publikums und den Filmschaffenden so gut wie möglich gerecht wird. „Es geht darum, das gewisse FilmfestFlair zu erhalten“, sagt Filmfest-Pressesprecherin Daniela Göbel.
Sollten derart „Corona-angepasste“Filmfestspiele nicht möglich sein, wird als zweite Möglichkeit erwogen, eine eingeschränkte digitale Variante anzubieten. Dies würde wohl bedeuten, dass einige der Filme übers Internet zu sehen sind. „Das geht aber bei einigen Filmen aus rechtlichen Gründen nicht“, so die Intendantin. So könnten keine Fernsehproduktionen im Rahmen der Filmfestspiele gestreamt werden. Man beobachte auch, wie andere Festivals mit der Situation umgehen. Noch dränge die Zeit nicht, sagt Tobias Meinhold. „Bis zum 15. September werden wir entscheiden, in welcher Form die Biberacher Filmfestspiele 2020 stattfinden können.“
Entschieden ist bereits, dass es im Vorstand des Filmfestvereins einen Wechsel geben wird. Schatzmeister Christian Kaufmann gibt sein Amt an Steffen Mayer ab, der das Amt bis zu einer Wahl bei der Mitgliederversammlung im September zunächst kommissarisch führt. Kaufmann, der das Amt rund 14 Jahre bekleidete, begründet seinen Rückzug mit der Tätigkeit in seiner Steuerberaterkanzlei, die ihn immer stärker in Anspruch nehme sowie seinem Engagement für die Schützendirektion, auf das er künftig seinen ehrenamtlichen Schwerpunkt legen will. Sein Nachfolger Steffen Mayer ist Regionaldirektor bei der hiesigen Kreissparkasse und eifriger Filmfestbesucher. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe zusammen mit einem tollen Team, das mich sicher gut unterstützen wird“, sagt er.
Abgesagt hat der Filmfestverein sein Sommerkino. Der BrunoFrey-Kulturpreis in der Sparte Film, der dabei vergeben werden sollte, soll nun am 25. Oktober im Traumpalast verliehen werden.