Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Langsam zum reduzierten Regelbetrieb
Die Ertinger Kindergärten können in die dritte Phase der Notbetreuung starten
ERTINGEN - Wie schwierig es derzeit ist, in den vier Ertinger Kindertageseinrichtungen mit insgesamt 200 Kindern allen gerecht zu werden, zeigte sich in der jüngsten Gemeinderatssitzung in der Kulturhalle. Die Erwartungen der Eltern sind groß, dass von der bisherigen Notbetreuung so schnell wie möglich zu einem reduzierten Regelbetrieb übergegangen wird. Dazu gehört aber auch, dass nun schnell ermittelt werden muss, wer künftig die Notbetreuung in Anspruch nimmt, damit der Rest der freien Plätze zur Verfügung gestellt werden können. Nach wie vor gilt, dass eine maximale Belegung der Gruppen von 50 Prozent möglich, ist, um den Hygienevorgaben gerecht zu werden.
Fakt ist, dass seit 27. April diesen Jahres an allen vier Standorten eine erweiterte Notbetreuung angeboten wird. Das heißt, dass auch Kinder von Eltern, die Präsenzpflicht in ihren Betrieben haben, in die Notbetreuung aufgenommen werden müssen. Mitte Mai waren es 13 Kinder im Kindergarten „Fabeltier“, vier im „Pestalozzi“, sechs in der „Villa Kunterbunt“, drei in der Kinderkrippe „Pusteblume“. Im Erisdorfer Kindergarten findet keine Notbetreuung statt. Von 17 Familien sei bekannt, dass sie voraussichtlich auf eine erweiterte Notbetreuung zurückgreifen werden, so die Informationen von KindergartenKoordinatorin Claudia Arton. Laut Landesregierung soll ab dem 18. Mai die dritte Phase der Notbetreuung eingeleitet werden. Das heißt, dass ein schrittweiser Übergang bis zu den Sommerferien von der bisherigen Notbetreuung zu einem reduzierten Regelbetrieb möglich wäre. Dabei gelte aber nach wie vor eine maximale Belegung der Gruppen von 50 Prozent, die sich aus Kindern aus der Notbetreuung und „regulären“Kindergartenbesuchern zusammensetzt.
„Warum hängt Ertingen in der Umsetzung hinterher?“, wollte Martin Selg wissen. Und warum die 50Prozent-Lösung noch nicht umgesetzt sei, war sein Anliegen. Zum einen, so Bürgermeister Jürgen Köhler, sei der Informationsfluss der Landesregierung bis zu den Kommunen unzureichend; bis etwas umgesetzt werden könne, flattere schon die nächste Vorgabe ins Haus. „Auf den 18. Mai wurde von der Landesregierung die dritte Phase der Notbetreuung gestartet. Im Rathaus kam die Meldung aber erst am 20. Mai an“, nannte der Bürgermeister ein Beispiel.
Ein entscheidender Faktor für die Umsetzung der Anordnungen in Ertingen ist aber vor allem das Personalproblem. „30 bis 40 Prozent der Erzieherinnen zählen zur Risikogruppe und fallen so für die Betreuung der Kinder aus“, führte Anton Dilse aus. Er war auch strikt dagegen, das diese für die Notbetreuung eingesetzt werden. „Nicht zu vergessen auch, dass wir manche Stellen derzeit gar nicht besetzt haben“, so Hauptamtsleiterin Anita Baur. Da müsse man schon hinterfragen, wer zur Risikogruppe zähle, war die Meinung von Wolfgang Gaber: „Wenn eine Erzieherin 60 Jahre plus einen Tag alt ist, zählt sie automatisch zur Risikogruppe.“
„Eigentlich haben wir es mit drei Faktoren zu tun, die hier maßgeblich verantwortlich sind“, so Uli Ocker. Dabei gehe es um die personelle Situation an den Kindergärten, die strikte Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und auch die Erwartungshaltungen der Eltern. Dabei, so die Infos von Kindergarten-Koordinationsleiterin Claudia Arton, habe der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern eine Fürsorgepflicht und trage auch das Betriebsrisiko. Daher sollte das Möglichste zum Schutz der Mitarbeiterinnen wie der Kinder getan werden.
Die personelle Lage bei den Erzieherinnen sowie die Risikogruppe, die für die Notbetreuung nicht in Frage komme, um den regulären Betrieb aufrecht zu erhalten, seien die Schwerpunkte, mit denen man sich auseinandersetzen müsse, erklärte Cluadia Arton auf Nachfrage. Dabei sei sie sich auch bewusst, dass die Erwartungshaltung der Eltern groß sei. Auch sie nannte den Informationsfluss durch das Land schleppend und oftmals unkonkret. Trotzdem, so die Koordinatorin, müsse jetzt die Zahl der Kinder ermittelt werden, die die Notbetreuung in Anspruch nehmen wollen, damit bis zur 50-prozentigen Belegung durch andere Kinder aufgefüllt werden kann. Ab nächster Woche soll nach ihrer Meinung die Umsetzung greifen. Die geplante Öffnung der Kindergärten bis Ende Juni, die Ministerin Susanne Eisenmann angekündigt hat, ist für die Kindergartenkoordinatorin „ mit der derzeitigen Personalsituation und der weiteren Einhaltung von Hygienevorschriften eine sportliche Aufgabe“.
Beim Abstimmungsbeschluss über den vorgeschlagenen Personaleinsatz wurden auf Vorschlag von Wolfgang Gaber einige Änderungen vorgenommen, die mit einer Gegenstimme angenommen wurden. Gefasst wurde folgender Beschluss: „Von einem Einsatz der pädagogischen Fachkräfte der Risikogruppe im direkten Kontakt zu den Kindern wird, so lange es die Personalplanung zulässt, abgesehen. Bei fortschreitender Ausweitung der Notbetreuung hin zu einem reduzierten Regelbetrieb und der daraus resultierenden Personalknappheit ist ein Einsatz der Risikogruppe in der Betreuung (direkter Kontakt) notwendig.“
Im Hinblick auf einen künftig eingeschränkten Regelbetrieb hat Koordinationsleiterin Claudia Arton einen Plan mit reduzierten Öffnungszeiten erarbeitet, bei dem die Risikogruppe nicht mit eingeplant ist. Dabei wird in den Kindergärten „Pestalozzi“, „Villa Kunterbunt“und „Dorfwichtel“vom 1. Juni bis voraussichtlich zum Ende der Sommerferien eine Reduzierung der Öffnungszeiten um acht Stunden pro Woche vorgenommen, damit durch das vorhandene Personal die Aufsichtspflicht in der Notbetreuung sichergestellt ist. Bei einer Enthaltung und drei Gegenstimmen wurde der Reduzierung von Öffnungszeiten zugestimmt.