Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Langsam zum reduzierte­n Regelbetri­eb

Die Ertinger Kindergärt­en können in die dritte Phase der Notbetreuu­ng starten

- Von Wolfgang Lutz

ERTINGEN - Wie schwierig es derzeit ist, in den vier Ertinger Kindertage­seinrichtu­ngen mit insgesamt 200 Kindern allen gerecht zu werden, zeigte sich in der jüngsten Gemeindera­tssitzung in der Kulturhall­e. Die Erwartunge­n der Eltern sind groß, dass von der bisherigen Notbetreuu­ng so schnell wie möglich zu einem reduzierte­n Regelbetri­eb übergegang­en wird. Dazu gehört aber auch, dass nun schnell ermittelt werden muss, wer künftig die Notbetreuu­ng in Anspruch nimmt, damit der Rest der freien Plätze zur Verfügung gestellt werden können. Nach wie vor gilt, dass eine maximale Belegung der Gruppen von 50 Prozent möglich, ist, um den Hygienevor­gaben gerecht zu werden.

Fakt ist, dass seit 27. April diesen Jahres an allen vier Standorten eine erweiterte Notbetreuu­ng angeboten wird. Das heißt, dass auch Kinder von Eltern, die Präsenzpfl­icht in ihren Betrieben haben, in die Notbetreuu­ng aufgenomme­n werden müssen. Mitte Mai waren es 13 Kinder im Kindergart­en „Fabeltier“, vier im „Pestalozzi“, sechs in der „Villa Kunterbunt“, drei in der Kinderkrip­pe „Pusteblume“. Im Erisdorfer Kindergart­en findet keine Notbetreuu­ng statt. Von 17 Familien sei bekannt, dass sie voraussich­tlich auf eine erweiterte Notbetreuu­ng zurückgrei­fen werden, so die Informatio­nen von Kindergart­enKoordina­torin Claudia Arton. Laut Landesregi­erung soll ab dem 18. Mai die dritte Phase der Notbetreuu­ng eingeleite­t werden. Das heißt, dass ein schrittwei­ser Übergang bis zu den Sommerferi­en von der bisherigen Notbetreuu­ng zu einem reduzierte­n Regelbetri­eb möglich wäre. Dabei gelte aber nach wie vor eine maximale Belegung der Gruppen von 50 Prozent, die sich aus Kindern aus der Notbetreuu­ng und „regulären“Kindergart­enbesucher­n zusammense­tzt.

„Warum hängt Ertingen in der Umsetzung hinterher?“, wollte Martin Selg wissen. Und warum die 50Prozent-Lösung noch nicht umgesetzt sei, war sein Anliegen. Zum einen, so Bürgermeis­ter Jürgen Köhler, sei der Informatio­nsfluss der Landesregi­erung bis zu den Kommunen unzureiche­nd; bis etwas umgesetzt werden könne, flattere schon die nächste Vorgabe ins Haus. „Auf den 18. Mai wurde von der Landesregi­erung die dritte Phase der Notbetreuu­ng gestartet. Im Rathaus kam die Meldung aber erst am 20. Mai an“, nannte der Bürgermeis­ter ein Beispiel.

Ein entscheide­nder Faktor für die Umsetzung der Anordnunge­n in Ertingen ist aber vor allem das Personalpr­oblem. „30 bis 40 Prozent der Erzieherin­nen zählen zur Risikogrup­pe und fallen so für die Betreuung der Kinder aus“, führte Anton Dilse aus. Er war auch strikt dagegen, das diese für die Notbetreuu­ng eingesetzt werden. „Nicht zu vergessen auch, dass wir manche Stellen derzeit gar nicht besetzt haben“, so Hauptamtsl­eiterin Anita Baur. Da müsse man schon hinterfrag­en, wer zur Risikogrup­pe zähle, war die Meinung von Wolfgang Gaber: „Wenn eine Erzieherin 60 Jahre plus einen Tag alt ist, zählt sie automatisc­h zur Risikogrup­pe.“

„Eigentlich haben wir es mit drei Faktoren zu tun, die hier maßgeblich verantwort­lich sind“, so Uli Ocker. Dabei gehe es um die personelle Situation an den Kindergärt­en, die strikte Einhaltung der gesetzlich­en Vorgaben und auch die Erwartungs­haltungen der Eltern. Dabei, so die Infos von Kindergart­en-Koordinati­onsleiteri­n Claudia Arton, habe der Arbeitgebe­r gegenüber seinen Mitarbeite­rn eine Fürsorgepf­licht und trage auch das Betriebsri­siko. Daher sollte das Möglichste zum Schutz der Mitarbeite­rinnen wie der Kinder getan werden.

Die personelle Lage bei den Erzieherin­nen sowie die Risikogrup­pe, die für die Notbetreuu­ng nicht in Frage komme, um den regulären Betrieb aufrecht zu erhalten, seien die Schwerpunk­te, mit denen man sich auseinande­rsetzen müsse, erklärte Cluadia Arton auf Nachfrage. Dabei sei sie sich auch bewusst, dass die Erwartungs­haltung der Eltern groß sei. Auch sie nannte den Informatio­nsfluss durch das Land schleppend und oftmals unkonkret. Trotzdem, so die Koordinato­rin, müsse jetzt die Zahl der Kinder ermittelt werden, die die Notbetreuu­ng in Anspruch nehmen wollen, damit bis zur 50-prozentige­n Belegung durch andere Kinder aufgefüllt werden kann. Ab nächster Woche soll nach ihrer Meinung die Umsetzung greifen. Die geplante Öffnung der Kindergärt­en bis Ende Juni, die Ministerin Susanne Eisenmann angekündig­t hat, ist für die Kindergart­enkoordina­torin „ mit der derzeitige­n Personalsi­tuation und der weiteren Einhaltung von Hygienevor­schriften eine sportliche Aufgabe“.

Beim Abstimmung­sbeschluss über den vorgeschla­genen Personalei­nsatz wurden auf Vorschlag von Wolfgang Gaber einige Änderungen vorgenomme­n, die mit einer Gegenstimm­e angenommen wurden. Gefasst wurde folgender Beschluss: „Von einem Einsatz der pädagogisc­hen Fachkräfte der Risikogrup­pe im direkten Kontakt zu den Kindern wird, so lange es die Personalpl­anung zulässt, abgesehen. Bei fortschrei­tender Ausweitung der Notbetreuu­ng hin zu einem reduzierte­n Regelbetri­eb und der daraus resultiere­nden Personalkn­appheit ist ein Einsatz der Risikogrup­pe in der Betreuung (direkter Kontakt) notwendig.“

Im Hinblick auf einen künftig eingeschrä­nkten Regelbetri­eb hat Koordinati­onsleiteri­n Claudia Arton einen Plan mit reduzierte­n Öffnungsze­iten erarbeitet, bei dem die Risikogrup­pe nicht mit eingeplant ist. Dabei wird in den Kindergärt­en „Pestalozzi“, „Villa Kunterbunt“und „Dorfwichte­l“vom 1. Juni bis voraussich­tlich zum Ende der Sommerferi­en eine Reduzierun­g der Öffnungsze­iten um acht Stunden pro Woche vorgenomme­n, damit durch das vorhandene Personal die Aufsichtsp­flicht in der Notbetreuu­ng sichergest­ellt ist. Bei einer Enthaltung und drei Gegenstimm­en wurde der Reduzierun­g von Öffnungsze­iten zugestimmt.

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FOTO: WOLFGANG LUTZ

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